1.-18. Juli 2008 Peru V/ LaBalsa- Jaén- Tambo- Chiclayo- Huanchaco- Lima- Nasca- Abancay- Cusco- Paucartambo- Juliaca- Desaquadero

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Unsere erneute Einreise nach Peru ist einfach an Formalitaeten. Das uebliche Kontrollformular muss ausgefuellt und bei der Policia Nacional ein Stempel darauf beschafft werden, worauf die Immigracion unsere Paesse abstempelt. Dafuer hat der Beamte vom Zoll nicht mit Arbeit gerechnet, ist um 11.30h bereits zum Mittagessen entschwunden und laesst sich vom telefonischen Rueckruf seines Kollegen nicht beeindrucken. Also warten wir vor der Barriere im Camper, waehrend die Sonne auf das Auto (und also auch auf unsere Frischwaren vorsichtshalber im Bett verstaut) brennt. An die knappen 30o C, die wir messen, sind wir nicht mehr gewoehnt. Da wir nicht beim Herunterklappen des Bettes und dessen ungewoehnlichen Inhalt erwischt werden wollen gibt es nur einen leichten Lunch, d.h. CornFlakes mit Joghurt und viel Fluessiges.
Um 13.ooh koennen wir nunmehr mit dem noetigen Zolldokument versehen unsern Weg fortsetzen. Die Strecke ueber Namballa und La Mora ist schmal und mit vielen engen und erst noch matschigen Stellen versehen. Stand noch in Ecuador in allen Doerfern ein Grader oder Bagger fuer die immer wieder anfallenden Noteinsaetze bereit und offensichtlich war auch staendig die Strasse bearbeitet worden, erachtet man dies auf der peruanischen Seite als nicht fuer notwendig. Die Leute leben hier vor allem vom Kaffeepfluecken. Immer wieder muessen wir zwischen den Blachen zu beiden Seiten des Weges herumkurven, um nicht die darauf zum Trocken ausgebreiteten Kaffeebohnen zu ueberrollen. Bis nach San Ignacio brauchen wir geschlagene 2 ½ Stunden.
Wir freuen uns auf die laut Strassenkarte anschliessende "Fernstrasse mit befestigter Oberflaeche". Zu besseren Zeiten scheint sie einst wirklich geteert gewesen zu sein, jetzt sind nur noch wenige Fragmente von Asphalt vorhanden. Ueber ihre ganze stolze Pistenbreite von ueber 10m breitet sich eine einzige Sammlung von Loechern aus. Unter nerventoetender, quietschender Geraeuschkulisse wegen erneuter Bruchstelle am Quertraeger unter dem Armaturenbrett, bewegen wir uns mit ganz bescheidenen 15-20km/h ueber uebelste Strasse und fuerchten dennoch, dass uns hier und heute diese Fahrt den Camper in seine Einzelteile zu zerlegen vermoege. Wir koennen kaum einen Blick verschwenden auf die reissenden Wasser des Rio Chinchipe parallel zu unserer Heimsuchung. Das Tal ist fruchtbar. Reisanbau hat den Mais ersetzt. Felder mit Bananenstauden, Papayabaeumen liegen links und rechts von uns. Gegen Abend befinden sich un und neben uns auch Gruppen von Zebu-Viechern gemaehlich auf dem Weg in ihre naechtlichen Gehege.
Als wir uns schon mit den misslichen Verhaeltnissen abgefunden haben, begruesst uns in Perico, 55 km vor Jaén, unerwartet tadellose Teerstrasse. Erst misstrauen wir diesem Glueck, aber bald geniessen wir die flotte Fahrt und koennen unsere Augen mit gutem Gewissen auf die Suche nach einem Uebernachtungsplatz ausschweifen lassen. Dieser ist wegen der nicht enden wollenden Zaeune und Felder ein weiteres kleines Problem. Aber schliesslich finden wir eine Moeglichkeit, auf einem Feldweg Richtung Fluss zwischen Reisfelder uns zu verkruemmeln. Wider Erwarten hat es angenehm abgekuehlt. Wir werden hinter unsern Moskitosnetzen gut und verschont von den Heerscharen von Muecken, Faltern und andern herumschwirrenden Elementen

