17.-30. September 2004 - Nepal

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1975 spaehten wir schon mal ueber diese Bruecke, allerdings von der nepalesischen Seite her nordwaerts. Zu diesem Zeitpunkt war es unmoeglich, als Einzeltourist in China herumzugondeln und wir haetten uns nie vorgestellt, dass wir das fast 30 Jahre spaeter im eigenen Camper von der Gegenseite her ueber eben diese "Friendship Bridge" rollen wuerden. Allerdings scheint uns diese Ecke der Welt nicht unbedingt freundschaftlich gesinnt zu sein wie es der Name nahelegt und wird uns immer als mit Autopannen gespickt in Erinnerung bleiben. Brach letztes Mal kurz davor die Steckachse entzwei und das linke Hinterrad rollte deswegen buchstaeblich davon, bricht uns nun am 17. September 2004 kurz vor dem Grenzuebertritt die hintere linke Blattfeder und erfordert einen Ueberkleid-Einsatz von Fredy.
Nach Zhangmu geht es noch fast 8 km auf schmalster Strasse den steilen Berghang hinunter, bis am Aussenposten als letzte Amtshandlung der chinesischen Seite unsere Papiere nochmals oberflaechlich kontrolliert werden. Niemand merkt, dass Fredy die chinesische Autonummer schon demontiert hat und unser Fahrzeug bereits wieder unter ZH 83 544 zirkuliert. Das grosse Gittertor wird geoeffnet, und wir schlaengeln uns durch das Chaos darauf Richtung Nepal durch. Nun ist es das nepalesische Tor, das vor uns vorlaeufig verschlossen bleibt. Ich mache mich mit den Paessen auf den Weg, in den vielen Huetten und Leuten die richtige Stelle fuer die Einreisestempel, das Immigration Office, zu finden, waehrend Fredy das Auto huetet respektive das Tor absichtlich blockiert, so dass man ihn gemaess unserer Erfahrung beim ersten naechsten Oeffnen schon reinlassen muss, um Platz zu schaffen. Der Einwanderungs-Offizier von Kodari ist aeusserst freundlich und korrekt und unsere Paesse sind im Nu gestempelt. Beim Customs Office bin ich die einzige Frau und werde mit ausgesuchter Hoeflichkeit behandelt (sind es die grauen Haare?). Die erste Frage gilt dem Carnet de Passage. Dieses ist auch fuer Nepal gar nicht gueltig, aber was soll's - wenn sich das Prozedere damit vereinfacht. Das Dokument wird sofort weitergereicht und ich gelange an einen nepalesischen Gentlemen, so richtig noch Verwaltungsbeamter nach altenglischer Manier, aber in typischer nepalesischem Tenue mit den engen hellen Hosen und Hemd, Gilet und dem Kaeppi. Er verwaltet die erforderlichen kostbaren Stempel samt mehr oder weniger eingetrocknetem Stempelkissen und hat die Berechtigung, den Eintrag ins grosse Buch vorzunehmen. Die aufgeschlagene Doppelseite ist schon komplett, aber ich bin vollends damit einverstanden, mich noch bescheiden unterhalb der Linien als zusaetzliche Nummer einzutragen, damit er nicht noch an diesem Tage neue Kolonnen als Fortsetzung malen muss (das koennte Stunden in Anspruch nehmen, so kompliziert und korrekt wie er ist!). Alles in allem dauert es nur eine dreiviertel Stunde, um zolltechnisch offiziell nach Nepal einzureisen.
Der Nieselregen ist in einen heftigen Regenguss uebergegangen. Die enge Dreckstrasse verwandelt sich in unzaehlige Tuempel. Alles sieht im dicht gedraengten Ort noch trister aus. Fredy steht mit dem Camper bereits in Nepal, als ich aus dem Abfertigungsgebaeude komme und wir koennen ohne Verzug weiterrollen, denn der Militaerposten am letzten Gate ist mehr oder weniger nur Garnitur und wenig darauf erpicht, im Regen nochmals alles durchzuchecken.
Wir koennen uns ueberhaupt nicht mehr erinnern, wie dieser Ort und die Gegend seinerzeit ausgesehen haben. Ganz sicher war sie nicht so voller aermlicher Huetten. Wegen der vielen wartenden LKWs und Chauffeure ist sie heute hier wie schon auf der chinesischen Gegenseite auch offensichtlich reichlich mit dem aeltesten Gewerbe der Welt ausgestattet. Die Strasse jedenfalls ist keinen Deut besser - im Gegenteil, es heisst einige kritische rutschige Stuecke zu ueberwinden, als wir relativ vorsichtig und langsam das enge Tal abwaerts fahren. In den kleinen Orten sind ueberall meist rot gekleidete Frauen singend und tanzend entweder zu oder von Tempeln und kleinen Opferstaetten her unterwegs. Zur Zeit findet das dreitaegige Tij-Festival statt, an dem die Frauen erst einen Tag lang fasten, nachher fuer das Wohlergehen ihrer Gatten oder Zukuenftigen beten und dann als Abschluss froehlich feiern.

