12.-28. Mai 2008 / Peru - vom Titicaca-See ueber Puno-Cuzco-Ayacucho-Lima-Chiclayo an die Ecuadorianische Grenze

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Die peruanische Immigracion von Kasani stellt fest, dass wir im Mai 2007 schon einmal nach Peru eingereist sind. Dummerweise, und auch uns unverstaendlich, laesst sich aber ein Ausreisestempel unter all den vielen mehr oder weniger verschmierten Stempeln in unseren Paessen nicht auffinden. Das seinerzeit bei der Ausreise abgestempelte Carnet de Passage fuer den Camper und die ganze Litanei anschliessender suedamerikanischer Ein- und Ausreise-Bestaetigungen seien noch keine Beweise, dass wir damals ihr Land ordnungsgemaess verlassen haetten, weshalb man nicht sicher sei, ob man uns erneut einreisen lassen koenne. Ein Schlauer beginnt sein Natel zu bearbeiten, worauf schliesslich die telefonischen Rueckfragen in der Auskunft irgendeines Amtes resultieren, dass seinerzeit dem Gesetz genuege getan und am 12.7.07 auch wirklich unser Verlassen Peru's registriert wurde.
Nunmehr doch willkommen, ist der Zollbeamte dafuer aeusserst freundlich. Er stellt nach Ueberpruefen saemtlicher Dokumente inkl. Autohaftpflicht-Versicherung einen 3 Monate gueltigen, temporaeren Auto-Ausweis aus und pappt einen Kleber an die Windschutz-Scheibe. Wir duerfen unsere Uhren eine Stunde zurueckstellen und befinden uns nun also zum zweiten Male in Peru. Niemand hat sich fuer Gemuese, Fruechte oder Fleisch, welche wir vorsichtshalber von Kuehlschrank und Schubladen ins Bett verfrachtet hatten, interessiert.

Unsere Primus-Heizung spinnt schon wieder. Fredy glaubt, dass es an einem beim letzten Einbau beschaedigten Kontroll-Sensor liegt, den er waehrend des Mittagshalts ausbaut und neu zusammenklebt. Gleichzeitig findet er auch noch verschiedenste Wackel-Kontakte, die er fluchend behebt, ohne dass ihm im Endeffekt durchschlagender Erfolg vergoennt ist. Wir starten deshalb erst spaet von der dadurch verlaengerten Mittagspause. Durch eine gewittrige, direkt am Titicaca-See flache Gegend mit Aeckern, auf denen jetzt im Herbst geerntet wird, fahren wir an dessen Westufer ueber Pomata, Juli und Arcota in die Hauptstadt des Departementes, wo wir im Hof der Posada del Inca Unterschlupf finden.
Puno liegt auf der Collao-Hochebene an schoener Lage am Lago de Titicaca, dem hoechsten schiffbaren See der Welt. Die Stadt selbst bietet keine Sehenswuerdigkeiten sondern gleicht einer Siedlung im Rohbau. Die Mehrheit der Haeuser zeigt rohe Beton-Grundpfeilern und -Stuetzen mit dazwischen aufgefuellten, unverputzten roten Backsteinen. Fuer spaetere Aufstockungen, sollte man erneut zu Geld kommen, ragen an allen Ecken und Ende sowie aus der momentanen Decke sprich dem kuenftigen Zwischenboden die Armiereisen in den Himmel. Da ist dann das klotzige weisse Librador-Hotel, das von der Anhoehe einer Halbinsel herabprotzt, geradezu ein Affront.
Am naechten Morgen, dem 13. Mai, stehen wir um 6.3oh bereits am Steg, von wo aus die Boote zu den verschiedenen Inseln ablegen. Wir sind uns beide einig, dass wir auf den Besuch von Taquile, der 35km (=3-4 Stunden Bootsfahrt) entfernten Insel, bekannt fuer ihre strickenden Maenner, verzichten. Dafuer chartern wir ein Boot fuer uns allein, um zu den schwimmenden Schilfinseln zwischen Puno und der Hablinsel Capachica hinauszufahren und dort ohne Zeitdruck an den einzelnen Stops verweilen zu koennen.

Die Uros, dunkelhaeutiges und wildestes Volk im Inkareich, nannten sich "Seemenschen" und konnten von den Incas nie unterworfen werden, da sie sich bei Konflikten immer auf Ihre Schilfinsen im Titicacasee zurueckzogen. Sie blieben unabhaengig und verfolgten eine autarke Lebensweise ohne Ackerbau. Ihre Nahrung setzte sich aus Fischen und Voegeln sowie den eher suesslichen Rispen des Totora zusammen. Ihr letzter reinrassiger Nachkomme soll 1958 verstorben sein. Heute leben Nachfahren der Aymara und Quechua, die ausschliesslich vom Tourismus abhaengig sind, immer noch auf diesen schwimmenden Inseln aus Totora (Schilf). Trotzdem haelt sich Ihr Interesse an der alten Tradition, der Ausbesserung und Erneuerung des fragilen Untergrundes in Grenzen, so dass es immer wieder vorkommt, dass groessere Schilfinseln untergehen.
Von den ausgewachsenen Totora werden die Wurzeln verwendet und zu Bloecken bis zu 8m2 zusammengebunden, welche aber jedes halbes Jahr ausgewechselt werden muessen, da sie sich mit Wasser vollsaugen. Darueber wird schichtenweise Schilf gestapelt, bis die schwimmende Plattform einen Tiefgang von ca. 80 cm hat, und darauf schliesslich die Schilfhuette platziert. Aus demselben Rohmaterial bauen sie auch ihre leichten Boote in verschiedenen Formen je nach Verwendungszweck: Der wendige Einsitzer "Jiska" zur Jagd auf Wasservoegel, das "Nansan", welches 3 Personen fasst, sowie das Chatcha mit Platz fuer bis zu 15 Personen oder zum Lasten-Transport. Einen Monat benoetigt die Herstellung des mittelgrossen Bootes, das dann ungefaehr einen Jahr lang seinen Dienst versieht, bevor es zu verrotten beginnt.
Heerscharen von Touristen, wie auch wir, lassen sich Tag fuer Tag zu den Uro-Inseln hinausfahren. Jeder Bootsfuehrer laeuft "seine" Insel an, wo man dann sich umsehen, mit den Leuten sprechen, sie ungeniert fotographieren kann und als Gegenleistung ihnen etwas abkaufen sollte, was einem bei den wohl von Hand, aber in zum Teil schreienden Farben gefertigten Wandteppichen und Sets schwerfaellt. Dieses Spiel wiederholt sich dann, solange man sich weiterchauffieren laesst. Nach gut zwei Stunden und vier Inseln haben wir genug von den eher schmudeligen Huetten und der damit verbundenen grundsaetzlich eher primitiven Wohnweise - jedoch durchmischt mit Komponenten der Moderne wie Solarpanels zur Stromerzeugung und zum Betrieb von TV und Radio.