Rund um uns herum sind die Bauern und ihre Frauen bereits an der Feldarbeit, also wir am naechsten Morgen bei leichtem Regen starten. Dank schoenster Teerstrasse koennen wir auch mal die Augen ueber die kitschig gruenen Reisfelder schweifen lassen und koennen wir die Felder in ihren verschiedenen Stadien ueberblicken, die je nach Groesse und finanziellen Verhaeltnissen mit Traktoren oder aber auch mit Ochsen-Gespannen bearbeitet werden. Wir haben kurz vor Chironos uebernachtet und brauchen auf der tiptoppen Strasse 5N suedwaerts nicht mehr lange bis nach Jaén, dass von Reis- und Kaffee-Haendlern nur so strotzt.
Bei einem Kleinbetrieb mit flotter Betreuung durch den Chef lassen wir mal wieder die Bruchstellen unter dem Armaturenbreitt beim Lenkrad schweissen, um das scheussliche Geraeusch auf Naturstrasse loszuwerden und sicherzustellen, dass der Quertraeger nicht noch weiter reisst und uns Kabel einklemmt. Ueber eine ½ Stunde Arbeit vom Chef persoenlich ist dann etwas teurer und kostet 8.- Soles! Darin enthalten waere auch noch die Benutzung seines Wireless Internet-Anschluss, welche aber wegen der staendig schwankenden Verbindung nicht zustande kommt. Dafuer besteht er darauf, dass sein Stift uns das Internet-Café mit der besten Ausruesting in der Naehe zeigt, seine Mutter uns zum besten Locutorio fuehrt fuer den noetigen Anruf in die Schweiz und wir waehrend dieser Zeit sicherheitshalber den Camper unter seinem Dach geschuetzt vor eventuellen Dieben stehen lassen.

Es ist bald 14.ooh bis wir zum Mittagessen bereits ausserhalb der 80'000-Seelen-Stadt kommen. Bei Sonnenschein haben wir stolze 31o C und essen lieber im Camper drin im Schatten. Bei Chamaya muenden wir in die Ruta 4N ein. Sie fuehrt parallel zum Rio Chamaya. Mit eigenen Augen koennen wir sehen, was uns vorher in der Werkstatt erzaehlt worden war. Laengere Zeit war in diesem Winter diese wichtige Verbindung unterbrochen, da man so ausserordentlich schwere Regenfaelle hatte, dass der angeschwollene Fluss an exponierten Stellen die Uferboeschung und mehr als die Haelfte der Fahrbahn weggerissen hatte. Nun stehen wir zwischen Pucará und Tambo auf einem alten Strassenstueck am bescheiden sich auffuehrenden gleichen Fluss und ueberblicken diesmal die Reisfelder in einiger Ferne auf dem gegenueberliegenden Ufer.
Wir sind noch beim Fruehstueck, als auch hier die ersten Reisbauern schon wieder zur Feldarbeit aufmarschieren. Mit einer Lastenbahn, ueber die auch der in 100kg-Saecke abgepackte geernte Reis abtransportiert wird, seilen sie sich ueber den Rio Chamaya hinueber auf die Aecker. Dank dem hier gegenueber weniger vorteilhaften Lagen das ganze Jahr ueber genuegend vorhandene Flusswasser sind zwei Ernten pro Jahr moeglich.
Das Flusstal wird stetig trockener und oeder, der Grund sicher fuer die sich weiter oben am Flusslauf sich im Bau befindlichen Staumauer, mit welcher die nach Regen anfallenden kostbare Nass in einem kuenftigen Stausee gesammelt und uebers Jahr hinweg besser verteilt werden koennen. Nach Tambo folgt der Abra de Purculla mit seinen 2'145m Hoehe nur ein besserer Katzensprung fuer uns. Aber auf gut 1'100m Meereshoehe tauchen wir in das von der Kueste her stammende neblige Grau ein. In der Gegend von Motupe erhalten wir nochmals einen nachhaltigen Eindruck, wie auch hier jeweils in der Regensaison die Wassermassen toben, mit Unmengen an mitgefuehrtem Gestein und Kies Verwuestungen mit sich bringen und nicht nur eine massive Bruecke sondern auch ein ueber 150m langes befestigtes Strassenstueck einfach wegschwemmen.

