29. Juli-15. August 2008 / Brasilien - Carceres-ParqueNacionl Chapada dos Guimarães- Nord-Pantanal -Campo Grande-Bonito

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Am brasilianischen Schlagbaum ausserhalb San Matias desinfiziert der Mann an der Spritze am Morgen des 29. Juli unsere Wagen-Unterseite ungewohnt gruendlich. Fuer die administrativen Einreiseformalitaeten muessen wir immer noch in den 70km entfernten naechsten groesseren Ort fahren, da das neu erstellte blauweisse Buerogebaeude in unmittelbarer Grenznaehe noch nicht in Betrieb ist. Eine sanitaerische Kontrolle taucht auf, deren bunte Abfalleimer auf Einfuhrbeschraenkungen in Bezug auf Frischwaren deuten. Wir schlagen einen Bogen in die Buesche ausserhalb Sichtweite und verstecken doch noch die vermeintlich verbotenen Produkte, um dann dem Beamten einzig unsere Bescheinigung der Gelbfieber-Impfung vorweisen zu muessen. Bis wir in Carceres ankommen, ist es bereits Mittagszeit. Die Policia Federal bietet durchgehenden Dienst und einen 30-taegige Aufenthaltserlaubnis in Rekordzeit. Die Receita Nacional, wo die Erstellung der temporaeren Einfuhrbewilligung anschliessend eine Stunde Zeit beanspruchen soll, ist weniger fortschrittlich in ihrer Oeffnungszeit. Aber wir nutzen die Zeit bis zu ihrer Oeffnung um 13.30h und wollen den noch unreparierten mitgefuehrten Plattfuss beheben lassen. Doch weder bei der Borracharia noch bei der Goodyear will man Hand an unsere Felge mit Sprengring legen, so dass Fredy wenig erfreut sich selbst des Problems annehmen muss.
Weitere Zeit verplempern wir mit der Suche, die wir am falschen Stadtende anfangen, nach der Iveco-Vertretung, welche am Ortseingang von Varzea Grande eine Reklametafel aufgestellt hat. Aber unser Bemuehen wird wenigstens belohnt und seither sind wir beruhigend nach der Panne in Ecuador wieder stolze Besitzer eines Ersatz-Spurstangenkopfs. Auch Diesel gibt's wieder in Huelle und Fuelle, allerdings mit R. 2.19/l zu betraechtlich hoeheren Kosten.
Gerade als wir an einem IGA-Spupermarket unseren Lebensmittel-Einkauf taetigen, versuchen uns Volker und Inge ueber Satelliten-Phone und Natel zu erreichen. Per SMS koennen wir ihren derzeitigen Aufenthaltsort herausfinden. Da wir sowieso keinen Uebernachtungsplatz in Cuiaba kennen, entschliessen wir uns, trotz Dunkelheit noch zu ihnen hinaus nach in den Nationalpark Chapada dos Guimarães zu fahren. Ein freundlicher junger Mann, den wir beim Einsteigen in sein Auto ansprechen und nach der richtigen Ausfahrtsstrasse dahin fragen, findet es zu kompliziert, uns dies zu erklaeren und faehrt uns kurzerhand voraus, um uns auf den richtigen Weg zu bringen. Gut 60km spaeter sind unsere deutschen Reisebekannten komplett platt, als wir sie so schnell in Chapada im Hotel Turismo ueberraschen.

Wir treffen uns zu christlicher Zeit nach 8.ooh im Hotel am Fruehstuecksbuffet. Den Morgen verbringen wir auf dem Hotelgelaende samt Abkuehlung im klaren Swimming Pool und nutzen aus, dass wir Wifi-Anschluss haben. Die Reiseagentur Hamburg-Sued meldet sich - unsere Buchung der Rueckreise nach Europa wird bestaetigt, nach der wir also auf der Grande San Paolo von Grimaldi Lines voraussichtlich am19. September von Buenos Aires in ca. 22 Tagen nach Hamburg reisen werden.
Dank den Angaben des Hoteliers finden wir die Erdstrasse ausserhalb des Ortes und ueber sandige Piste, und - was weitaus schlimmer - ueber grauenhaftes Wellblech zum offiziell geschlossenen Ausblick Cidade de Pedra. Aber nicht nur wir besuchen diesen "verbotenen" Ort. Immer wieder tauchen andere Besucher, zum Teil mit offiziellen Guides, da auf. Wir verbringen den spaeten Nachmittag an der Kante des Abbruchs mit Sicht auf die 800m tiefer gelegene Flaeche des Nord-Pantanals und Cuiaba im Hintergrund, bis die Sonne glutrot hinter den Felsformationen versinkt. Ab und zu hoeren wir das Kraechzen von wildlebenden Aras, und mit etwas Glueck und Nachhilfe eines Vogelkundlers erblicken wir sie vor ihren Hoehlen in der Felswand oder beim Vorbeifliegen. Es windet so stark, dass wir uns zum Nachtessen in den Windschatten der Autos setzen und sogar eine Jacke anziehen muessen.