Als wir um 15.ooh die Stadt nordwaerts verlassen, hat sich das Wetter von Sonnenschein zu drohend bewoelktem Himmel gewandelt und bei 13o C hagelt es. An der loechrige Strasse nach dem Verlassen der Hauptroute 3S liegen viele in traditionellem Stil gebaute Siedlungen. Bei einer von ihnen stoppen wir, um sie uns naher anzusehen. Auch wenn ihre Bewohner den Passanten Zutritt zu ihren Steinhaeuser gewaehren, um Geld zu verdienen, werden sie erstaunlicherweise nicht aufdringlich, sondern bitten eher, ihnen etwas abzukaufen. Wir bedanken uns mit einer grossen Schokolade fuer die Kinder und entrichten gerne 10.- S., wenn wir dafuer keine unerwuenschten Souvenirs mitnehmen muessen.
Das 32km entfernte Sillustani liegt auf einer Halbinsel des Umayo-Sees auf 3'890m. Wir kommen zur richtigen Zeit, am spaeten Nachmittag, zu den Chullpas. In diesen Begraebnistuermen begruben die Collas, eine kriegerischer Stamm, um 1200 n.Chr. ihre wichtigsten Persoenlichkeiten. Beim Begraebnis eines bedeutenden Mannes wurden gemaess Chronisten auch eine Herde Lamas verbrannt, Frauen, Kinder und Diener getoetet - wenn nicht auch noch lebendige Personen eingemauert, damit diese dem Toten dienen konnten. Die niedrigen Eingaenge zu diesen Mausoleen waren nach Osten ausgerichet, weisen entweder einen Raum mit einer versenkten Grabkammer oder aber Nischen in den Seitenwaenden fuer die hin Hockstellung aufgestellten Mumien auf. Nur 9 dieser Chullpas stammen allerdings von den Collas, die andern sind den Inkas zuzuordnen, welche spaeter diese Begraebnisart uebernommen und fortgefuehrt haben. Der groesste Begraebnisturm von Sillustani ist die nach seiner Eidechsen-Verzierung auf den oberen Steinbloecken genannte "la Gran Chullpa del Lagarto", welcher einmal 12,2 m hoch und von konischer Form, unten mit einem Durchmesser von 6,5 und oben mit 7,2 m, war.
Am Abend stehen wir komplett "teig" nach all dem Sightseeing mitten in einsamer Landschaft zum Uebernachten.

Wir verweilen da am Hauptplatz, wo heute Mittwoch gleich drei Hochzeits-Gesellschaften vom Gottesdienst in der Kathedrale ins Sonnenlicht hinaustreten. Bei der ersten Gruppe erklingen schoene Mariachi-Lieder, die aber bald von den Blaskapellen der folgenden beiden Sippen uebertoent werden.
Einen ebenfalls zusehenden Schuhputzer frage ich nach dem Grund der mit Steinen belegten und mit Glasscherben bedeckten Strassenstuecke auf der Durchgangsroute bis dahin und erhalte die Information, dass waehrend des Wirtschafts-Gipfels in Lima heute und morgen in Peru ein Generalstreik - natuerlich mit Strassenblockaden - angesagt ist. Noch frueh am Tage sei es ratsam, sollten wir nordwaerts streben, solange noch moeglich oder mit anderen Worten umgehend aus Juliaca zu verduften, bevor die Demonstranten in Hochform kaemen.
Und wirklich, waehrend wir uns da bei der Plaza mit Fotografieren vergnuegt haben, ist die Stimmung in der Stadt bereits umgeschlagen und an allen Ecken und Enden versammeln sich Aktivisten und erwartungsvolle Schaulustige. Um das Zentrum war mittlerweile ein geschlossener Guertel mit zerschlagenen Flaschen gelegt worden, so dass ein Durchkommen ohne Reifenbeschaedigung kaum moeglich scheint. Wir muessen uns einen Ausweg suchen, ueber Trottoirs und in verkehrter Richtung durch Einbahnstrassen fahrend, manchmal ich zu Fuss voraus, um die Scherben wegzuputzen. Wir folgen den Tuktuk-Velotaxi, die ortsbekannt in die aeusseren Quartieren durch kleine ungeteerte Nebenstrassen verschwinden, und schaffen es, mit GPS-Orientierung der Stadtmitte zu entfliehen. Dank den Instruktionen einer Polizei-Patrouille, wie wir zu fahren haetten, und einigem Ausweichen von Menschenansammlungen in Nebenstrassen erreichen wir gluecklich die Hauptverbindung nach Norden.