Die groesseren Staedte Lambayeque (man verschone uns diesmal von uebersuessen lokalen King Kong-Kuchen) und Chiclayo umfahren wir. Pacasmayo am Meer gelegen bietet sich als Mittagshalt an, umso mehr als inzwischen sonniges Wetter herrscht. Erst ist es aber eine alte Fabrik, dann die Einleitung von Stadt-Abwasser, die uns mit ihrem fuerchterlichen Gestank vom Wasser direkt vertreiben. Deshalb parken wir schliesslich ueber dem Strand neben dem hellbaluen und voellig vergitterten Haus vom kurligen Jubilado Carlos, der sich farbenfroh wie ein bunter Vogel gekleidet vor dem Ausruecken mit einem Quad bei uns vorstellt und uns ueberzeugen versucht, doch neben seinem Haus zu uebernachten und den morgigen Marathonlauf nicht zu verpassen.
Unser Tagesziel ist jedoch Huanchaco, 20km ausserhalb von Trujillo. Da wir Iinternet-Anschluss benoetigen und zudem Wasser benoetigen, stehen wir diesmal im Huanchaco Garden - leider allein - mit dem zusaetzlichen Vorteil, dass wir den Camper beruhigt hier stehen lassen und zu Ceviche mixto und gebratenem Fisch zum Nachtessen ausgehen koennen.

Wir streben am Freitag unaufhoerlich nach Sueden und machen sogar mit Sandwiches fliegende Mittagspause. Wir kennen die Route 1N ueber Casma, Huarmey und Barranca bereits von unseren frueheren Fahrten her. Insofern sieht die Gegend, wenn man den Schmutz und Abfall auf einem grossen Teil der der Strecke zu ignorieren vermag, diesmal wegen des sonnigen Wetters freundlicher aus. Aufenthalte sind keine vorgesehen, aber zwei Mal wird unsere Fahrt trotzdem unterbrochen. Erst einmal verkommt uns ein Schweizer Fahrzeug, der Landcruiser von Ingo und Joly, die wir bis anhin nur von ihren Internet-Reiseberichten kennen. Da verfliegt eine Stunde im Nu, waehrend wir am Strassenrand suedlich von Trujillo miteinander plaudern und Erfahrungen austauschen.
Der Verkehr ist maessig, die Strasse super und es deshalb kein Problem, die Laster ohne Geschwindigkeits-Einbusse zu ueberholen. Im suedamerikanischen Fahralltag spielen Mittel- resp. Sicherheitslinien normalerweise kaum eine Rolle. Aber ausgerechnet heute, als ich in einer langgezogenen Linkskurve zuegig ennet der doppelten gelben Linie an einem Lastwagen vorbeiziehe, missfaellt einer am Strassenrand lauernden Patrouille der Policia Carretera mein Fahrstil. Dem Austausch der Hoeflichkeitsfloskeln folgt die Aufklaerung ueber meine Verkehrssuende und die Mitteilung, dass mein Fahrausweis gemaess den verschiedenen Auszuegen aus dem Verkehrsgesetz, die er mir in Spanisch unter die Nase haelt und die ich nicht zu verstehen vorgebe, nun einbehalten werde. Nach Bezahlung einer Busse werde mir diese Lizenz dann via eine Schweizer Botschaft wieder retourniert. Er fuellt ein Formular in diesem Sinne, allerdings nur einfach und ohne Kopie fuer mich aus und laesst mich unterschreiben. Es stoert ihn dann maechtig, dass ich ueber einige Zeilen dieses Zettels und die fuer seine Unterschrift vorgesehene Stelle einen Vermerk angebracht habe, dass ich kein Spanisch spreche und ich den Inhalt nicht verstanden habe. Er instruiert uns, dass ich nun Fredy das Steuer zu ueberlassen habe und meint, seinen Ohren nicht zu trauen, als Fredy ihm in seinem deutsch-spanischen Kauderwelsch mitteilt, dass er den Ausweis behalten koenne und sowieso keine Geldueberweisung folgen werde, da es sich nur um eine der Kopien handle, die wir jeweils ab CD immer wieder neu selbst drucken wuerden. Er beaeugt die fragliche Identifizierung, rueckversichert sich, ob er richtig verstanden habe, und streckt uns schliesslich geschlagen das (effektiv Original-)Dokument wieder zu.
Nun trennt uns nur noch der freitaegliche dichte Feierabend-Verkehr von unserem Ziel in Lima-Miraflores. Wir wissen schon, dass wir im Hitchhiker-Hostel unterkriechen koennen und auch die Tiendecita Blanca am Ovalo steht bereits als Ort unseres Nachtessens fest.