Zwar konnten wir an der nepalesischen Grenze die Uhr um 2 ¼ Std. zurueckstellen, doch die Sonne konnten wir nicht verruecken. So beginnt es jetzt eben gegen 18.ooh nepalesischer statt erst um 20.ooh chinesischer Zeit einzunachten, und im engen Tal geht der Prozess noch schneller vor sich. So passiert, was wir eigentlich vermeiden wollten. In Barabise sind wir zwar bereits auf Teerstrasse, aber es faengt beim Regenwetter schon an zu dunkeln. Die restlichen der schon nur 167 Kilometer von der Grenze via Bhaktapur legen wir zum Schluss im Dunkeln zurueck. Dies ist hier wie in Tibet nicht ganz ungefaehrlich, denn niemand ist mit Licht unterwegs und Strassenbeleuchtung sowieso ein Fremdwort. Schon beim Einnachten im diffusen Licht muss man gut aufpassen und nachts ueber die erst noch kurvenreiche Strasse wird es nicht einfacher. Wegen der Feiertage sind viele Leute allein oder in Gruppen unterwegs, und als wir uns der Hauptstadt naehern, nimmt die Besiedlungsdichte und der damit verbundene Verkehr immer mehr zu.
Wir fahren einfach auf gut Glueck auf der Hauptstrasse Kathmandu zu, seit der Grenze im Linksverkehr wohlverstanden, und hoffen auf ein Déjà-vu, das aber nicht eintritt. Die Stadt ist dermassen gewachsen, dass wir nicht mal wissen, wo ueberhaupt das Zentrum liegt. Kilometerlang fahren wir an 2-3 stoeckigen, mal noch nicht fertiggebauten, mal schon wieder halb zerfallenen Wohn- und Geschaeftsgebaeuden vorbei. Irgendwann faengt die Oberleitung einer Trolleybus-Linie an, also muessen wir uns im Vorort befinden. Die ersten annehmbaren Esslokale, alle mit Fast Food Restaurants bezeichnet, lassen sich sehen. Schliesslich halten wir auf hungrig bei einem und klaeren ab, ob wir auch mit US $ bezahlen koennten. Zu unserer Schande haben wir es versaeumt, den Wechselkurs im Vornherein abzuklaeren, aber die 71.- nepal. Rupees, die aus dem Herausgeld sich herauskristallisieren, sind akzeptabel, wie sich spaeter herausstellt. Und wie wir diesen ersten Sizzler-Teller mit seinen Chips geniessen! Einen Uebernachtungsplatz zu finden, ist dann nochmals ein anderes Thema. Wir machen einen Abstecher ab der Durchgangsstrasse und landen hoffnungslos in engsten Gassen. So rollen wir mal frech auf den Parkplatz des Everest Erstklass-Hotels, der nicht wie in China von einem Watchman kontrolliert und mit der Hotelgaeste-Liste verglichen wird, so dass wir da einfach zum Uebernachten stehen bleiben.

Am Samstag-Morgen tauchen wir ins Stadtgewimmel von Kathmandu ein. Alles ist hier auf Tourismus ausgerichtet. Guesthouse an Hotel, Restaurant an Souvenirladen, Book Shops und Travel Agencies, ein buntes Leben, aber mehr Verkaeufer als Interessenten, die vom Angebot Gebrauch machen. Wir fragen uns zum Tibet Guest House und dem dahinterliegenden Hama Hotel durch. Einen einzigen Abstellplatz gibt es da, sogar im Schatten von Gebaeude und Baeumen, und fuer ganze 100.- R. ist der Manager gerne bereit, ihn uns zu ueberlassen. Das Auto zwischen Rischkas, Volk und normalen Fahrraedern sowie der hauptsaechlich verkehrenden Taxis und Kleinbusse hindurch dahin zu chauffieren ist dann noch eine delikate Aufgabe, die ich gerne Fredy ueberlasse. Schliesslich sind wir am Ziel und schaetzen uns gluecklich, so "mitten im Kuchen" aber doch etwas abseits vom Trubel zu stehen.
Bei unserem ersten Aufenthalt in Kathmandu bewegte sich die Szene der Traveller noch in und um die Freak Street herum oder entlang der Kantipath, aber heute lockt vor allem das Thamel-Quartier die Touristen an. In der New Road, die offiziell als Geschaeftsstrasse gilt, werden vor allem die aus Bangkok, Singapur und HongKong importierten Waren angeboten, waehrend die umliegenden Gassen voller traditionell Miniatur-Laeden und wenig einladenden nepalesischen Kleinstrestaurants sind. Touristen sieht man zwar ueberall, aber - wie uns auch die Geschaeftsleute bestaetigen - in zu bescheidener Zahl. Ab Oktober beginnt angeblich die wahre Saison hier in Nepal, und alles hofft auf einen markanten Aufschwung und Grossandrang.
In den folgenden Tagen bleibt die Baumann'sche Kueche geschlossen. Jeden Abend suchen wir ein anderes Restaurant auf und essen uns nach Herzenslust durch hauptsaechlich "western food" und Fleisch, Kaffee und Kuchen. Auf dem Roof Top vom "Helena" werden wir zwar verregnet, im "Pumpernickel" und im "New Orleans" hingegen sitzt man im Gartenrestaurant unter Dach, im "Third Eye" essen wir dafuer unter einem klaren Sternenhimmel, beim "Weizenbaecker" gibt's vom Einnachten an alle Back- und Kuchenwaren zum halben Preis, im "Fire and Ice" sowie im "Road House" stehen italienische Spezialitaeten auf der Speisekarte, vor allem koestliche Pizzas, und zum Schluss versuchen wir gar die thailaendische Kueche. Das Essen in Restaurants ist nach schweizerischen Masstaeben guenstig. Zu Zweit gibt man fuer ein komplettes Nachtessen und Getraenke zwischen 500-1'000 nepal. Rupees (7/14.- US) aus, trotzdem rollt der Rubel/Rupee im Gegensatz zur gastronomisch kargen Zeit in China und Tibet nur so! Wir treffen die beiden Biker vom Mt. Everest Base Camp wieder, den Franzosen Tony und den Kanadier Jeff mit seinem Liegevelo. Auch Ruth und Flaviu aus Darchen checken wie abgemacht im selben Hotel ein wie wir, so dass wir Gesellschaft im Ausgang haben. Auch die Adventurer Biker treffen wir am Flanieren in den Gassen von Kathmandu vor ihrem Heimflug in die Schweiz.
Hat man sich den Bauch vollgeschlagen und allen Durst geloescht, kann man noch in Souvenir aller Arten investieren. Angeblich sollen die tibetischen Andenken hier guenstiger als im Ursprungsland zu erwerben sein. Wir geniessen es vor allem, durch Tausch unserer Taschenbuecher in einem der vielen second hand Buecherlaeden zu neuer Lektuere zu gelangen und wieder einmal eine Zeitung zu Gesicht zu bekommen. Erst sind wir mit der Kathmandu Times zufrieden, dann lesen wir uns durch einen ganzen Stapel Auslands-Tagesanzeiger vom CH-Konsulat. Das Paket mit den aus Deutschland bestellten und von zuhause an die Schweizer Vertretung weitergeleiteten Heizungsteilen konnte Fredy vom Hauptpostamt abholen. Aber nach wie vor duschen wir "erfrischend" kalt, wenn wir nicht Duschwascher waehrend des Fahrens waermen koennen. Auch mit den neuen Ersatzteilen erzielen wir keinen Funken Leben respektive Waerme weder mit der Primus- und hoechstens stinkenden Rauch mit der Webasto-Diesel-Standheizung, und das obwohl sich das angebliche Haupthindernis, die Meereshoehe von Tibet, mit den nur 1'312 m von Kathmandu erledigt hat.
Wir durchstreifen ein uns voellig neues Kathmandu. Wir vermoegen uns noch an einzelne Sehenswuerdigkeiten erinnern, muessen dann aber feststellen, dass wir selbst diese kaum mehr wiedererkennen, weil deren Umgebung sich so drastisch veraendert hat.
Wir steigen wir ueber die lange Treppe an der Ostseite zur Stupa von Swayabhunath hinauf, einer der heiligsten Orte der Stadt. Wegen der vielen an ihr herumkletternden Affen wird die Anlage auch Monkey Temple genannt. Sie liegt auf einem Huegel westlich von der Stadt und von ihr aus hat man einen schoenen Ueberblick ueber ein immens gewachsenes Kathmandu in einer saftig gruenen Umgebung, aber zur jetztigen Jahreszeit keine Chance, einen Blick auf die heere Bergwelt des Himalayas zu tun.