Was dann an Glasscherben und Steinbrocken meist in der Umgebung der Orte auf dem Trassee liegt, laesst sich gut auf dem Seitenstreifen oder wie in Pucará ueber die benachbarte Wiese umfahren. Das dicke Ende folgt dann in Ayaviri, wo dann eine komplette, bemannte Blockade errichtet worden war. Wir schliessen auf eine Kolonne von Fahrzeugen auf, die schon ueber vier Stunden da auf einen Durchlass wartet. Der soll gnaedigerweise um 14.ooh erfolgen - wieso also nicht da Mittagspause einschalten. Aber der Tenor der Informationen aendert sich, ein Aufschub angekuendigt. Das veranlasst uns zum Handeln. Wir drehen um, biegen in einiger Distanz auf einen Feldweg ab, der parallel hinter einem Huegel an dieser Blockade vorbeifuehrt. Allerdings muendet er noch vor der zweiten Blockade am Stadtausgang bereits wieder auf die Panamericana ein, so dass wir gezungen sind, weiter auszuholen. Der ganze Versuch resultiert in einem Umweg von ueber 75 km via Umachiri und Llalli bis endlich nach Chuquibambilla wieder auf der 3S sind. Nur noch wenige Male und in abnehmender Form gewaertigen wir auf der Weiterfahrt Strassenstuecke belegt mit kleineren Steinen - eher den Eindruck einer Alibi-Uebung erweckend als ein ernsthaftes Hindernis darstellend. Santa Rosa dann weist ueberhaupt keine Spuren des Streiks auf - wir sind gluecklich durchgekommen.
Ab Sicuani sind wir die Strecke vor einem Jahr bereits mal gefahren. Im warmen Abendlicht erfreuen wir uns am Anblick des friedlichen, allerdings bereits im Schatten des begleitenden Huegelzugs liegenden Tals. In Anbetracht der spaeten Stunde vergessen wir den Besuch des Inka-Steinbogens im Pikillaqta Park bei Urcos.
Auch so ist es schon dunkel, als wir auf der Av. de la Cultura in die Stadt Cuzco hineinrollen. Wir kennen unsern Weg noch vom letzten Mal her und finden schnurstracks die richtige Strasse, die an der Iglesia San Cristóbal vorbei rauf Richtung Saqsayamán Ruinen fuehrt. Wir wissen, wie das lottrige Holztor zum Quinta Lala Camping zu oeffnen ist. Helmie ist ueberrascht, als er zu spaeter Stunde bei einem Kontrollgang feststellt, dass ploetzlich statt zwei drei Camper auf seiner Wiese stehen.

Herrlich, im warmen Sonnenschein auf der gruenen Wiese zu campen. Wir fruehstuecken jeweils in Gesellschaft der Huehner, die damit rechnen, dass Brosamen fuer ihre Bio-Eier-Produktion abfallen, und des Schaeferhunds Nino, der darauf hofft, dass auch fuer ihn ein Brocken abfaellt. Fredy stuerzt sich trotz seines durch den steten Durchfall geschwaechten Zustands in den erneuten Ausbaus des immer noch nicht funktionierenden Wasser-Thermostats der Primus-Heizung, den er ja schon vor zwei Tagen repariert zu haben glaubte, und ersetzt den defekten Primus-Sensor mit einem doch aus seinen unergruendlichen Teile-Pfruenden aufgetauchten Neuteil. Weiters will er am Elektropanel einen bequemeren Schalter fuer das An- und Abstellen der Wasserpumpe montieren, und hat dann wegen des Kabelwirrwarrs seine liebe Muehe, die vor dem Loesen noch funktionierenden Anschluesse zu erhalten und muss zu guter Letzt die Abdeckung ohne die beabsichtigte Verbesserung wieder montieren. Waschen ist zudem angesagt. Seit langem wieder einmal muss die Waesche selbst in die Waschmaschine geladen und nachher unter den nahen Baeumen zum Trocknen aufgehaengt werden. Ich fange ernsthaft an, meine Tagebuch-Rueckstande zu beseitigen, werde aber natuerlich immer mal wieder abgelenkt von den Mit-Campern Werner+Maite, die wir in La Paz, und Peter+Erika, die wir seinerzeit in Montevideo nach der Wagenuebernahme getroffen hatten.
Fuer gemeinsame Nachtessen spazieren wir einmal auf 18.ooh zum vereinbarten Treffpunkt beim Springbrunnen auf der Plaza de Armas und speisen fein in der San Blas im Granja Heidi Restaurant des kurligem deutschen Besitzers. Am naechsten Abend steuern alle etwas bei, die beiden andern Partien Salate, ich koche Pasta und Helmie hat in unserem Auftrag feine Schweins-Koteletten besorgt, die wir im Freien grillieren und nachher im Partyhaus des Camping verzehren.
Der Samstag, 17. Mai, ist gepraegt von den Vorbereitungen fuer die Weiterreise, die wir dank Lokalkenntnis und zusaetzlichem Glueck im Nu erledigen. Wir brauchen nicht mal zur Repsol-Tankstelle, die GLP verkauft, rauszufahren. Als wir ins Zentrum fahren wollen, stossen wir in der Av. Saphi auf einen der Gastankwagen, die von Haus zu Haus fahren und Haushaltstanks auffuellen, der uns ohne Federlesens auch unsern Tank am Strassenrand auch fuellt. An der Scotiabank in der Maruri fuellen wir unser Portemonnaie mit Soles, stoppen bei der Post fuer Briefmarken, fahren in die Av. Garcilaso, wo all die Autoersatzteilhaendler ihre Laeden haben, damit Fredy das fuer den bevorstehenden Oelwechsel das Material einkaufen kann, waehrend ich praktischerweise im nahen Tacna Almacenes die Lebensmittel besorgen kann. Wir machen noch einen kurzen Spaziergang um die Plaza herum und "verirren" uns zum Abschied von der Stadt uns in unsere bevorzugte Panaderia/Pasteleria "El Buen Pastore" in der 579 San Blas. Am Abend gibt es noch neue Gesellschaft, das deutsche Ehepaar Marlies und Jochen.
Wir haetten es gut noch einige Zeit ausgehalten im Quinta Lala, aber die Zeit draengt. Deshalb nach dem Fruehstueck am Sonntagmorgen grosses Abschiednehmen, auftanken auf dem Weg aus Cuzco raus. Wir fahren ueber Anta und steuern den Abra Huillque mit seinen 4'100m an. Im Hintergrund blinzelt der verschneite Gipfel des 6'271m hohen Nevado Salcanay. Aber immer wenn wir halten, stuelpt sich jedoch rascher als ich fotografieren kann im Nu eine Wolkenkappe ueber ihn. Die Strasse faellt in Serpentinen durch saftig gruene Gegend ab bis auf 1'870m, damit wir bei der Puente Cunyac den Rio Apurímac ueberqueren koennen. Ein weiterer dank Teerstrasse mueheloser Anstieg auf nochmals 3'900m ueber den Abra Soccllacasa und erneute Talfahrt auf unter 2'400m folgen.
Abancay (50'000 Einwohner) ist die Distrikt-Hauptstadt des Dept. Apurímac, eine der aermsten Gegenden Perus. Da bar jeder Sehenswuerdigkeiten hat sie hoechstens als Etappen- und Versorgungs-Ort fuer Reisende eine gewisse Bedeutung. Hier hoert denn auch der Asphalt auf , aber der naechste Anstieg, nachdem wir den Rio Pachachaca ueberquert haben, ist uns sicher. Nach einigen Kurven zieht ein seltsames Zischen hinten rechts unsere Aufmerksamkeit auf sich. Schon wieder ein Plattfuss - diesmal haben wir einen Nagel eingefahren! Wir durchfahren unzaehlige kleine Orte. Frauen treiben ihr Vieh, gemischte Gruppen von Schafen, Schweinen, Kuehen, Pferden oder Eseln nach Hause. Die Abendstimmung ist herrlich, doch nur zu bald fuer uns wird es dunkel - noch waehrend wir mit dem Iveco stetig ueber Stock und Stein in die Hoehe klettern. Wir muessen noch vor dem naechsten Pass uns geschlagen geben und in einer Kehre neben einem kleinen Bach unser Lager aufschlagen.