Eigentlich hatten wir einen gemuetlichen Tag in Lima einlegen wollen. Aber die Nachricht, dass auf den 9. Juli wieder einmal ein grosser nationaler Streik in Peru angesagt ist, der bereits am 8. seine Auswirkungen zeigen wird, bewegt uns, rasch unsere Zelte hier abzubrechen. Wir kaufen im Vea ein, tanken auf und lassen den faelligen Oelwechsel vornehmen. Ohne weitere Verzoegerung verlassen wir nach dem Mittag nun endgueltig die Hauptstadt suedwaerts auf der Panamericana Sur. Bis San Vincente de Cañete profitieren wir von der tadellosen Autobahn. In Chincha Alta draengt sich der ganze Verkehr mitten durch den Ort. Die vielen Busse, Taxis, Tuktuks und Colectivos verursachen einen nicht unerheblichen Stau und verstopfen die bescheidene Durchgangsstrasse. Zum Glueck umfaehrt die S1 Pisco, so dass uns ein erneutes Chaos an Vehikeln erspart bleibt. Es wird frueh dunkel und wir verwerfen unseren Plan, bei der Duene Huacachina zu uebernachten zu Gunsten eines Standplatzes bei einer 24-stuendig besetzten Repsol-Tankstelle bei Guadalupe.

Um 5.15h obwohl Sonntag-Morgen Tagwache und nach 15 Minuten bereits Start. Eine Stunde spaeter hat sich das Grau endgueltig in Tageslicht verwandelt. Um 8.ooh haben wir bereits Nasca sowie den Garuda der Kueste hinter uns gelassen, als wir auf 1'450m bei herrlichen Sonnenlicht im Freien fruehstuecken. Waehrend wir den Abra Condorcenca erklimmen, breitet sich unter uns die ganze Kuestenregion aus, teilweise in einem Nebelmeer versteckt.