Um zu diesem Tempel zu gelangen, ueberquert man den Vishumati River. Der hingegen ist noch mindestens so dreckig, wenn nicht noch schmutziger, wie wir ihn in Erinnerung hatten. Er wird als offentliches WC und zur Abfallentsorgung missbraucht. Spaziert man seinem Ostufer entlang, kommt man durch aermste Quartiere, deren Einwohner sich als Muellsortierer betaetigen. Der Gestank ist unertraeglich und in den stinkenden Haufen suchen sich Vieh und Haustiere der Anwohner, Wasserbueffel, Kuehe, Hunde und Schweine, ihr Futter.
Will man als Tourist ueber den Durbar Square (Koenigshof) in Kathmandu marschieren, wird man von Ordnungskraeften aufgehalten und entrichtet an den eigens eingerichteten Ticket-Haeuschen als auslaendischer Besuch erstmals einen Tribut von 250.- R. an den Unterhalt dieser Ansammlung von Tempeln, welche ins Inventar des schuetzenswerten Welt-Kulturgutes aufgenommen wurde. In einem separaten Prozedere und gegen Vorweisung des Passes kann man das Zutrittsbillett wenigstens ohne Mehrkosten in einen mehrtaegigen Visitor's Pass mit Passfoto umwandeln.
Frueher sass man auf den Stufen zum Triloky Mohna Narayan und erhielt Zigaretten oder "Cookies" (mit Hasch angereichert) angeboten. Heute wird man staendig von Bettlern oder Moechtegern-Guides bedraengt. Viele Gebaeude sind eingeruestet und befinden sich in steter Renovation. Im Kumari Bahal (Kloster der Jungfrau) wohnt die Kumari Devi oder "jungfraeuliche Goettin", ein junges Maedchen der Skakya-Kaste, im Alter von 2-4 Jahren auserkoren. Sie wird, bis sie den ersten Tropfen Blut, meist bei der ersten Menstruation, verliert als Inkarnation der Goettin Taleju betrachtet. Ihr Aussehen, Frisur und die rote Robe, ist genau reglementiert. Ihre Fuesse duerfen den Boden nicht mehr beruehren, weshalb vor ihr staendig weisse Tuecher ausgebreitet werden. Zu ihren Hauptaufgaben gehoert das Empfangen von Glaeubigen, die um eine Audienz ersucht haben. Ihr Verhalten waehrenddessen wird dabei genaustens beobachtet und aufgrund ihrer Gesten und Gesichtsausdruck die Zukunft des Heilsuchers interpretiert. Waehrend die andern Kumaris, welche in Patan oder Bhaktapur residieren, auch mal am Palastfenster beobachtet werden koennen, sieht man die Kumari von Kathmandu nur zu Indra Jatra, einem mehrtaegigen Fest zu Ehren des Regengottes Indra im September. Nach Ehrensalut und Opferung einer Ziege wird sie in einer Saenfte in einer Prozession durch die Stadt getragen und dabei mit Blumen und Muenzen von den Glaeubigen ueberschuettet.

Wesentlich teurer ist hingegen gar der Zutritt zur altertuemlichen Stadt und zum Durbar Square von Bhaktapur. Wir haben unsern Camper in Kathmandu gelassen und sind fuer 800.- R. mit einem Taxi hingefahren, das uns genau vor der Kasse aussteigen laesst. Stolze 750.- R./10.- $ verlangt man da pro Kopf und Tag und duerfte damit so manchen Backpacker mit bescheidenem Budget von einem Besuch abhalten. Ist man ortskundig, kann man allerdings der Kontrolle entgehen und nach kleinen Umwegen gratis durch den Ort schlendern. Wir sind denn auch bei unserem Stadtbummel durch die Gassen mit ihren dunkelroten Lehmziegelhaeusern praktisch die einzigen Touristen, und auf dem bekannten Toepfermarkt sehen wir nur Hunderte von grob in nur wenigen Ausfuehrungen und Mustern geformte und gebrannte Gefaesse, aber keine interessierten Kaeufer.