Wir starten so frueh, dass ueber dem Abra Huayllaccasa noch Wolken und Nebel haengen. Der Tag faengt alles andere als ja gut an: Beim Kreuzen eines Lastwagens touchiert dieser unsern Rueckspiegel mit dem Resultat, dass wir von nun an bis auf Weiteres in ein Spinnennetz des zersprungenen Spiegels blicken und mehr schlecht als recht Entfernungen und Geschwindigkeiten anderer Verkehrsteilnehmer abzuschaetzen versuchen. Der Weg windet sich erneut den Berghaengen entlang. Endlich passieren wir die Abzweigung zur Lagune Parucha, erreichen San Jeronimó und schliesslich Andahuaylas. Auch hier halten wir uns nicht auf. Das in der Karte als Anschluss versprochene Stueck Teerstrasse findet nicht statt. Wir rumpeln weiter ueber steinige Piste bergauf, die auch von LKWs und natuerlich Bussen befahren wird. Ein Ueberholen oder Kreuzen ist trotz engen Verhaeltnissen normalerweise kein Problem, da die Chauffeure sehr entgegenkommend sind. 4'150m hoch ist der Abra Sorachocca. Doch wir schaukeln nicht lange durchs Hochland. Nachdem wir Uripa und Chinchera durchfahren haben, tauchen wir wieder in die Tiefe. Die Strasse hat sich sehr verschlechtert, das Vorwaertskommen wird muehsamer. Viel spaeter als geschaetzt erreichen wir endlich die rote Bruecke auf nurmehr 2'000m ueber den Rio Pampa. Wir finden leider keine Moeglichkeit, am Fluss direkt zu halten sondern muessen uns wenig spaeter mit der Aussicht auf ihn hinunter begnuegen. Ein Baeuerchen bringt uns einige Orangen von seinen Baeumen und moechte natuerlich dann fuer das Geschenk doch etwas Geld, da er ein uebles Bein habe. Er ist dann aber mit einem Streifen Aspirin mehr als zufrieden. Fredy hat sowieso nicht allzuviel Zeit, das Panorama zu geniessen. Sein Einsatz ist einmal mehr von Noeten. Unser Kuehlschrank laeuft zwar, aber kuehlt nicht mehr. Das Ausbauen und AufdenKopf-Stellen bringt allerdings keine Abhilfe - wir werden ihn Zukunft schneller essen als fahren muessen!
So sicher wie das Amen in der Kirce folgt erneuter Anstieg, die Strasse erst noch akzeptabel. Wir fahren und fahren - wo bleibt denn nur der Abra Huamina mit seinen 4'400 m? Laengst ist die steinige Strasse einer weichen Piste gewichen, an der wir fast verzweifeln. Nichts als - nein nicht Schlag- Loecher sondern -Wannen, die ueber lange Strecken nur ein Tempo von 10-15km erlauben. Wollten wir diese Etappe noch an diesem Tag hinter uns bringen, so muessen wir uns zum Schluss dann damit zufrieden, die Lichter der Stadt Ayacucho von weitem blinken zu sehen und es zu schaffen, zum Schlafen wenigstens nach x-Kurven auf wenigstens unter 3'700m zu kommen. Es windet und hat abgekuehlt. Neuerdings sind wir selbst fuer solche Kleinigkeiten dankbar, da wir so den Kuehlschrank-Inhalt ueber Nacht auf dem Dach kuehlen koennen.
Die letzten 25km Schlotterstrasse nach Ayacucho lassen langsam den vagen Gedanken zu einem Entschluss in uns reifen, uns und vor allem den Camper nicht weiter ueber derartig schlechte Strasse zu quaelen. Gestern sind wir ueber 10 Std. am Steuer gesessen und haben gerademal einen Gesamtschnitt von 28 km/h herausgefahren.
Heute morgen rollen wir auf der Castilla in diese Stadt, das fruehre Zentrum des Sendero Luminosos. Viele Aufstaende gingen von hier aus, denn die 1959 gegruendete Universitaet war Mittelpunkt der indigenen Befreiungsbewegung. Wir stossen allerdings nur auf freundliche, hilfreiche Einwohner und vor allem auf einen Fachmann fuer Kuehlschraenke mit einem eigenen kleinen Geschaeft an der Einfahrtsroute. Kompetent nimmt er sich unseres ausgeraeumten Waeco-Modells an. Aber leider fehlt es diesem nicht wie wir vermutet haben an Freon, sondern der Kompressor (entgegen des ueberzogenen Tenor bei der vorgaengigen telefonischen Rueckfrage beim CH-Lieferanten - dass dieser aber gar nie ausfalle) komprimiert anscheinend nicht mehr. Ein 12V-Ersatz ist hier in Ayacucho nicht aufzutreiben, doch wir setzen unsern Weg fort mit einem Zettel im Sack mit der Adresse einer entsprechenden Liefer-Firma in Lima.