Wir sind von der anhin guten Strassenqualitaet ueberrascht. Nur gerade einige Kilometer vor Puquio fuerchten wir zum Glueck umsonst, das die Schlagloecher weiterhin Markenzeichen der Strasse durch das Departement Ayacucho sein koennten. Die gut 4'400 m Hoehe des Abra Huashuccasa setzt mir, da direkt von Meereshoehe kommend, zu und ich liege und doese hinten auf der Sitzbank vor mich hin, bis mich Fredy zum Mittagshalt auf dem nur noch auf 2'100m gelegenen Chalhuanca weckt. Route 26A folgt hier dem Rio Apurímac und wir schaffen es mit Fredy am Steuer nach insgesamt ueber 9 ½ Stunden Fahrt bis etwa 20km vor Abancay, wo wir im Geroell des Flussbettes uebernachten.  
Es war nicht die unruhige Strasse - sondern einen weiteren Pneu muessen wir abschreiben. Die Karkasse ist geplatzt und aus der sowieso nur noch minimen Laufflaeche ragen die Stahldrahtgewebe.
Das ehemalige Reserverad verliert Luft. Bevor wir am Morgen des 7. Juli starten koennen, muss der Reifen vorne links erst noch aufgepumpt werden. Es geht langsam aber sicher von Abancay an aufwaerts ueber Carahuasi, runter an den Rio Apurímac und erneut rauf auf die 4'100m des vorlaeufig letzten Passes, des Abra Huillque. Dank durchgehend geteerter Strasse von der Pazifikkueste bis nach Cuzco oeffnen wir um 12.30h das Tor des Quinta Lala Campings, wo wir von Helmie herzlichst willkommen geheissen werden. Wie erhofft, haben wir Gesellschaft hier - ausser dem CH VW-Bus mit Guido und Liza alles alte Bekannte: Markus, Renate+Bruno, Gisela+Joerg. Erfreut koennen wir uns niederlassen, vom Wireless-Anschluss profitieren und entspannt das warnende Email von Helmie lesen, mit dem er uns vor dem bevorstehenden Streik warnt und Nonstop-Anreise empfiehlt.

6 Tage lang kann uns das Reisen gestohlen werden. Wir vertreiben uns muehelos die Zeit. Tagsueber im Sonnenschein ist es herrlich bis zu 26oC warm. Aber die Naechte werden empfindlich kalt bis zu 0oC. Nur gerade am Mittwoch haben wir bedeckten Himmel und am am Morgen frueh gar leichten Regen.
Viele Mahlzeiten nehmen wir gemeinsam im Freien ein. Grillbereitungen muessen jedoch bereits im Laufe des Nachmittags in Angriff genommen werden, damit wir in der letzten Sonnenwaerme des Tages noch die Koestlichkeiten verspeisen koennen. Die Maenner spalten herumliegendes Holz, die Tuechtigsten (sprich Fredy) haben, solcher Arbeiten nicht mehr gewohnt, sogar eine Blase an den Haenden.
Natuerlich wird zwischendurch aus gearbeitet, an den Autos geschraubt, Kleider gewaschen sowie am PC getoeggelt um die "Reklamierer" in der Schweiz ob der Stagnation auf unserer Homepage zu befriedigen.