Waehrend wir vor unsern Campern fruehstuecken, stoffeln Donnerstag-Morgen bereits wieder die ersten Touristen an uns vorbei zum Ausblick. Ueber das sandige Wellblech-Stueck kehren wir auf die Hauptverbindung zurueck und machen uns auf, etwas von den Wasserfaellen, fuer die der Park bekannt ist, zu sehen. Aber zu den als Werbeobjekt dienenden Véu de Noiva ist kein Zukommen. Dafuer stossen wir auf eine private Anlage und gegen 5.- R. Eintritt pro Kopf erwerben wir uns die Berechtigung, in die erfrischenden Lagunen zweier kleiner Wasserfaelle einzutauschen. Bei der hoeheren Cachoeirinha-Kaskade sitzen wir im Schatten von Baeumen und lassen uns anschliessend koestlichen, frisch gepressten Maracuja-Saft schmecken.
Anschliessend suchen wir den Mirante do Centro Geodésico, der geographische Mittelpunkt von Suedamerika, auf - ein nur bescheidener kleines Steinquader als Markierung. Umso grossartiger ist die Aussicht auf die gruene Ebene, die uns zu Fuessen liegt.
Ueber den Ort Chapada dos Guimarães selbst (und einen Stop, um beim Turismo-Hotel unsere Waesche abzuholen) treten wir den Rueckweg an und hoffen, unterwegs auf eine akzeptable Uebernachtungsmoeglichkeit zu stossen. Wir rollen an markanten Gebilden rote Sandsteinfelsen entlang und blicken daran vorbei in tieferes Gelaende, koennen uns nicht fuer die riesigen Parkflaechen bei Salgadeira entscheiden. Danach dafuer haben wir Muehe, einen anderen Uebernachtungsplatz zu finden. Die Hinweistafel mit Lago Manso bietet auch keine Loesung, da der Stausee nicht unmittelbar wie irrtuemlich erst angenommen an der Abzweigung sondern in fast 100km Entfernung liegt. An einer noch unvollendeten Ferienanlage an einer kleinen Lagune hat die Frau des Waechters keine Kompetenz, uns da parkieren zu lassen, weshalb wir schliesslich nun bei einer kleinen Seitenstrasse von Ruta Mt 351 im Gebuesch stehen. Der Himmel ist einmal mehr unheimlich klar und voller Sterne und ihrer Bildern. Ich kann eine Bildungsluecke schliessen. Inge erklaert mir, wo ich das beruehmte "Kreuz des Suedens" erblicken kann und wie man von diesem aus auch effektiv Sueden ausmachen kann. Sternschnuppen mit leuchtended Schweifen sind keine Seltenheit, aber so rasch erloschen, dass wir kaum einen Wunsch in Gedanken formulieren koennen.

Wir benutzen die Halbmillion-Hauptstadt dieser Region, Cuiaba, nur um uns mit Lebensmitteln und Fluessigem wie Diesel und Wasser sowie Reais einzudecken, dann ziehen wir ueber Poconé noch einige Kilometer weiter in den Sueden. Mato Grosso bedeutet "bundu", was soviel heisst wie Savannah und/oder Outback. Ein Teil davon bedeckt Hugelzuege mit Hochland-Ebenen mit sehr fischreichen Fluessen. Das Tiefland Pantanal, der Welt groesstes Feucht-Gebiet mit einer Flaeche von 230'000km2 in der Groesse von Frankreich, verspricht mit seinem kaum entwickelten Buschland und vielen offenen Flaechen mehr Erfolg bei der Beobachtung von Tierwelt als das von dichtem Urwald ueberzogenen Amazonas-Gebiet. Die Pousada Piuval liegt abseits der Transpantaneira - in der Regenzeit von Oktober-April auf einer Insel umgeben von grossen Wasserflaechen, zur jetztigen Jahreszeit jedoch inmitten trockener, staubiger Steppe.
Wir lassen uns fur eine kurze Auszeit auf ihrem Camping-Areal nieder, koennen dabei die Infrastruktur der Anlage sprich allem voran den herrlichen Swimming Pool benutzen und nach Lust und Laune gegen Voranmeldung im Haupthaus essen oder an Ausfluegen teilnehmen.
Wir stellen am zweiten Tag die Fahrzeuge um, da unter den Baeumen im Schatten nicht nur wir sondern auch die vielen kleinsten Insekten herumschwirren. Im Pousada-Hauptgebaeude koennen Inge und ich uns ins Netz einloggen waehrend Volker und Fredy am Swimming Pool faulenzen.
Um 15.30h treten wir, doppelt mit Sonnen- und Mueckenschutz eingecremt, zum Bootsausflug an. Ueber staubigen Feldweg faehrt man uns an eine grosse Lagune zu einem 6-er Motorboot. Wir sehen enttaeuschend wenige Tiere, in der Hauptsache verschiedene Voegel, die sich aber bei unserer Annaeherung davonmachen. Fuer Kaimane muss man gute Augen haben. Auch sie verschwinden umgehend im Wasser und alles was bleibt, ist ein Augenpaar, das uns aus einiger Distanz anglotzt. Ein kurzer Landausflug bringt uns zu ein paar Bruellaffen und in Fortsetzung des Spaziergangs ein langer federnder Holzsteg zu einem hohen Aussichtsturm ueber das umliegende Feuchtgebiet. Bei Sonnenuntergang befinden wir uns wieder auf dem Rueckweg und koennen ihn, unterbrochen von improvisiertem, aber unsererseits erfolglosem Angeln nach Piranhas ebenso geniessen wie das anschliessende erfrischende Bad und das abendliche Diner-Buffet in der Pousada Piuval.