Eine andere Taxifahrt bringt uns (fuer 1100.- R.) als Erstes zur Stupa von Bodnath, 6 km nordoestlich vom Stadtzentrum, die mit ihren 40 m Durchmesser eines der groessten buddhistischen Bauwerke der Welt ist. Da sie vor allem von tibetischen Buddhisten verehrt wird, liegt sie inmitten einer kreisfoermigen, fast ausschliesslich tibetischen Siedlung. Auf einem vierstufigen quadratischen Sockel erhebt sich eine glockenformige Kuppel. Auf dieser steht analog der Swayabhunath-Stupa ein quadratischer Turm mit 13 Stufen, die sich nach oben verjuengen und die 13 Stadien spiritueller Erkenntnis symbolisieren, und mit einem Schirm als Sinnbild der Erleuchtung als Abschluss. Von der Seite des Turm ueberblicken die Augen des Buddha das Geschehen, ebenfalls wieder mit einem zusaetzlichen "dritten Auge" versehen und der nepalesischen Ziffer "1" als Nase.
Zweite Station ist Nepal's wichtigster hinduistischer Tempelkomplex Pashupatinath, etwa 5 km oestlich der Innenstadt unweit des Tribhuvan Airport. Die Perser verwendeten anfaenglich das Wort Hindu nur fuer die Bewohner des des Landes des Flusses Indu (den sie aber nur "H"indu aussprechen konnten), also fuer die Inder. Die urspruengliche hinduistische Lebensart oder besser Religion, die sich herausbildete, war von grosser Toleranz gepraegt (deren heutige Verschlechterung der Politik angelastet werden muss). Im Gegensatz zu den meisten anderen Weltreligionen kennt man keinen Alleinanspruch auf die Wahrheit, sondern sieht alle Religionen als verschiedene Wege zum Ziel. Da der Hinduismus selber Tausende von Goettern hat, wird jeder geduldet, der zu einer der zahlreichen Formen Gottes betet. Herausragende Goetter sind die Dreifaltigkeiten (Trimurti) des Brahma (Schoepfer des Universum), Vishnu (Erhalter) und Shiva (Zerstoerer), wobei nur die letzteren beiden verehrt werden.
Erneut wechseln 250.- R. pro Kopf den Besitzer, bevor wir zu zur Bruecke ueber den Bagmati-Fluss hinuntersteigen koennen. Am "Ufer der Sonne" (Surya Ghat) werden auf Plattformen gewoehnlich Sterbliche nach ihrem Tode verbrannt, waehrend die Arya Ghats (Ufer der Adligen) nur Verwandeten der Koenigsfamilie vorbehalten sind. Unter aller Augen wird Brennholz aufgeschichtet, der Verstorbene draufgelegt, mit Schilfmatten bedeckt und relativ formlos nach kuerzestem Ritual der Stapel in Brand gesteckt. Das Hauptheiligtum, ein riesiger Shiva-Lingam, das Fruchtbarkeitssymbol Shivas, koennen nur Glaeubige besuchen, da der Zutritt zum Tempel durch seine vier Tore nur Hindus gestattet ist. Auf dessen gegenueberliegenden Fluss-Seite liegen innerhalb weiterer Tempelanlagen 11 weisse Chayitas, in denen je ein Schrein Shivas sich befindet. Sie werden von einer ganzen Herde Affen bevoelkert, vor denen man sich hueten muss. Eine Treppe fuehrt zum Goraknath-Tempel hinauf, wo viele Sadhus, manche fuerchterlich aussehende Asketen, die langen Haare auf dem Kopf aufgetuermt, mit fast kriegerischer Bemalung, wohnen. Andere leben etwas abseits in Hoehlen an den Flussufern. Will man sie fotografieren, muss man einen Obulus entrichten. Fredy ist mit 100.- R. einverstanden und bezahlt den vereinbarten Betrag fuer die ganze Gruppe, waehrend die Sadhus eigentlich mit einer Hunderternote pro Kopf gerechnet hatten.