Somit sind denn auch definitiv die Wuerfel gefallen. Noch lassen wir rasch den Plattfuss reparieren, machen uns dann aber ohne weiteren Aufenthalt auf die Socken oder besser auf die Raeder Richtung Kueste. Wir geniessen die Fahrt durch die sonnige Landschaft und fliegen nun auf der guten Asphaltstrasse geradezu ueber den 4'764m hohen Abra Apacheta. Mehr durchgeruettelt werden wir auf dem schlechter unterhaltenen Teilstueck des Departementes Huancavelica. Ab Huaytara geht es ueber enge Kehren zuegig abwaerts. Immer wieder wippen wir durch die sogenannten "baden" = wannenartige, betonierte Teilstuecke anstelle einer Kanalisation darunter, wo haeufig Wasser ueber die Strasse rinnt. Schliesslich gelangen wir unter 1'000m Meereshoehe und fegen durch das Tal des Rio Pisco. Die Berghaenge sind schroff und kahl. In der Talsohle jedoch nutzt man zu beiden Seiten des Flusses jeden bebaubaren Quadratmeter fuer den Anbau von Reben (fuer den beruehmten Traubenschnaps fuer Pisco Sour) oder als Baumwollfelder. Wir fahren bis zum letzten Tageslicht und parken zwischen Geroell etwas oberhalb der Durchgangsstrasse einige Kilometer vor Humay in Hualla Chica, woraus uns spaet nachts eine Polizei-Patrouille aus der gefaehrlichen Umgebung zu retten versucht.
Am Morgen des 21. Mai fahren wir unter dem ueblichen grauen Himmel zu dieser Jahreszeit und in dieser Region an Tambo Colorado vorbei. Die Inka-Ruinen unterscheiden sich unserer Ansicht nach nur wenig von den aermlichen, halb zerfallenen, aber mit Blachen immer noch bewohnbar gemachten Huetten entlang des Rio Pisco. Nordoestlich von Pisco muenden wir in die Panamericana Sur - Ruta 1 ein. Obwohl uns vom letzten Aufenthalt her wohlbekannt, erschlaegt uns der Anblick der Kuestenorte, die wir durchrollen, fast. Die Durchgangsstrasse saeumen Unterkuenfte und Werkstaetten der einfachsten, meist gleichbedeutend mit dreckigster Klasse. Zum Eroeffnen eines Geschaeftchens braucht es anscheinend nicht viel mehr als einen Eimer Farbe und einen Pinsel, damit man - ungeachtet des unordentlichen Innern - die Hausfront einigermassen sauber anstreichen kann. Nur gerade die Fahrspuren sind geteert, die Randstreifen aber mit mehligem Staub bedeckt, weshalb auch die ganze Umgebung dreckig plus zusaetzlich gesprenkelt vom obligaten Abfall ist.
Wir lassen Chincha Alta und San Vicente de Cañete hinter uns. Auf den letzten 100km vor Lima haeufen sich die zur jetztigen Jahreszeit verlassenen Ferien-Siedlungen der wohlhabenden Lima-Bevoelkerung. Sinnigerweise ist von Norden her bis Cerro Azul auch die Kuestenstrasse in bestem Zustand und zu zwei getrennten doppelten Fahrspuren ausgebaut, damit die Wochenend- und Bade-Orte rasch erreicht sind.
Daher gelangen auch wir rasch in der peruanischen Hauptstadt Lima, bewaffnet mit dem detaillierten Stadtplan vom letzten Besuch her, auf direktem Wege an die Av. Tacna. Aber leider verkauft die Frios Mercantil keine 12V Kompressoren, wie wir ihn fuer den Kuehlschrank brauchen. Wir werden weitergereicht zu einem Betrieb mit ThermoKing-Vertretung in Callao. Man gibt sich alle Muehe, um eine Loesung fuer uns zu finden, telefoniert freundlicherweise herum und erkundigt sich bei potentiellen Konkurrenten, ob sie ein passendes Modell fuer uns an Lager haetten. Nichts zu machen - unsere Tochter Katja wird wohl in den sauren Apfel beissen und uns diese Ersatzteil aus der Schweiz mitbringen muessen.
Diesmal verschmaehen wir den Schweizer Club, der eher etwas abseits der gaengigen Pfade liegt. Der Hof des Hitchhiker Hostels, ebenfalls in Miraflores, liegt schon naeher am Geschehen und bietet als Zugabe erst noch wireless Anschluss. So koennen wir, nachdem wir die dringendsten Mails sprich Bestellungen unter die zustaendigen Personen gebracht haben, uns fuers Auswaertsessen bereit machen. Wir schlemmen uns durch das feine Buffet eines Chifa im 5. Stock an der Av. J. Pardo und schliessen den Ausgang mit einem Capuccino im Norkeys ab.