Zwar ist Trockenzeit im Pantanal, aber Sonntag-Nacht muss Fredy aufstehen, das Vorzelt abbauen, Fenster schliessen - denn waehrend Stunden regnet es in Stroemen. Sofort bilden sich in den umliegenden Wiesen Tuempel und vermitteln uns ein wahres Feuchtland-Gefuehl. Wir halten uns tagsueber unter der Sonnenstore auf, aber leider schaetzen auch unzaehlige laestige Fliegen diesen Regenschutz. Die Temperatur ist auf gut 20oC gesunken. Um 19.ooh ist dann wieder das Buffet mit lokalen Speisen im Piuval angerichtet.

Wir haengen in Uebereinstimmung einen weiteren Ruhetag an, an dem Volker endlich seinen Kontakt erreicht, der Auskunft ueber eine moegliche 3-taegige Bootsfahrt samt Autos von Porto Jofre auf dem Rio Cuiaba nach Corumba geben kann. Wir haben zwar die Wahl zwischen zwei Varianten, entweder das ganze Boot zu chartern und stolze R. 6'500.- dafuer auf den Tisch zu blaettern mit dem Vorteil, schon Mitte Woche losfahren zu koennen, oder aber erst Anfang der nachfolgenden Woche zum regulaeren Tarif von R. 1'750.- pro Wagen zu starten, die uns aber beide zu teuer sind.
Am 5. August um 5.30h sind wir geruestet fuer die Fahrt suedlich ueber die beruehmte Transpantaneira. Viel haben wir gelesen ueber marode Holz-Bruecken, 122 an der Zahl, die gewisse Reisende sogar zu einer vorzeitigen Umkehr bewogen haben. Die Kontroll-Barriere wird trotz frueher Stunde prompt geoeffnet und nach nur ein paar Kilometern stehen wir wie zur Bestaetigung der Unkenrufe vor Fragmenten einer einstigen Ueberfuehrung, die durch eine Furt zu linken Seite umfahren wird. Das faengt ja schon gut an! Es soll aber die Ausnahme bleiben. Nur zwei noch verlotterte, aber durchaus nicht krititsche Modelle ueberqueren wir. Alle andern Bruecke sind anscheinend in den vergangenen Monaten ersetzt worden und praesentieren sich in tadellosem Zustand.