Zwischendurch steigen oder fahren wir nach Cusco runter. Sei es abends fuer ein Einkehren in der Granja Heidi oder aber wie wir, um herauszufinden, was lokal an Pneus im Angebot vorhanden ist. Es kristallisiert sich allerdings heraus, dass wir nicht einen idealen Reifen mit der gewuenschten hohen Tragkraft finden werden sondern Kompromisse schliessen muessten. Die Pneus muessten zudem im voraus bezahlt werden, worauf sie in angeblich 3 Tagen aus Lima herangefuehrt wuerden (wie auch in dieser kurzen Zeit, selbst ohne Streik?). Wir waeren dem Haendler ausgeliefert und muessten hier ausharren und Daeumchen drehen, bis dann irgendwann unsere Bestellung eintraefe. Deshalb entschliessen wir uns, nur einen guenstigen aufgummierten Zusatzreifen zur Sicherheit als Reserverad zu kaufen, auf den alten "Finken" nach La Paz zu fahren und uns dort bei groesserer Auswahl und zu erst noch guenstigeren Preis eindecken.
Am Dienstag, 15. Juli, ist der Zeitpunkt des definitiven Abschieds vom Quinta Lala gekommen. Wir lassen im Ort den Gastank mit GLP und zwei der Dieseltanks fuellen, um was Treibstoff anbelangt bis La Paz autonom zu sein. Bis wir dann dem Mega-Markt einen letzten Besuch abgestattet und nochmals etwas Soles an einem ATM bezogen haben, ist es bereits Mittag. Also halten wir unweit des Cristo und geniessen waehrend des Lunch einen letzten Blick auf Cusco.
In Pisaq muessen wir bereits wieder, diesmal ungewollt, einen Halt einlegen. Die Virgen Carmen wird gerade in Begleitung verzueckter Taenzer/innen und musizierenden Gruppen auf der Hauptstrasse zu Hauptplatz und Kirche zurueckgetragen. Die erste Etappe bis rauf auf 4'010m des Abra Wachoq Kunka ist ruppig. Dann kommen wir in Genuss eines Strassenstuecks, das erst kuerzlich von einem Grader bearbeitet wurde und uns schliesslich nach Collquepata bringt. Von da an geht es staendig, wenn auch in langen Windungen, bergab durch ein enges Tal. Eine halbe Stunde vor unserem Ziel ein weiterer unfreiwilliger Stop - Plattfuss hinten rechts. Der Kauf des aufgummierten Ersatzreifens in Cusco als Zwischenloesung bis La Paz zahlt sich bereits aus.

Es dunkelt bereits, als wir in ein vibrierendes Paucartampo einfahren und unsern Camper neben den parkierten Vehikeln von Markus und Helmie ebenfalls abstellen. Das Staedtchen, zur Inkazeit ein wichtiger Kontrollpunkt auf der Inkastrasse in den oestlichen Teil (Antisuyo) des Imperiums, liegt die meiste Zeit des Jahrs verschlafen am Rio Mapacho. In der ersten Juni-Haelfte wird es Ausgangspunkt fuer das Sternen- und Schneefest, welches auf gut 5'00m am heiligen Felsen Coichoriti oberhalp Mahuayani stattfindet.
Endgueltig zum Leben erwacht der 3'000-Seelen-Ort jedes Jahr Mitte Juli bei einem Fest, das an die alte Sklavenzeit erinnert und Anlass zur Vermengung von indigenem Brauchtum und katholischen Glauben ist. Waehrend vier Tagen wir getanzt und getrunken, und die engen Gassen und die Plaza de Armas, zu denen die schmale Fussgaenger-Bruecke Puente Carlos III fuehrt, Schauplaetze der nicht endenden Tanzprozessionen verschiedenster Gruppen in bemerkenswerten handgefertigten Kostuemen und Masken.
Der Zufall will es, dass Helmie und Markus, die an einer Pizza sitzen, uns in dem abendlichen Gewuehl entdecken und und zum Mitessen einladen. Frisch gestaerkt stuerzen wir uns dann in den Trubel und die Festividad zu Ehren der Virgen del Carmen. Fredy findet einen Aufgang zu Balkonen, von wo aus wir beide (den andern zwei wird der Zutritt verwehrt) das Feuerwerk ab eigens fuer diese Fiesta zusammengebauten hohe Bambus-Gestelle bestens ueberblicken koennen und erst noch vom Funkenregen verschont bleiben. Irgendwann verlieren wir Helmie und sind dann mit Markus zusammen nur noch zwei Fahrzeuge, die am kleinen Rio Paucartambo zum Uebernachten abstellen.