In Anbetracht unserer Verabredung mit unserer Tochter und Freund liegt aus nur eine Stippvisite von Lima drin. Am spaeten Morgen verlassen wir ueber die Panamericana Norte bereits wieder die Stadt in noerdlicher Richtung. Wir finden sogar noch den Betrieb, bei dem wir vor einem Jahr den Oelwechsel vornehmen liessen, und vertrauen ihm den Iveco wieder fuer dieselbe Arbeit an. Waschen dagegen, das Vehikel samt Unterseite, will niemand. Entweder hat man keine funktionierende Anlage, kein Wasser oder, diese Ausreden klar uebersetzt, ganz einfach keine Lust dazu.
Wir machen entlang der Route nach Ancón Mittagshalt. Die an und fuer sich kahlen hellsandigen Huegel sind mit fast schwarzem Staub bedeckt und, obwohl hoch ueber dem Meer gelegen, sieht man im trueben Wetter kaum bis ans Meer hinunter. Chancay ist gut genug fuer einen Tank-Zwischenstop. In Huaura endet die super ausgebaute Autobahn. Aber auch so ist nun auf breiter, gut unterhaltener Teerstrasse ein gutes Vorwaertskommen sicher. Die Gegend ist oede. Nur wo bewaessert, und dies fast ausschliesslich in der Naehe von Orten, werden Felder bestellt und vielfach Zuckerrohr angebaut. Ab Huacho befassen wir uns mit der Suche nach einem Uebernachtungsplatz. Von weitem lockt der Chorillos Strand von Barranca.Von Nahem jedoch stellt sich heraus, dass er zu dieser Jahreszeit am Abend komplett verlassen sein wird, was uns etwas unheimlich oder besser gesagt gewagt vorkommt. Deshalb stehen wir im Oberteil der Stadt und geniessen dafuer die Aussicht auf eben diese Playa, welche wie auch die Christus-Statue auf einer vorgelagerten Halbinsel nachts grossartig beleuchtet ist.
Vorbei am Cerro de la Horca von Paramonga mit den Chimú-Ruinen fahren wir weiter nordwaerts. Wir durchfahren eher langweilige Wueste ueber Huarmey bis nach Casma. Hoechstens, wo Auslaeufer der Berge fast bis ans Meer reichen, muessen wir mal kleine Huegel bewaeltigen. Die Gegend wirkt auch hier wegen des Garúa, der saisonbedingten Nebeldecke, grau und nur ab uns zu koennen wir wie beim Balneario Tortugas ueberhaupt die Kueste ausmachen. Chimbote, uns von der letzten Durchfahrt her stinkend in Erinnerung, praesentiert sich auch diesmal nicht attraktiver. Aber an der Plaza bei der neuen Strandpromenade direkt am Meer kommt man in Genuss von frischer Meeresluft, so dass wir auch diesmal hier wieder einen Halt, diesmal fuers Mittagessen, einlegen.
Auf der Weiterfahrt verschoenern immer wieder mal Sichelduenen die Stein- und Sandwueste. Wir meiden das Zentrum von Trujillo. Die Umfahrungstrasse fuehrt durch die grossflaechen Abfalldeponien der Hauptstadt des La Libertad-Deparementes, bringt uns aber dafuer direkt nach Huanchaco. Die Sonne hat sich am spaeten Nachmittag durchgesetzt. Wir goennen uns einen Capuccino im Otra Cosa und spazieren anschliessend wie so viele andere an der Strandpromenade Victor Largo. Man wartet auf den Sonnenuntergang, welcher durch die Spitzen der aufgestellten "Caballitos de Totora" seinen besonderen Reiz erhaelt. Einige Fischer haben Reusen am Strand mit Koeder versehen und paddeln oder reiten diese Schilfrohrpferdchen ins Meer in die untergehende Sonne hinein, um die Koerbe und Fischernetze auszulegen. Aus Erfahrung klug, machen wir uns jetzt ausser Saison gerade anschliessend und somit noch am fruehen Abend daran, uns ein Lokal fuers Nachtessen zu suchen. "Chicharron de Calamari" und fuer mich dasselbe mit "Pulpo" kommt relativ rasch auf den Tisch. Bald sind wir die einzigen Gaeste, und nach uns werden auch diesmal Menuetafel und Tisch und Stuehle reingeraeumt und Feierabend geklopft.
Wir entschliessen uns, nur wegen dieser einen Nacht nicht wie geplant das Huanchaco Gardens aufzusuchen, sondern stellen uns auf einen Parkplatz direkt am Meer etwas ausserhalb des Zentrums. Wir liegen schon in den Federn, als von der Strasse her ein Lautsprecher auffordert, vom Strand wegzufahren. Ein in einiger Distanz von uns parkiertes Auto setzt sich in Bewegung, aber wir ruehren uns nicht. Es erfolgt keine erneute Aufforderung und niemand doppelt nach oder klopft an den Camper. Vielmehr rollt das Auto der Policia Carreteras langsam weg und wir nicken beruhigt wieder ein.