Wir rollen begeistert erst durch eine Zone mit vielen Tuempeln, aus denen uns gelangweilte Jacarés (Kaimane) anglotzen. Offensichtlich brauchen sie die vielen Wasservoegel, elegante weisse Herons, Jarabu-Stoerche und Tuiuius nicht zu fuerchten. In Scharen stehen sie direkt neben ihnen.
Nach zwei Stunden Fahrt auf der rotbraunen Erdstrasse mit unzaehligen Fotohalten stoppen wir, um unser Fruehstueck nachzuholen. Eine Familie von Capivarias setzt sich zwar in einige Distanz ab, laesst sich aber seelenruhig weiterbeobachten. Direkt vor uns kriecht einer der Kaimane aus dem Wasser und lauert seelenruhig auf kleine Fischchen, die auf unsere Anwesenheit weitaus nervoeser reagieren als ihr Jaeger.
Die mittlere Etappe fuehrt durch trockeneres Gebiet, wo auf den Weiden Zebu-Vieh der weit auseinanderliegenden Facendas steht. An den Baeumen haengen an der Aussenseite aus kleinen trockenen Aesten zusammengesteckte Nestgebilde waehrend in dicken Astgabeln kugelrunde, lehmige Nestkugeln kleben. Als Brutplaetze dienen auch die Stromleitungs-Masten, die sich bis Pixaim, der einzigen Tankstelle unterwegs, ziehen. Die Stoerche haben ihre riesigen Brutplaetze auf Baumskeletten erbaut und fuettern noch relativ grosse Jungtiere. Mehrere Male fliegen Paare der grossen blauen Ara-Papageien an uns vorbei. Im Sonnenlicht glaenzt ihr Federkleid herrlich blau. Sie zu fotographieren uebersteigt meine Kunst. Ueberhaupt habe ich entweder nicht das Geschick, das Auge und die ruhige Hand, oder nicht die ideale Fotoausruestung, um die vielen recht scheuen und meist davonflatternden Gefiederten deutlich abzulichten. Die letzte Etappe gefaellt uns am besten mit weiten, saftig gruenen Flaechen, Tuempeln voller Seerosen und vielen kleinen Flusslaeufen.

Am spaeten Nachmittag erblicken wir Porto Jofre, das aus einer einfachen Hotelanlage, der sandigen Landebahn des Flugfeldes davon, einem am Ufer vertaeuten blauweissen Schiffs-Restaurant, einigen einfachen Fischerhuetten und einem halb vernachlaessigten Campingplatz besteht. Aber immerhin bietet er Standplaetze direkt am Rio Cuiaba an und erst noch funktionierende, erfrischende Duschen, da das braune Flusswasser und eventuell sich darin verirrte Kaimane uns nicht zum Bade zu verlocken vermoegen. Wir sind einmal mehr froh um unser Aussen-Netz, an dem sich die Moskitos vergeblich zum Kampf sammeln. Es hat aber auch eine Unmenge kleinster Mueckchen, die durch das Gewebe klettern, aber sich zu unserem Glueck eher an der grellen Neonleuchte als an uns orientieren.
Am Mittwoch gehen wir es gemuetlicher an und starten um erst relativ spaet um 9.ooh nach einem ausgiebigen Fruehstueck und weiteren Abkuehlungen unter der Dusche. Dadurch sehen wir neben einigen Capivari-Familien erheblich weniger Tiere als gestern. Dafuer begegnen wir einer Gruppe Gauchos, die Rindviecher auf der Strasse zu einer anderen Weide treiben. Sie posieren stolz vor unsern Kameras, blasen das geschwungene Horn, mit dem sie das Vieh beruhigen und dirigieren.
Volker will unterwegs unbedingt seine Fischerrute ausprobieren. Kleine Fische huepfen wie verrueckt und jucken nach Insekten, so dass die Wasseroberflaeche einiger Tuempel nur so brodeln.. Aber Petri heil ist nicht gegeben, wir brauchen keine Bratpfanne hervorzuholen.

Bis wir die letzte (eingestuerzte) Bruecke erreichen, ist es spaeter Nachmittag. Als letzte Verguenstigung sehen wir da nochmals Wasservoegel aller Arten und vor allem Hunderte von Kaimanen im letzten Sonnenlicht. In knapp 2m Distanz liegen sie am Wegrand mit offenem Rachen und doesen unbeeintraechtigt vor sich hin. Selten nur fuehlt sich einer gestoert und verschwindet.
Aber uns steht der Sinn definitiv nach Fluessigkeit und Eintauchen ins Wasser. Wir beschliessen unisono, nochmals eine Nacht im Piuval zu verbringen. Waehrend Volker noch mit der Kamera den blauen Aras nachjagt, liegen Fredy und ich schon im klaren Swimming Pool und trinken als Apéro frischen Suco de Maracuja.
Wir haben die Karte richtig interpretiert. Bei Porto Cercado gibt es nur ein Personentransport und keine Faehre fuer Fahrzeuge ueber den Rio Cuiaba, welche uns eine andere Route rueber zur R 163 erlaubt haette. Also heisst es zurueckzufahren nach Poconé. Im Angesicht dessen rosaroter Kirche sitzen wir an der fast baumlosen Plaza in einem kleinen Restaurant und genehmigen uns in der Hitze ein Eis. Naechster Halt findet dann an der Einmuendung in BR 070 statt, wo wir im Schatten der dichten Giugus-Baeume unsere Mittags-Sandwiches verdruecken, uns am Stand mit feinen Ananas eindecken (5 Stueck fuer R. 6.-), eiskaltes Agua de Coco trinken und uns abschliessend in der neuen, sauberen Dusche von Moura's Strassencafé fuer die Weiterfahrt abkuehlen.