Wir fruehstuecken in der Sonne und machen uns anschliessend auf die Socken resp. Raeder und muessen einen weiteren Plattfuss, diesmal vorne rechts, feststellen. Wir haben Glueck und koennen mit dem letzten Bisschen Luft fast direkt vor die einzige Gomeria des Ortes rollen, wo man sich dem Problem annehmen wird. Fredy muss allerdings dann waehrend unserer Mittagspause im Camper wacker mithelfen, dass die beiden dicken Reifen, mit denen man ueberfordert ist, wieder aufgezogen werden und er sie vor dem naechsten Spektakel noch montieren kann.
Zwei Messen bereits haben in der Kirche am fruehen Morgen, allerdings ohne uns, schon stattgefunden. Wir finden uns erst zur "tradicional Bosque" auf der Plaza ein. Nicht nur die Kostuemierten auch die indigenen Familien, die das Treiben interessiert verfolgen, ergeben herrliche Foto-Sujets. Die Gruppe Contradanza scheint fuer den Ablauf verantwortlich. Nachdem unzaehlige Gruppen ihre Tanzformationen und Vorstellungen absolviert haben, wird eine Mitten in der Plaza de Armas aufgestelltes Podium bestiegen und das Publikum mit Mandarinen und Haushalts-Gegenstaenden aller Art beworfen, um die jeweils viele Haende grapschen, und um derer habhaft zu werden, man sich auch nicht scheut, im grossen Brunnen herumzustapfen.

Um 15.ooh beginnt der grosse Umzug, die "Solemne (feierliche) Procesión de la Santísima Virgen del Carmen". Schwitzende Maenner tragen das schwere hoelzerne Gestell, auf der unter goldenem Schirm die Figur der Jungfrau steht, durch die Strassen von Paucartambo. Ihr zu Ehren haben alle Tanzgruppen die Huete abgezogen und bewegen sich rueckwaerts. Der Hauptteufel und seine tanzenden Soldaten in tollen Kostuemen nehmen sinngemaess an der Prozession nicht teil, sondern verfolgen sie von den Daechern der umliegenden Haeuser aus. Einheimische, peruanische Besucher aus andern Staedten, vor allem Cusco, kommen ebenso wie immermehr auslaendische Touristen zu diesem Anlass und draengen sich in den schmalen Gassen. Wir stehen erst im Gewuehl an der Plaza, finden uns dann bei der Casa de Cultura zwei hohe Randsteine, die wir fruehzeitig besetzen, um einen bessern Blick auf die farbenfrohe Prozession zu haben. Der Vorbeimarsch der Virgen Carmen muessen wir uns allerdings mit langem Warten verdienen und sind am Schluss ganz durchfroren.
Da geniessen wir im geheizten Camper mit Markus zusammen den Znacht, bevor wir zu einer letzten Runde, diesmal durch die Seitengassen mit den vielen Marktstaenden. Es ist bereits spaet und die Verkaeufer/innen nicken in ihren Stapeln von Waren mangels Kundschaft trotz Kaelte ein. Zwei Matchs am Toeggeli-Kasten mit zwei jungen Burschen, die den Plausch haben, als sie Fredy und Markus beim zweiten Spiel schlagen koennen, ein Schiessen mit einem Zapfengewehr - den gewonnen Schleckstengel verschenkt - und dann sind wir reif, den Camper an den selben Uebernachtungsplatz wie gestern zu fahren und in die Federn zu steigen
Am Donnerstag um 8.45h verabschieden wir uns von unserem temporaeren Reisegefaehrten. Heute fahren wir auf der gaengigeren Ruta 26, die vor allem von den Bussen benutzt wird. Wir koennen froh sein, dass nicht allzuviel Verkehr herrscht, denn ueber die ganze Strecke liegt feinster Staub auf der Naturstrasse, in den Kurven zentimetertief, der bei der Durchfahrt aufgewirbelt wirbt und mangels Wind lange ueber der Fahrspur haengen bleibt. Die vielen Huetten und kleine Gehoefte direkt am Strassenrand bleiben auch nicht davon verschont und sind wie die Strassenborde gepudert waehrend ihre Bewohner Staublungen haben duerften.
Was wir bei Ninamarca erst fuer kleine Runde Vorratsspeicher mit spitzem Dach halten stellen sich als Chullpas (Grabtuerme) bescheidener Groesse heraus. Ueber den 4'100m hohen Huachucasa-Pass gelangen wir ins Tal des Rio Vilacanota und schliesslich ins breite Cusco-Tal.