Als drittem und letzten Besuchziel lassen wir uns zum Abschluss nach Pathan kutschieren und geniessen da den ruhigen, relativ sauberen und fast gepflegt wirkenden Durbar Square. In einem Tempel unweit davon ist viel Betrieb und unzaehlige Glaeubige, nicht nur Frauen, sondern auch juengere und aeltere Maenner, mit Opfergaben ausgeruestet, waren in langen Schlangen, bis sie Zutritt zur Buddha-Statue haben. Es herrscht eine freundliche Atmosphaere und wir schlendern ungehindert mitten durch die Glaeubigen. Ueberall sind kleinere Verehrungsstaetten, alle mit leuchtenden orangen und roten Blueten und rotem Farbstaub zum Zeichen der Verehrung verschoenert oder schon fast verunstaltet. Kinder rennen durch den ganzen Trubel. Ueber allem haengt der Duft der Raeucherstaebchen und vor den Gebaueden sitzen weise Maenner, die den Interessierten gegen Entgeld aus der Hand lesen oder sie segnen.
Nepal, eigentlich eine Monarchie, hat seit einiger Jahren Probleme mit Rebellen, die ein maoistisches Regierungssystem anstreben. Um eine Aenderung zu bewirken und die heute profitierende Gesellschaftsschicht empfindlich zu treffen, werden vermehrt auch Infrastrukturen des Tourismus in Mitleidenschaft gezogen. Das Land und seine Sicherheitslage ist ein staendiges Thema in den Empfehlungen des EDA, worin von Reisen in vereinzelte Regionen ganz abgeraten wird und von einer im ganzen Land generell angespannten Lage mit Gefahr von Anschlaegen, Strassenblockaden und Generalstreiks, die alles lahm legen, die Rede ist.
Den Nepalnews im Internet koennen wir entnehmen, dass fuer die Zeit des kommenden Indra Jatra, beginnend am Tage vor Vollmond im September, am 28. und 29., zu einem Streik mit leeren Strassen ohne jeglichen privaten oder oeffentlichen Verkehr und geschlossenen Geschaeften aufgerufen wird. Waehrend wir normalerweise speziell zu diesem Anlass in die Hauptstadt gefahren waeren, beschliessen wir aufgrund dieser Situation jedes Risiko zu vermeiden und darauf zu verzichten, das Festival hautnah mitzuerleben, um auf keinen Fall als auslaendische Touristen oder gar in unserem fremden Fahrzeug in unberechenbare Menschenansammlungen oder zu befuerchtende Ausschreitungen zu geraten. Wir packen deshalb unser "Waerli" zusammen und verlassen die angenehmen Gefilde.
Katmandu adieu. Wir muessen uns Am Samstag-Morgen, 25. September 2004, frueh aufmachen, wollen wir vor dem angesagten Streik bis in den Chitwan Park kommen. Wir brauchen schon eine Stunde, bis wir nur an den Stadtrand von Kathmandu gelangen, wo wir Richtung Pokhara abbiegen koennen. Verkehrs-Deorganisation herrscht wie immer und ueberall steht an der Strasse Militaer in den auffaelligen blau gescheckten Anzuegen. Sie errichten mit einfachsten Mitteln, sei es mit alten Pneus, Steinen oder Faessern Schikanen, die den Verkehr verlangsamen und einspurigen Verkehr bewirken. Vor diesen muesste man an und fuer sich halten, doch je nach Tageszeit oder Einsatzlust sind sie auch mal nicht besetzt. Busse muessen vielfach ihre Passagiere aussteigen und zu Fuss durchmarschieren lassen. Kastenwagen werden schon mal geoeffnet, wir als Touristen passieren aber meist ungeprueft. 15 km ausserhalb der Stadt will man dannan einer derartigen Kontrolle etwas von uns, vermutlich eine Weggebuehr. Aber Keiner kann englisch und wir sind begriffstutzig, so dass wir schliesslich durchgewinkt werden.
Wir fahren durch die typische nepalesische Region auf einer kurvenreichen, minimal unterhaltenen Strasse, die sich Prithwal Rajarg Highway nennt. Unterwegs sind viele Kamikaze-Lastwagen und -Busse. Hinter jeder der unuebersichtlichen Kurven muss man mit einem Vehikel gerade am Ueberholen und einfach aus Gedankenlosigkeit auf unserer Seite resp. Fahrspur rechnen. Wir sehen viele schwer eingedrueckte Busse und verunfallte LKWs, denen ein Ausweichen anscheinend nicht mehr geglueckt ist. Gefahren wird hier, was der "Goeppel hergibt", selbst abwaerts, und keiner denkt ans rechtzeitig Bremsen. Zweiraeder un- oder motorisiert, Leute entweder zu Fuss unterwegs, seelenruhig an der Strassenkante sitzend oder am Waesche waschen an einer der unzaehligen Wasserstellen, wo mit einfachen Schlaeuchen eine improvisierte Wasserleitungleitung eingerichtet wurde, spielende Kinder und Vieh aller Arten tragen auch nicht gerade zur Verkehrsberuhigung bei. Wir geniessen die saftig gruene Gegend, die vielen kleinsten Terrassen mit Reisfeldern bestueckt. Je weiter wir uns der Hauptstadt entfernen, desto weniger verlottert sehen die Behausungen links und rechts der Strasse aus. Hier scheint man wieder etwas mehr Wert und Geld auf den Unterhalt zu verschwenden und ab und zu eine Mauer zu verputzen. In der reichen Vegetation fallen zudem auch die Abfaelle weniger auf und die Sicht auf den Fluss Trisuli im Tal unter uns lenkt sowieso davon ab.

Wir sind noch am Abwaegen, ob wir zum Mittagessen einen Abstecher nach Ghorka (wo die beruehmten Gurkha-Soldaten der englischen Armee seinerzeit herkommen) machen wollen, als wir auf eine stehende Kolonne auffahren. Wir haben Mugling erreicht, wo sich die Strasse gabelt entweder weiter in westliche Richtung nach Pokhara oder suedlich nach Bharatpur und zur indischen Grenze. Ein Chaos sondergleichen beginnt, und das sicher jeden Tag. Da zeigt sich weder Militaer und schon gar kein Polizist. Laufen tur nur noch der Schweiss und unsere kleinen Ventilators, die uns in Genuss einer kleinen, wenn auch warmen Brise bringen. Wiir ueberholen wie die andern privaten Vehikel die vielen LKWs und Busse und stehen wenigstens um 12.30 h schon fast im Ort selbst. Grund fuer den Stau ist nur das undisziplinierte Verkehrsverhalten und das ungeordnete Halten, Aus- und Einsteigen-Lassen der Busse, welche jeden vernuenftigen Verkehrsfluss unmoeglich machen. Immer nur meterweise rutschen wir vorwaerts, essen zwischendurch fliegend Zmittag, um unsere Chancen zu wahren, und haben es schliesslich nach einer Stunde geschafft, dieses Getuemmel hinter uns zu bringen.