Die suedliche Umfahrung von Cuiaba ist eine typische Lastwagen-Strecke: stark befahren, katastrophal deformiert und voller gewellter und gerillter Flicken. Dann muendet sie in die Hauptverbindung, die vom fernen Porto Velho her ueber Cuiaba nach São Paulo fuehrt, ein. Kaum privater Verkehr, nur einzelne Busse, dafuer Camion an Camion quaelt sich ueber eine weiterhin schlechte Teerstrasse. Zum Glueck haben wir ueber die Sierra de São Vicente an den langen Aufstiegen den Vorteil einer zusaetzlichen Fahrspur, wo man jeweils eine stattliche Zahl stinkender Ungetueme aufs Mal relativ ungefaehrdet hinter sich bringen kann und nicht muehsam einzeln gegen sie ankaempfen muss. An dieser Stelle muss ich der Gerechtigkeit halber auch festhalten, dass die brasilianischen Lastwagen-Chauffeure aeusserst faire Fahrer sind und nach Moeglichkeit an den rechten Strassenrand ausweichen. Zusaetzlich tun sie mit Blinker oder Warnlicht kund, wenn vor ihnen die Luft rein sprich frei von Gegenverkehr ist. Trotzdem sind die Ueberholvorgaenge mit dem Kampf von Don Quichote vergleichbar - es ist kein Ende abzusehen.
Jaciara bedeutet fuer das Ende des heutigen Runs. Das tolle Balnéario Cachoerias de Fumaça am Fusse der gestuften Wasserfaelle will uns nicht ueber Nacht auf seinem Parkplatz stehen lassen. Wir muessen mit dem benachbarten Balnéario Rocha, ebenfalls am Rio Temente Amaral, vorlieb nehmen, an dem schon stark der Zahn der Zeit nagt. Zuerst sitzen wir unterhalb einer grossen Steinplatte im kuehlen Flusswasser, danach suhlen wir neben dem grossen natuerlichen Becken in einem kleinen Pool zu Fuss einer Wasser-Rutschbahn. Fredy kann mich nicht wie beabsichigt am Ende seines Hinuntergleitens beim Eintauchen vollspritzen, denn die Gleitflaeche ist so verkrustet und maenngergefaehrdend, dass er den Abstieg zu Fuss vollenden muss. Aber wir wollen uns nicht beklagen. Von den gut zwei Dutzend Duschen lassen ein paar Brausekoepfe immerhin noch so viel Wasser durch, dass die Abkuehlung perfekt ist - man muss die funktionierenden nur zuerst finden!

Von Jaciara aus bleibt uns auf der BR 364 weiterhin der massive Schwerverkehr erhalten. Dann zweigt gluecklicherweise in Rondonópolis BR 364 ab und auf unserer Route ueber BR 163 wird es friedlicher. Der Himmel wird den ganzen Tag von einem leichten Wolkenschleier bedeckt bleiben, weshalb wir keine bis zu 42oC wie gestern sondern nur noch 35oC im Auto drin haben. Inge und Volker fahren trotzdem den ganzen Nachmittag mit geschlossenen Fenstern und lassen sich von der Air Condition beleben. Auf praktisch einwandfreier Teerstrasse fliegen wir geradezu durch die weiten Felder mit Mais, Soja und Baumwolle von Mato Grosso.
Auch die Kopien unserer Ausweise bekommen zeitweise Fluegel. Sie werden naemlich von einem fliegenden Streifenfahrzeug der Polizei, Dein Freund und Helfer, einbehalten, dem Fredy's Fahr- und Ueberhol-Stil nicht gefaellt. Kurz vor dem Uebertritt in den Mato Grosso do Sul sollen wir bei der Policia Carretera vorsprechen. Da gibt ein besser aufgelegter Beamter Fredy die Unterlagen zurueck unter freundlicher Ermahnung, die hiesigen Verkehrsregeln (wir wussten gar nicht, dass es in Brasilien welche gibt) zu beachten.
In Sonora findet sich zur fuer uns richtigen Tageszeit in der Launchonette am Bus-Umschlagplatz das, was uns seit einigen Tagen vorschwebt. Beim mittaeglichen Rodizio à la Discretion schlagen wir uns fuer R. 17.50 pro Kopf die Baeuche voll. Salate und Beilagen holt man sich selbst vom Buffet. Die verschiedensten Fleischstuecke werden am Grill gegart. Unermuedlich kommt der Kellner immer wieder mit einem andern Fleischspiess am Tisch vorbei und saebelt davon gemaess Wunsch des Gastes saftige Stuecke in verlangter Groesse und von der gewuenschten Seite in dessen Teller.
Nach 16.ooh sind wir in Rio Verde de Mato Grosso angelangt, wo wir uns nach dem Zustand von Ruta 419 erkundigen, ohne jedoch aufgrund der vagen Auskuenfte schluessig zu werden, ob es sich lohnt, die zwar kuerzere aber ungeteerte Erdstrasse an Campo Grande vorbei zu waehlen. In Anbetracht des spaeten Nachmittags und der bereits um 17.3oh einbrechenden Dunkelheit fahren wir nur noch ein paar wenige Kilometer auf dieser Nebenstrasse zum kleinen Ort hinaus und quartieren uns bei "Sete Quedras" ein. Gerade noch im letzten Tageslicht schaffen wir es zum erfrischenden Bad im quirligen Wasser des natuerlichen Beckens unterhalb einer kleinen Kaskade des Rio Negro