Die Bauern sind samt ihren Familien waerend unserer Fahrt von Urcos und an Sicuani vorbei mit der Getreideernte auf den fuer einmal flachen Aeckern in der Talsohle beschaeftigt. Bei Aguas Calientes sehen wir keinen Dampf von den warmen Thermalquellen und das Becken voll gruenem Wasser sieht wenig verlockend aus. Nach dem Mittagshalt steht der Abra La Raya bevor, der uns aber mit seinen 4'312m bevorkaum auffaellt, da wir uns bereits bisher in stattlicher Hoehe bewegt haben. Hiermit beginnt das beruehmte Altiplano, das sich mit Hoehen zwischen 3'500 und 4'000m von hier ueber den Titicaca-See bis weit nach Bolivien hineinzieht. Santa Rosa und vor allem Ayaviri, wo auf der Durchfahrt im Mai wir Strassenblockaden weitraeumig umfahren mussten, liegen heute ruhig im Sonnenschein. Pucará ist komplett verstopft wegen des Wochenmarktes, der direkt auf der Durchfahrtsstrasse, ideal da geteert, stattfindet. Wir folgen den einheimischen Vehikeln und finden die Umfahrung des Trubels ohne grosse Muehe.
Die friedliche Fahrt durch die eher trockene, mit duerrem Gras golden erscheinende Gegend, aber auf rumpliger Teerstrasse findet bei Juliaca eine Unterbrechung. Was grossartig mit Einfallstrasse mit getrennter doppelter Fahrbahn anfaengt, endet abrupt bei einem Kreisel, ab welchem wir uns den Weg durch die chaotische Innenstadt suchen muessen. Eine Velo-Rischka im Zentrum, die sich zwischen uns und den Randstein draengt reisst uns fast den vordern Radlauf ab und taucht so rasch als moeglich im Gewuehl unter. Eine ebenso breite Ausfahrt insuedoestlicher Richtung besteht erst auf dem Reissbrett. Iin Wirklichkeit schaukeln wir wie der restliche Verkehr auf geraeumten, halbwegs glatt gewalzten Seitenstreifen dahin, waehrend in der zu praeparierenden Mitte wenigstens schon ein paar Strassenbau-Fahrzeuge hingestellt wurden.
Im Vertrauendarauf, dass wir wieder auf dem Gelaende der Posade del Inca in Puno sicher unterkommen werden, fahren wir bis zum Eindunkeln. Der Vollmond steht hell am bereits dunklen Himmel und wirftt einen silberen Glanz auf dem Titicaca-See, als wir in die Departements-Hauptstadt hinunterrollen.

Gleich der Eisenbahn fuehrt unsere Route am Westufer des Lago Titicaca entlang. Wir haben herrliches Wetter und bekommen daher erst den See dann die Laguna Winaymarca in kraeftigem Tiefblau zu sehen. Der peruanisch/bolivianische Grenzort heisst Desaguadero. Nicht nur, dass wir gerade zur Mittagszeit da ankommen (was aber auf beiden Seiten gefliessentlich uebersehen wird), das fuer uns viel groessere Uebel ist der heutige grosse Markt. Wir pfluegen erst durch die vielen parkierten Kleinbusse, behaupten uns gegen die vielen Fahrrad-Rischkas mit entweder Passagieren oder Lasten, schieben schwerbepackte Marktbesucher beiseite und schaffen es schliesslich vor die Immigración und Aduana, damit wir uns ordnungsgemaess und endgueltig an diesem 18. Juli 2008 von Peru abmelden koennen.
 
Weitere Fotos: siehe
Galerie / Peru V - Nr. 4957-5326
 

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