Kurz vor Pokhara dann verschlechtert sich die Strasse nochmals und strotzt nur so von Schlagloechern. Aber mit dem Ziel in Sichtweite traegt man das mit Fassung. Wir durchrollen den Ort, kaufen einige Fruechte und etwas Gemuese fuer das Nachtessen ein und suchen den See beruehmten See. Wir haben in Erinnerung, auf weiter Flur allein am Ufer gestanden und campiert zu haben, aber das sind effektiv vergangene Zeiten. Ein ganzes Touristen-Quartier hat sich unweit des Ufers etabliert, vergleichbar mit denselben touristischen Einrichtungen in Kathmandu. Nur sieht hier man noch weniger Touristen als in der Hauptstadt! Wir umfahren den Fewa-See am oestlichen Ufer bis zu den Verlandungen, drehen wieder zurueck und parken auf einem etwas erhoehten Ausweichstueck direkt oberhalb des Wassers mit herrlicher Aussicht zurueck auf den Ort. Niemand kuemmert sich um uns und wir sitzen in angenehmer abendlicher Kuehle zum Abschalten erst etwas vor dem Auto und geniessen die Stille der Umgebung.
Wir wollen uns nicht lange hier aufhalten, aber um unsere Neugierde zu befriedigen, durchrollen wir Pokhara vor der Weiterfahrt. Einmal reisst sogar unerwartet der bedeckte Himmel auf und praesentiert uns eine Viertelstunde lang klar den Annapurna-Gipfel, die Hauptattraktion dieser Gegend. Um 10.ooh morgens ist viel Betrieb und ueberall sind Schueler/innen in ihren Uniformen unterwegs. Viele werden in Schulbussen durch die Gegend gekarrt, ganz englisches System. Der neue riesige Gebaeudekomplex, den der Student, den wir danach fragen, nicht mal kennt, entpuppt sich als grosses, von aussen gesehen modernes Spital und nicht als Hotel oder Convention Center wie wir erst vermuteten.
Wir lassen bald den Ort hinter uns und die Strasse fuehrt uns nun an Huegelzuegen entlang, immer einem Wasserlauf folgend. Endlose Kurven warten auf uns und obwohl Teerstrasse, betraegt unsere Schnittgeschwindigkeit nur gut 30 km/h. Wir bewegen uns immer auf etwa 700-800 m Meereshoehe, kommen mal zur Bach- oder Flussueberquerung auf 400m runter wie nach Waling ueber den Kali Gandaki, um dann die verlorene Hoehe sogleich wieder kompensieren zu muessen.

Die Frauen als Schwerarbeiterinnen sind unterwegs mit ihren geflochtenen Koerben auf dem Ruecken, mit einem Band um die Stirn getragen zum muehsamen Sammeln von Feuerholz oder Gruenfutter fuer Kuehe, Bueffel und Ziegen. Wegen der zum Teil fast unbegehbaren steilen Haenge wird das Vieh entlang der schmalen Strasse, allerdings nur proforma gehuetet. Das bedeutet, dass irgendwo jemand mit einem Stoeckchen in der Hand im Schatten hockt und spaetestens nach der naechsten Biegung mindestens eine Kuh auf der Strasse vor dem Auto auftaucht.
Nach Tansen dann endet die laendlich bergige Gegend voller Reisfeld-Terrassen. Wir kommen ins Unterland und sind bei Butwal in einer mehr indisch als nepalesisch anmutenden Stadt mit Verkehrsgewimmel hauptsaechlich natuerlich an Rischkas und Velofahrern, stoppenden Bussen, hupenden LKWS - zusaetzlich wie eh' und je, in Seelenruhe wiederkaeuende, mitten in der Spur oder auf der Mittellinie stehend oder liegend, heilige Kuehe. Wir muessen nur wieder Nachschub an den aromatischen kleinen Bananen besorgen und fahren sonst ohne Verzug weiter auf dem Mahendra Highway in oestlicher Richtung. Auf Hoehe von Bardaghat mehren sich die Hinweise auf den Royal Chitwan National Park, aber gleichzeitig versinkt die Sonne hinter dem Horizont. Die Fahrt hat viel mehr Zeit gekostet als erwartet und das Einnachten geht wieder zuegig voran. So durchrollen wir einmal mehr die naechste Stadt, Bharatpur, schon im Dunkeln und stieren uns fast die Augen aus dem Kopf, um ja kein Viech oder einen Fahrradfahrer zu uebersehen. Mit Glueck treffen wir beim Auskunft einholen auf eine clevere Person - in 12 km sollen wir rechts abbiegen und nach weiteren 5 km seien wir am Ziel. Ohne diese Angabe haetten wir zumindestens nach der Abzweigung gezweifelt, so schmal wie die Naturstrasse sich zwischen Huetten und Staellen durchwindet. Aber schliesslich erreichen wir Sauraha und seine unzaehligen Reklametafeln fuer Lodges und Guesthouses, ohne dass wir uns einen Reim darauf machen koennen oder herausfinden, wo das eigentliche Visitor Center des Royal Chitwan National Parks ist oder ob es ueberhaupt noch exisitiert. In der Naehe des Park Office duerfen wir auf keinen Falle stehen - es handle sich hier um eine "sensitive" Zone, von Militaer streng kontrolliert und wir sollten in ein Hotel ziehen, wird uns beschieden. Wir kehren einige Kilometer weit zurueck und haben das Glueck, bei einem (vermutlich dem einzigen) verlassenen Gebaeude einen Platz zum Parken und Uebernachten zu finden.

Wir erwachen am Montagmorgen bei stroemenden Regen und beeilen uns deshalb nicht mit dem Fruehstueck. Anschliessend fahren wir in den Ort Sauraha zurueck. Bei Tageslicht sieht er etwas anders aus. Wo wir uns am Ende der Zufahrt geglaubt hatten, ist nur ein militaerischer Checkpoint und daran vorbei finden wir den Weg zum Info Center, wo ein Angestellter sich redlich um uns bemueht. Die Gratis-Parkkarten sind leider laengst vergriffen - keine Ueberraschung, damit hatten wir schon gerechnet und die angebotenen Exemplare im Laden des Visitor Centers sind noch aelter als unser schon antiquarischer Occasions-Reisefuehrer. Ein erster Versuch, zu einem Standplatz zu gelangen, schlaegt fehl. Wir stehen am unattraktiven Hintereingang. Also umfahren wir im zweiten Versuch die "City" und landen am Vordereingang des Jungle Adventure World Lodge, wo wir fuer 50.- R. pro Nacht im Vorgarten direkt am Fluss unten stehen koennen. Sollte man auf Safari keine Tiere sehen, treiben sich schon mal ein halbzahmes Rhinozeros im Gelaende und an der Sandbank der Halbinsel im Rapti zwei Gharial-Krokodile herum.
Wir entschliessen uns fuer einen ersten Ausritt mit einem privaten Elefanten. Auf diesem 2-3 stuendigen Ausritt bleibt man ennet des Rapti Rivers und somit ausserhalb des eigentlichen Parkgelaendes. Dafuer kann man auf Wunsch nur mit einer Houda ausreiten, d.h. man sitzt auf einer Decke mit Stricken zum Halten direkt auf dem Ruecken des Tieres etwa 2,5 m ab Boden. Das Wetter hat im Laufe des Nachmittags aufgeklart und wir starten um 16.ooh bei eitel Sonnenschein in den verwachsenen Wald hinein. Die Fototasche habe ich zur Vorsicht Fredy uebergeben, da ich keine Hand freizuhaben glaube. Aber mit der Zeit gewoehnt man sich an den Trott des mit jedem Schritt hin und her wiegenden Riesen und je entspannter man ist, desto leichter faellt das Mitwiegen im gemaechlichen Elefanten-Tempo.