Volker und Inge wollen unbedingt bei Myriam (Tochter von Ralph vom Turismo-Hotel in Chapada dos Guimarães) vorbeischauen und sich bedanken, dass sie sich ebenfalls bemueht hatte, sich nach den Bedingungen der Bootsfahrt auf dem Rio Cuiaba von Porto Jofre aus zu erkundigen. Sie hatte den beiden ja bereits Tourenvorschlaege fuer den Sued-Pantanal unterbreitet, die jedoch um Corumba herum zu weit westlich stattfinden wuerden. Wir ziehen es vor, statt diese Kilometer zu fraesen, einen ruhigen Tag einzuschieben und die Badegelegenheit zu geniessen, weshalb sich unsere Wege hier trennen. Der Himmel bleibt passenderweise immer mit einem leichten Schleier bedeckt, so dass es im Camper nicht zu heiss wird, da ich einen grossen Teil des Tages am Laptop beim Aufarbeiten verbringe.
Die LKWs rollen auch am Sonntag, aber in lockerer Folge. Es ziehen sich immens grosse Felder dahin vorwiegend mit Mais und Soja, aber auch Hirse und anderem Getreide bestanden. Ab São Gabriel de Oeste nimmt dann die Viehzucht ueberhand.
Der Hauptort von Mato Grosso do Sul, Campo Grande, ist eine moderne Stadt mit breiten Strassenzuegen. Heute liegt sie relativ ruhig da und von seinen ueber 600'000 Einwohnern sieht man nur wenige. Eine zu grosse Anzahl davon allerdings steht ausgerechnet fuer die Churascharia vor dem Vermelho Grill in Schlange, so dass wir unsere Absicht diesbezueglich aendern. Aber im Carrefour Supermercado gibt es auch kulinarische Koestlichkeiten, mit denen wir zudem unsern Kuehlschrank auffuellen. Die wenigen Internet-Cafés sind wie die meisten andern Laeden ebenfalls geschlossen, so dass wir unverrichteter Dinge ueber die BR 060 via Sidrolãndia weiterziehen. Fuer die Nacht stehen wir am Rande eines trocken gelben, schon teilweise geschnittenen Maisfeldes.

Die Fahrt weiter via Nioaque und Guia Lopes da Laguna fuehrt ueber gute geteerte Ueberlandstrasse. Gespannt rollen wir ins touristische Bonito ein und durchqueren es erst einmal auf der mit vielen Schwellen bestueckten Rua Cel. Pilad Rebuá. Erwartungsgemaess stossen wir auf Restaurants, Tourenanbieter, Souvenir-Laeden, aber kaum Touristen. Die Touristen-Info hat gezuegelt in einen Pavillon vor das Hotel Exel. Dafuer kann sie mit Brochueren, einem Exkursionsprogramm und genauen Angaben, wo zwei Campingplaetze sich befinden, aufwarten. Wir sehen uns das als einzige Attraktion ohne Guide zu besuchende Balnéario Municipal und den daneben liegenden Campingplatz an und inspizieren dann die naeher am Zentrum gelegene zweite Moeglichkeit.
Da auf dem Gelaende der Pousada do Peralta finden wir zu sensationellen nur R. 15.- pro Person das Ideale: gepflegte Anlage mit kleinem Swimming Pool, unter den schoenen etwa sechs Standplaetzen sogar einen mit Schatten und alle mit Elektro-Anschluss, Grillmoeglichkeit, saubere WC und Duschen mit Warmwasser und als Tuepfchen auf dem i wireless-Anschluss. Die Reception dient gleichzeitig als Reisebuero und man kann von da aus alle gewuenschten Ausfluege, fuer die man ueberall denselben Preis bezahlt und die ohne Ausnahme unter Fuehrung eines Guide zu absolvieren sind, online buchen und dafuer einen Voucher ausstellen lassen.
Hier an Ort laesst Fredy am Camper den schon wieder ueberfaelligen Oelwechsel vornehmen. Anschliessend nutzen wir das vielfaeltige Angebot oertlicher Gastronomie aus. Alligator-Fleisch wird in Form von Kaiman Stew angeboten. Wir kosten diese Spezialitaet, welche unserer Ansicht nach wie etwas haerteres Huehnerfleisch schmeckt.