Wo Wasser vorhanden, durchfahren wir wiederum riesige Felder mit Zuckerrohr, Mais oder Gemuese. Je weiter noerdlich ueber Pascamayo hinaus wir kommen, desto oefters wird auch Reis angebaut. Dies sind dann die schoeneren Stuecke entlang unserer Route. In kleinen Orten saeumen die Durchfahrt mit einfachsten Huetten, die Strassenborde davor und vor allem die ersten Kilometer vor und nach ausserhalb sind voll deponierten Abfalls und Bauschutts. So etwas wie eine Zonenordnung scheint es in all diesen Laendern sowieso nicht zu geben.
Nach Mocupe finden wir gluecklich die abzweigende Teerstrasse und wenige Kilometer spaeter vor Zaña auch die Feldstrasse, die uns ins Lambayeque-Tal bringt. Wohl haben wir Kilometern eingespart, aber wegen der harten steinigen Strasse ist der Zeitaufwand vermutlich etwa derselbe, wie wenn wir den weiteren Weg ueber Chiclayo gefahren waeren.

In Sípan in der Zone Huaca Rajada befinden sich zwei gewaltige Adobepyramiden, die bereits 1917 erstmals vom deutschen Geschaeftsmann Heinrich Bruening fotographiert wurden. Auch heute noch sind sie nicht aus den Huegeln ausgegraben, weshalb die Anlage nicht sehr imposant sich praesentiert. Erst 1987 wurde von Walter Alva neben einfachen Graebern das fuer einmal von Grabraeubern unberuehrte Grab eines vermutlichen Mochica-Herrschers entdeckt. Mit ihm zusammen waren ueberdies weitere 8 Menschen, Opfer der Beisetzungs-Zeremonie, begraben worden: ein Grabwaechter, drei junge Frauen, zwei Mochico-Krieger, ein weiterer Mann, Krieger oder Priester, sowie ein etwa 10-jaehriger Junge. Skelette von zwei Lamas und einem Hund wurden neben reichen Grabbeigaben gefunden.  Allerdings liegen hier am Fundort nur noch Replikas und die Originalstuecke dieses Grabes wie auch der zusaetzlichen beiden Kammern des "Alten Herrscher's" und vom Priester, 1988 resp. 1990 freigelegt, sind im Mueso Tumbas Reales zu besichtigen.
Uns ist kein Uebernachtungsplatz von andern Travellern bekannt, und auf der Durchfahrt von Chiclayo springt uns auch keine geeignete Stelle ins Auge. Deshalb fahren wir gerade direkt an die Kueste runter in den kleinen Strandort Pimentél, auch dieser mit einem langen, allerdings dem Verfall preisgegebenen Holzpier mit inzwischen komplett verrosteten Geleisen fuer ehemalige Schiffsbeladung. Man kann nicht laenger direkt dem Strand entlang fahren, da die einstige Strasse in eine Fussgaenger-Zone verwandelt sowie die anstossenden Haeuser sukzessive abgerissen oder in Ferienwohnungen umgebaut werden. Davor finden wir einen unserer Meinung nach sicheren Uebernachtungsplatz. Gerade noch vor Ladenschluss koennen wir bei enem der kleinen Restaurants unweit davon unser Nachtessen, Ceviche als Vorspeise, Arroz y Pato als Hauptgang bestellen. Deren unmittelbare Umgebung, die wir zuvor gar als Standplatz in Erwaegung gezogen hatten, scheint nach der Mahlzeit, da ein Restaurant nach dem andern schliesst, nun in der Dunkelheit weniger vertrauenserweckend. Obwohl nur einen kurzen Spaziergang vom geparkten Iveco entfernt, besteigen wir, vor allem weil ich mich (rein gefuehlsmaessig ohne direkten Grund) unsicher fuehle, ein Tuk-tuk fuer den Heimweg.

In der Hauptstadt des Departementes Lambayeque mit ueber 600'000 Einwohner, Chiclayo, herrscht trotz Sonntag ein geschaeftiges Treiben. Ob man den in den Reisefuehrern hochgelobten Mercado Modelo wirklich unbedingt gesehen haben muss, darueber kann man sich streiten. Wir haben auf unsern Reisen in verschiedensten Laendern und Staedten eben solche Mengen an Verkaufsbuden und Staenden mit einem Gewirr engster Durchgaenge erlebt. Der angeschlossene Mercado de Hierbas, der Kraeutermarkt, duerfte in der heutigen Zeit inzwischen auch an Bedeutung und Groesse eingebuesst haben. Noch werden Kraeuter und Likoere daraus, wodoo-artig anmutende Amulette, bedeutungsvolle Steine, Tierkoepfe und -Pfoten, Schlangenhaeute, Zauberstaebe neben Kreuzen und Heiligenbildern angeboten in steter Konkurrenz von moderneren, zwar noch homeopatischen aber bereits abgepackten und schreiend aufgemachten Produkten.
In 12km Entfernung liegt Lambayeque. Das Staedtchen steht im Schatten des sich rasanter entwickeltenden Chiclayo's, verfuegt aber in der Umgebung der auffallenden, maisgelben Kirche an einer gepflegten Plaza ueber ein noch fast homogenes Altstadt-Quartier von Haeusern mit Erken und Fenstergittern an schmalen, teilweise noch gepflaesterten Straesschen. Uns interessiert aber in erster Linie das Museo Tumbas Reales de Sipán. Ein auffallend weinrotes Gebaeude, einer Pyramide nachempfunden und mit drei Niveaus, betritt man - nachdem man mit Scannern gefilzt worden ist und ich demnach nicht mal den kleinen Fotoapparat reinschmuggeln kann - ueber eine Rampe. Die Dunkelheit im Innern wird gekonnt von den einzelnen Schaukaesten erhellt. Ausfuehrlich dokumentiert ist die Entdeckung und Freilegung der Grabkammern des "Señor de Sipán", seines Vorgaengers, des "Viejo Señor" sowie eines "Sacrados" (Priesters). Anhand der vielen Grabbeigaben konnten viele Thesen und Vermutungen ueber das Leben der Mochicos in der Zeit des 2. Jht. n.Chr., die angewandten Techniken in der Gewinnung und Verarbeitung von Metallen, in der Fertigung von Kleidern, Waffen und Keramik sowie von den Produktes aus dem landwirtschaftlichen Anbaus, Fischfang und Tauschhandel und somit ueber die Zusammensetzung Ihrer Ernaehrung erhaertet werden. Grossartig praesentiert mit praegnanten, spanischen Erklaerungen fasziniert uns diese einzigartige Sammlung, speziell die vielen Schmuckgegenstaende aus Gold, vergoldetem Kupfer, Silber, mit Verzierungen und Mosaiken in Tuerkissen, Muscheln und Korallen. Erstaunliches vollbrachten die Restaurateure, wenn man die ersten Bilder der korridierten, zerfallenen Gegenstaende mit den glaenzenden Prachtstuecken, welche aber immer noch eine Ecke oder ein Teilstueck zum Vergleich im Urzustand aufweisen, vergleicht.

Unerwartet viel Zeit kostet uns nach einem nur kurzen Internet-Besuch die Suche nach einem Wasserhahn, aus dem auch wirklich das benoetigte Nass mit etwas Druck sprudelt. Schliesslich schaffen wir es im fuenften Anlauf bei einer Tankstelle, Wasser, das gemaess der Information des Tankwarts nur zum Duschen benutzt werden kann, in den Tank zu bekommen. Da wir sowieso das komplett "tote" fade Wasser schon ueber haben und es zudem mangels funktionierenden Kuehlschrank nicht kuehlen koennen, damit es etwas geniessbarer wird, legen wir uns erstmals seit Langem zwei Flaschen kommerziell abgefuelltes Trinkwasser zu. Gleichzeitig koennen wir uns am selben Stand noch mit einem Muster der hiesigen kulinarischen Spezialitaet King Kong, gebacken aus Kuchenteig und mit dazwischen uebereinander geschichteter Milchcreme verschiedenen Aromas zwar zulegen, aber spaeter wegen der unglaublichen Suesse nicht mal verzehren. Zum Uebernachten stehen wir ausserhalb Mórrope bereits in der sogenannten Desierto de Sechura in einer flachen Kiesgrube.