Wir haben eine schoene Zeit gegen Sonnenuntergang gewaehlt und geniessen vor allem die Natur, die grossen Schilf- und Elefanten-Graeser-Felder, die urtuemlichen Baeume mit ihren vielen Schling- und Schmarotzerpflanzen daran und schliesslich auch die Ueberquerungen des kleineren Flusses, die wegen des Einsackens in den Schlamm ganz vorsichtig angegangen werden. Die Sonne geht am Horizont schon blutrot hinter den Baeumen unter, als das Suchen und Verfolgen von Spuren durch den Elefantentreiber Erfolg hat. Er stoebert fuer uns ein Nashorn-Muttertier mit grossem Jungen auf. Ansonsten sehen wir nur wenige Tiere, ein paar Pfaue, Voegel, Marabus und einige Mungos. Aber der Ritt ist an und fuer sich schon ein Erlebnis fuer mich, und als wir schliesslich bei Nacht gegen 18.30h ins Camp zurueckreiten, geniesse ich die Aussicht von oben und das Kibizzen in die vielen Huetten und Haeuschen entlang des Weges, wo wir das einheimische Familienleben beobachten koennen. Bei solchen Gelegenheiten denken wir immer wieder an unser Haus in Affoltern - groesser koennte ein Gegensatz nicht sein und unser Daheim waere fuer die Leute hier (ausser fuer ein paar wenige Kroesus) gar nie zu realisieren, wie schwer sie auch ein Leben lang arbeiten wuerden. Etwas "gstabig" steigen wir am Podest vom Ruecken des geduldigen grauen Riesen und wandern durch die vielen Pfuetzen des heutigen Regens im Dunkeln Richtung Camper zurueck, nachdem wir am Checkpoint uns muendlich identifiziert und im Taschenlampen-Licht uns praesentiert haben.
Bereits um 7.3oh stehen wir am folgenden Morgen am Government Podest. Heute steht der Ausritt mit dem offiziellen Elefanten auf dem Plan. Hier wird kein Risiko eingegangen und wir muessen deshalb mit einer Plattform vorlieb nehmen. Wir haben einen Aufpreis von 1000.- Rupees bezahlt, damit wir statt zu viert nur zu zweit sind. Aber das haetten wir uns sparen koennen. Weit und breit ist kein anderer Tourist da, der uns stoeren wuerde. Der Elefantenfuehrer (Phanit) bringt uns ueber den kleinen Fluss und peilt bald ein Feuchtgebiet an, wo wir dann auf drei Rhinos am Baden stossen, die sich nicht gross von uns stoeren lassen. Um einen der nur noch wenigen Tiger zu sehen, brauche man viel Glueck und duerfe das zudem so kurz nach der Regenzeit bei der vollen Vegetation sowieso nicht erwarten, ja nicht mal erhoffen. Dieser Ausritt dauert viel weniger lan, nur eine gute Stunde. Da er aber ueber eine Government-Institution gebucht wurde, kostet er dafuer mehr (R. 4'000.- statt wie gestern fuer 2 1/2 Std. R. 2'600.-).
Es bleibt im Anschluss daran uns nur ein kurzer Augenblick, uns nochmals mit einem hauseigenen Kaffee zu staerken, bevor wir im Camper starten, um zum Hauptquartier Kasara zu fahren und dort auf einen Jungle Walk zu gehen. Der offizielle Beamte vom Visitor Center und ein zusaetzlicher Guide begleiten uns. Zu diesem Zweck fahren wir auf die Hauptstrasse und ein Stueck Richtung Bharatpur zurueck. Wir sind neugierig, ob der fuer den 28./29.9.04 ausgerufene Streik der Maoisten wohl eingehalten werde, und wirklich, kein einziges Fahrzeug ausser uns ist unterwegs und die Strasse komplett leer abgesehen von den Motor- oder Fahrraedern und Rishkas im Ort selbst.
Fuer ein zusaetzliches Permit von 150.- R. (zusaetzlich zum Basis-Permit fuer jeden Tag im Park von R. 500.- pro Person) koennen wir als Abkuerzung eine Parkstrasse benuetzen. Aber auch so legen wir im Schneckentempo durch Feld und Wald 33 km zurueck, bis wir vor der vom Militaer bewachten Bruecke am Rapti-River vor Kasara anlangen. Ein kurzer Lunch nur und wir starten zu Fuss auf unsere Wanderung in Waerme und und hoher Luftfeuchtigkeit, die uns an Malaysia erinnern. Bis um 17.ooh sind wir mit einem Zwischenhalt an einem Beobachtungsturm am Tanmar See vier Stunden unterwegs. Eine einzigen Gazelle kreuzt unsern Weg. Geraeusche im Urwald deuten auf Anwesenheit von wilden Elefanten hin, ohne dass wir sie zu Gesicht bekommen. Wir sehen und hoeren auch nur vereinzelt Voegeln im Gehoelz. Wider Erwarten haben wir sonniges Wetter, aber zum Glueck bilden die 30-40m hohen Sal-Baeume meist ein schattiges Dach ueber uns. Auch so rinnt der Schweiss nur so in Baechen an uns herunter. Die meisten Viecher sehen wir nur beim Besuch des Krokodil-Aufzucht-Zentrums und als Trostpreis auf dem Rueckweg bereits in der Daemmerung: zwei Rhino-Maennchen bei einem kaempferischen Intermezzo und am Weg entlang einige Affen.
Nach dem Nachtessen (und waehrend der Nacht) giesst oeffnet der Himmel wieder seine Schleusen, und alles wird noch feuchter, als es sowieso schon ist. Schon kurz nach dem Duschen sind wir wieder verschwitzt und die Spielkarten bei "Himmel und Hoelle" bleiben uns fast an den Fingern kleben.
Wir haben uns entschlossen, einen weiteren Tag hier im Park stehen zu bleiben. Da sich gestern Mittag und auch bei der abendlichen Rueckfahrt kein Vehikel auf der Strasse sich zeigte, moechten wir am zweiten der von den Maoisten ausgerufen und anscheinend eingehaltenen Streiktag nicht provozierend als Einzige ueber den Mahendra Highway Richtung indische Grenze rollen. Wir schlafen aus - es giesst immer noch aus Kuebeln, unser Vorplatz ist eine einzige Wasserlache. Aber nach dem Fruehstueck klart es auf und im Laufe des Tages wird es heiss und schwuel im Camper. Fredy macht sich mit dem Velo auf, um sich die Zeit zu vertreiben, ich habe dazu den Laptop mit grossem Rueckstand im Tagebuch und bei den Fotos.
Zur Abwechslung erscheinen auch heute wieder einige der Reitelefanten zum taeglichen Bad unten am Rapti-Fluss. Auch einige wenige Touristen tauchen zur Bestaunung des Reinigungsungsrituals auf. Das Prusten und Abtauchen ins Wasser, die Wasserfontaenen aus dem Ruessel auf Kommando ihrer Betreuer und das Abschruppen mit einem Backsteinen gehen mit offensichtlichem Wohlgefuehl vor sich. Diese indischen Elefanten wiegen bis zu 6 t, fressen pro Tag zwischen 250-350 kg Futter und brauchen an die 200 l Wasser. Zum Ausreiten verwendet werden jedoch nur Weibchen, die in der Regel etwa 20-25 Jahre alt sind.