Fruehstueck in aller Fruehe und Aufbruch um 7.45h von Bonito im eigenen Auto zur beruehmten, 20km entfernten Gruta do Lago Azul. Bereits aufgrund der Reservation sind wir in eine Gruppe eingeteilt und fassen eine Stunde spaeter Helme fuer einen etwa 300m langen, teilweise feucht-schluepfrigen Abstieg zur Grotte. Die Stalagmiten und Stalaktiten, an denen kein Wasser mehr entlang rinnt, sind deshalb dunkelweiss bis braeunlich unattraktiv. Hauptattraktion ist am Eingang einer nur wenig erforschten Hoehle der klare, tiefblau leuchtende Lago Azul, auf den nur in der Zeit vom 20. Dezember und 15. Januar direktes Sonnenlicht faellt. Von unterirdischem Flusslauf gespiesen sehen wir nur einen kleinen Teil des klaren 87m tiefen und 120 m breiten intensiv blauen Sees, in dem noch ungeborgene Skelette eines Saebeltigers sowie eines Dinosauriers liegen sollen.
Waehrend wir von der kuehlen Tiefe der Grotte raufklettern wird es erheblich waermer und im Camping zurueck sinken wir begeistert in den Swimming Pool. Im Laufe des Nachmitttags dann allerdings kuehlt es generell stark ab, der Himmel bedeckt sich, und was wir erst als voruebergehendes Gewitter empfunden haben erweist sich als laengerer Regen.
Mittwoch, 13. August: kein Ungluecks- sondern ein unfreiwilliger Ruhetag, da keine andere Seele fuer das von Fredy gebuchte Canopy-Abenteuer sich interessiert hat und dieser Ausflug kurzfristig mangels weiteren Teilnehmer annulliert wird. Nach Mittag beginnt die starke Bewoelkung zu weichen und die Sonne waermt uns wieder. Wir tanken den Camper auf und bleiben dann zum Nachtessen gleich im Ort. Wir muessen uns bis 20.ooh gedulden, bis das ausgewaehlte Buffet libre bestueckt wird. Echter Andrang herrscht erst, als wir uns bereits mit Nachttisch eingedeckt haben. En masse stroemen Schueler/Innen auf Schulreise ins selbe Restaurant und fallen wie die Heuschrecken ueber die Speisen her.
Mit der entsprechenden Vorbuchung im Sack rollen wir auf teils erdiger, teils asphaltierter Strasse suedwaerts aus Bonito heraus bis zur Einmuendung in BR 267 und 1,5 km spaeter durch Weiden und ueber Kuhgitter zur Fazenda Cabeceira do Prata. Um 11.30h bedienen wir uns am Buffet und staerken uns fuer die bevorstehende "fluctuaçao". Als letzte Gruppe des Tages mit nur 5 Personen (neben uns ein belgisches Paar auf Kurz-/ein ital. Profihandballer auf Langzeit-Urlaub) steigen wir um 13.30h unter Fuehrung des sympathischen, jungen Braza auf den Pick-up, der uns in die Naehe des Flusses bringt. Wir haben uns umgezogen und Neopren-Anzuege wie auch Fuesslinge gefasst und marschieren darin ca. 40 Min. durch Busch und Wald bevor wir unsere Masken und Schnorchel ebenfalls montieren. Wir machen eine Proberunde in einem Teich zur Verifizierung, ob die Ausruestung wirklich sitzt - und "von nun an geht es bergab".
Die Gewaesser der Bodquena Umgebung sickern und fliessen durch Kalkstein mit extrem niedrigen Lehmgehalt und sind deshalb klar gefiltert. Wir lassen uns zwei Stunden lang flussabwaerts treiben im 24oC warmen Rio Olho d'Agua inmitten agilen Schwaermen von blitzenden Kleinfischen, traege im Wasser haengenden dunklen Pacu's, vielen Curimbatas, Piraputangas mit ihren roten Floss, Anostomidas mit ihren drei auffalleden schwarzen Tupfen, einem sich unter einer Steinplatte versteckt haltenden blau-schwarzen Cacharo/Catfish, beeindruckend vorbeischwebenden bis zu 1m langen und 15 kg schweren Dourados. Die glotzenden Fische sind ihrerseits auch ans Anstarren der Vorbeitreibenden gewohnt und weichen erst im letzten Moment ohne Hast uns Schwimmern aus. Abstehen und heftiges "Schwadern" sind unerwuenscht, da dadurch feines Material vom Grund aufgewirbelt und das Wasser getruebt wuerde.
Ein untiefes, mit spitzen Steinen gespicktes Teilstueck wird umwandert. Eine Passage kleiner Stromschnellen ist unserer Kontrolle entzogen. Wir werden einfach vom schnell fliessenden Wasser an idealer Stelle mit- und durchgeschwemmt. Einige umgestuerzte Baumstaemme wollen untertaucht sein.
Die letzten 300m befinden wir uns bereits im breiteren und tieferen Rio do Prata. Die etwas kuehlere Wassertemperatur und fehlende Stroemung muessen wir durch groesseren Schwimmeinsatz wettmachen sofern man nicht den Komfort des wartenden Bootes in Anspruch nimmt. Mit aufgeweichten, klinisch sauberen Fuessen und weissen "Nidel"-Fingern - aber noch ohne Schwimmhaeute - entsteigen wir schliesslich dem Wasser, spueren das eigene Koerpergewicht wieder und zwaengen uns feucht in die hierher in Plastiksaecken angekarrten Kleider.
Ein paar Cafezinhos zurueck am Ausgangspunkt vervollstaendigen dieses Kapitel. Nur wenige Kilometer Fahrt zur naechsten Attraktion folgen, doch ist es bereits zu spaet zu deren Besichtigung. Man will uns nicht ueber Nacht auf dem Parkplatz des Buraco de Araras dulden, weshalb wir uns in einiger Entfernung in die Buesche schlagen.