Zwar ist es links und rechts von Ruta 1N sandig, aber ab und zu muessen sich, den vielen "desvios" nach zu schliessen, wo die bisherige Strasse unterbrochen und eine Ausweichsfurt mit betonierter Sohle angelegt wurde, doch riesige Wassermassen fliessen. Die relativ baren Flaechen mit einzelnen Duenen weichen schliesslich einer mit duerren Buescheln bewachsenen Zone. Piura mit seiner ¼-Mio. Einwohnern lernen wir nur auf der Durchgangsstrasse kennen. Die Stadt verdankt ihre relativ starke Industrialisierung der Erdoelfoerderung vor der Kueste. Wir profitieren von einer anstaendigen Werkstatt und lassen die faellige Rotation der Raeder vornehmen. Nachdem wir die Hoffnung schon aufgegeben hatten, finden wir auch noch eine Tankstelle, die GLP verkauft zum Auffuellen unseres Gastankes.
Sullana am Rio Chira ist eine staubige Stadt mit subtropischem Klima, und erstmals seit langem haben wir wieder Temperaturen ueber 30oC. Wie ueberall gewaertigen wir auch hier auf der Durchfahrt die uebliche Mixtur von Gewerbe und Wohnhaeusern, welche immer wieder von Arealen voll Abfall auch im Besiedlungskern durchzogen wird. Um Talara, dem Erdoelzentrum Peru's, herum stehen die wippende Oelpumpen wie grosse nickende Stoerche im trockenen Busch. Wir konzentrieren uns eher auf die naeherrueckende Kueste, wollen wir doch einen Platz fuer einen Ruhetag moeglichs nahe am Meer finden. Bei Los Organos erblicken wir schon mal den sandigen Uferstreifen.
Dem Ausdruck "traumhaft", welcher fuer Máncora in den Reiseempfehlungen angewandt wird, koennen wir uns nicht anschliessen. Die Durchgangsstrasse zerschneidet den Ort voller Hospedajes, der bei Surfern und Kitern beliebt ist und in dem zwischen Dezember und Maerz sich die Unterkunftspreise um die Haelfte erhoehen sollen. Auch jetzt stromert noch eine stattliche Anzahl von jungen hippie-aehnlichen Touristen an den vielen Restaurants an der Hauptstrasse entlang. Grosse Teile der Viertel sehen aber eher wie Slums als wie Teile eines Ferienortes aus. Mit dem Camper finden wir keinen direkten Zugang ans Wasser, deshalb faellt es uns noch leichter, unser Glueck im naechsten Badeort zu versuchen.
Punt Sal ist dann, was wir uns erhofft haben ein ruhiges Dorf, allerdings bereits mit einem neuerbauten Haus neben dem andern bis weit zum Zentrum hinaus an schoenem Sandstrand. Wir machen mehrere, uns unbefriedigende Versuche, das Auto direkt am Strand zu parken. Schliesslich entdecken wir einen andern Camper mitten im Dorf auf dem feinen Sand direkt am Meer stehen. Uns hatten Barrieren erst davon abgehalten, es ihm gleichzutun, aber nur solange bis wir von einem Anwohner die Zusicherung erhalten, dass Zufahrt und Strand oeffentlich seien. Also stehen wir nun ebenfalls direkt am Wasser, haben bereits ein Bad (und ich einen Sturz durch eine grosse Welle) hinter uns. Wir lassen einen zweiten, wenn auch leicht bedeckten Tag an diesem schoenen Standplatz verstreichen. In 50m Entfernung haben wir ein Restaurant zu unserer fast alleinigen Verfuegung und tafeln unerwartet fein frischen Fisch.und koennen gar nicht alles aufessen, was wir an Ceviche und Hauptspeise bestellt haben, so reichlich sind die Portionen.

Heute Mittwoch, 28. Mai bringen wir uns vorlaeufig letztes Wegstueck in Peru hinter uns. Auf Ruta 1A streben wir Tumbes entgegen. Entlang der Kueste liegen einsame Straende, sandig zwar aber meist schmal. Ueberall hat man angefangen, Cabañas oder Teile von Balnearios zu errichten. Wir koennen allerdings nicht beurteilen, ob sie nie fertiggestellt wurden oder sich immer noch im Bau befinden. Touristen verirren sich vermutlich mehr als selten in diese eher abgelegene Region, die - wenn ueberhaupt - nur eine minimalste Infrastruktur bietet.
Der Grenzuebertritt in Huaquillas ist nicht der einfachste in Bezug auf die Oertlichkeiten. Die persoenliche Ausreise aus Peru hat sich rasch erledigt und wir ueberpruefen diesmal den hinter einer Sichtblende in die Paesse geklopften Immigration Stempel genau nach. Wir rollen weiter auf der Hauptstrasse dicht flankiert mit Verkaufsstaenden und Laeden, wo man sich noch mit allem Moeglichen eindecken und somit die letzte Einkaufsgelegenheit in Peru wahrnehmen kann. Uns kommen schon Zweifel, ob wir den peruanischen Zoll verpasst haben, als wir dann mitten im Gewimmel doch noch auf die "Aduana" stossen. Hier macht man kurzen Prozess, aber entgegen unserem Wunsch wird die Ausfuhr des Vehikels nicht ins aufgeschlagene Register eingetragen sondern nur auf einem Fresszettel notiert. "No problema" - hoffen wir's bei der naechsten peruanischen Einreise!
 
Weitere Fotos: siehe
Galerie / Peru IV - Nr. 3871-4079

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