Am Abend machen wir einen Spaziergang durch Sauhara. Es hat einige ganz schoene Lodge wie z.B. das Rhino Lodge, direkt am Fluss gelegen mit ganz gepflegter Gartenanlage. Aber wir getrauen uns fast nicht, bei einem Laden naeher hinzuschauen, um nicht unberechtigte Hoffnung auf ein Geschaeft zu erwecken. Unzaehlige Dachrestaurants, die einen guten Eindruck machen, sind bis auf die Inhaber leer und wir wuessten nicht, welches wirwaehlen und somit bevorzugen sollen. So entscheiden wir uns zu guter Letzt, unten am Fluss im River Sunset View Restaurant einzukehren. Dessen Menuekarte ist ellenlang. Das bestellte Buff Steak mit Chips und Vegetables wird recht prompt bei Kerzenlicht serviert. Der bestellte Kuchen ist dann allerdings ausverkauft und die Alternativen sind zur Zeit ebenfalls nicht vorraetig.
Wir verlassen ein verregnetes Sauhara und rollen durch die Tuempel zurueck nach Tandi Bazar an die Hauptstrasse. Heute sind wir im Unterland Terai, einem in noch juengster Vergangenheit dichten, ehemals malaria-verseuchten Dschungelgebiet, nicht das einzige Vehikel unterwegs. Iim Gegenteil, wir kaempfen uns durch den ueblichen Trubel. Die Hauptstrasse durch dieses folgt dem Rapti River in einem extrem breiten Flussbett bis nach Hetauda, wo wir suedlich Richtung Grenze abbiegen. Es muss in den letzten Wochen ganz schoen geregnet haben, denn das anschliessend durchfahrene Flusstal ist randvoll mit Kies und Geroell, aus dem noch gruene Baeume herausragen. Da die umliegenden Huegel keinen Fels enthalten sondern nur aus Erde bestehen, rutschen sie trotz dem dichten Bewuchs anscheinend bei starken Niederschlaegen einfach ab.
Auf der Strecke bis nach Birgani befindet sich die Industriezone von Nepal und gleichzeitig die Umschlagplaetze fuer Transporte und Waren, die die Grenze passieren. Unmittelbar vor dem Grenzuebertritt werden die nur mit Windlauf oder gar nur als Chassis und Motor angelieferten indischen Tata-LKW bearbeitet und mit dem kistenartigen, fuer Nepal typischen Kabinenaufbau und Bemalung versehen. Viel von handwerklicher Fertigkeit ist dabei laut Fredy nicht festzustellen. Eher als mit Fachkenntnis wird mit brachialer Gewalt und ohne geeignetes Werkzeug gearbeitet und so die Aufbauten geradezu zusammengeklopft.

Gegend und Leute werden immer "indischer", das Chaos immer groesser. Wir schaffen es gerade noch, an einer der vielen verlotterten Tankstellen eine funktionstuechtige Saeule mit Dieselvorrat zu finden, um noch unsere letzten nepalesischen Rupees in Treibstoff umzuwandeln, bevor wir in Raxaul ploetzlich vor dem Schlagbaum stehen. Wir suchen Customs auf, muessen uns aber erst etwas in Geduld ueben und Verstaendnis fuer dem "streng" arbeitenden Beamten haben, erhalten aber Sitzplaetze angeboten und sogar ein Glas Milchtee serviert. Das Carnet wird gruendlichst studiert, schliesslich der Exit-Coupon ausgefuellt und einem Untergeordenten uebergeben, der damit zur Unterzeichnung durch den oberesten Chef entschwindet. In einer halben Stunde ist diese Formalitaet beendet. Das Immigration Office fuer die Ausreisekontrolle unserer Paesse finden wir nicht und bemuehen uns nicht gross darum, da dies im Gegensatz zum Stempel im Auto-Zolldokument nicht von Belang ist. Wir winden uns auf den letzten Metern Nepal zwischen unzaehligen Rishkas und wartenden LKWs nach Indien durch.

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