Am Freitag-Morgen weckt uns Gewittergrollen und bald fallen erste Regentropfen. Den Besuch des Buraco dos Araras, einem 124 m tiefen runden Loches, aus dem morgens und abends bei Sonnen-Auf- resp. -Untergang die rot-blauen Papageie aufsteigen, koennen wir uns bei diesem trueben Wetter sparen.
Nur unter Schwierigkeiten gelingt uns die Losfahrt. Die Batterien sind flach (da sein Thermostat spinnt ist der Kuehlschrank vermutlich die ganze Nacht auf Volltouren gelaufen) und vom Solarpanel ist bei diesem bewoelkten Himmel keine Aeuffnung zu erwarten. Zum Glueck stehen wir auf ebenen, leicht kiesigen Terrain. Fredy vermag den Camper anzustossen und ich an Steuer und Zuendung bringe trotz anfaenglicher Missfunktion schliesslich den Motor in Gange.
Wir hoffen vergeblich, dem Regen in oestlicher Richtung auf der BR 267 entfliehen zu koennen und durchfahren Jardim und Guia Lopes da Laguna. Entlang der guten Teerstrasse fallen uns nach dem wohlgeordneten, gutsituierten Bonito einzelne Ansammlungen von aermlichen Huetten aus Holz oder Plastikblachen und mit Laubdaechern besonders auf. Das 30km Teilstueck nach Vista Allegre mit der Bezeichnung "em Pavimento" ist auch inzwischen noch nicht geteert worden.Zwar arbeitet man ueber weite Stuecke am neuen Trassee, doch das ist gleichbedeutend mit der Verschiebung des Durchgangsverkehrs auf eine rotbraune parallele Dreckstrasse. Und da es inzwischen wie aus Kuebeln giesst, schlittern statt fahren wir des Oeftern darueber und der Iveco ist im Nu ebenfalls ockerfarben getarnt.
Gerade zur Mittagszeit schaffen wir es am Freitag, 15. August in den Grenzort Ponta Porá, wo wir nochmals vom guenstigeren Diesel in Brasilien nachtanken. Die Stadt als Freihandelszone strotzt nur so von Laeden mit Autoteilen, elektrischen Haushalts- und Elektronischen Geraeten. Die Policia Federal hat wiederum ueber Mittag geoeffnet und der Stempel ist rasch eingeholt. Der Herr, der die Unterschrift auf den Exportacion-Zettel setzen darf, ist allerdings noch zum Lunch, so dass wir es ihm im Camper direkt vor der Receita Federal gleichtun und unsere bis auf weiteres letzte Mahlzeit auf brasilianischem Boden einnehmen.
 
Weitere Fotos: siehe
Galerie / Brasilien V - Nr. 5547-6039

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