Von Salvador her kommend wenden wir uns
heute Montag, 3. September, ausserhalb von Feira de
Santana von der BR 242 ab und erwaehlen die Estrada
Feijão. Wir geniessen die Fahrt ueber Ipirá und Baixa
Grande. Leider aber geht die Super-Qualitaet der
Teerstrasse etwa auf Hoehe von Tapiramuta zu Ende und
altbekannter Schlagloch-Slalom wird noetig. In huegeligen
Gelaende haben wir von einem Hang hinunter einen letzten
Rueckblick ueber die zurueckgelegte Strecke. Morro do
Chapeú ueberrascht uns. Wir haben keinen so grosses
Ort erwartet und durchfahren erstaunt seine sauberen
Strassen. Dank Zita's Wegbeschreibung finden wir muehelos
zur 5km ausserhalb liegenden Fazenda Kanimambu. Kaum das
einfache Tor durchfahren, werden wir schon von Pedro
herzlich in Empfang genommen. Als alleinlebender
Jungeselle freut er sich ueber unseren Besuch und die
zusaetzliche Gelegenheit zu Gespraechen in
schweizerdeutsch. Der Einfachheit halber gondeln wir nach
Einnachten ins Dorf zurueck und lassen uns im angeblich
einzigen guten Restaurant, der Pizzeria Eusebio, das
gemeinsame Nachtessen schmecken. |

|
Wir erhalten am naechsten Tag eine
Privatfuehrung durch die 60 ha grosse Kaffeefarm sowie
die Verarbeitungsstufen und Probleme des Kaffeeanbaus
erklaert. Nur ueber 1'000m Meereshoehe erzielt man eine
annehmbare Qualitaet. Allerdings ist Regen in dieser
Gegend rar geworden - das letzte Mal fiel im Februar das
begehrte Nass vom Himmel - und Bewaesserung ist
unerlaesslich. Ab dem 3. Altersjahr ueber einen Zeitraum
von 10 Jahren bringen die Kaffeestauden guten Ertrag. Von
der Bluete und bis zur Reife der Kaffeebohnen ist der
Arbeitsaufwand relativ bescheiden, hauptsaechlich
beschraenkt auf Duengen und einmonatliches Maehen des
Gelaendes.
Fuer das Pfluecken muessen dann zusaetzliche
Arbeitskraefte angeheuert werden. Aber selbst hier
"auf dem Lande" wird es immer schwieriger,
Leute zu finden, die gewillt sind zum seit April von
380.- auf R. 402.- gestiegenen Mindestlohn zu arbeiten.
Guter Kaffee wird von Hand in 3-4 Durchgaengen bei
optimalem Reifegrad abgelesen. Wird er im Inland
verkauft, werden die roten Fruechte nur auf dem Boden
getrocknet und oft sogar unverarbeitet weiterverkauft. |

|
Fuer den Export muessen zur
Qualitaetssicherung die ganzen Beeren gewaschen (was eine
zu kontrollierende Gaerung verursacht), anschliessend
unter staendigem Wenden auf Gestellen an- und maschinell
fertig getrocknet werden. Das Dreschen entfernt die
Fruchtschalen und bringt die eigentlichen Bohnen zum
Vorschein, welche nach Groessen und Gewicht sortiert und
ungeroestet exportiert werden. Brasilien unterbietet
generell den Exportpreis mit USD 1.60 anstelle der fuer
die kolumbischen Exporte geloesten USD 4.50 pro Kilo.
Obwohl Peter fuer seine Exporte in die Schweiz mit fast
USD 7.00 sogar einen ueber 50% besseren Erloes erzielt,
wird er nicht reich und kann kaum seine Produktionskosten
decken, da sich der Wechselkurs Dollar/Real erheblich
verschlechtert hat. Wir erhalten so viele Saecke herrlich
duftenden, frisch geroesteten und gemahlenen Kaffee als
grosszuegiges Geschenk mit auf die Weiterreise, dass wir
bis Ende Jahr eingedeckt sein werden. |
Wie von Peter vorhergesagt ist die
Strecke von Morro do Chapeú (wie anscheinend alle
Nord-Sued-Verbindungen) ueber Bonita nach Utinga
in miserablem Zustand - eine Kette umteerter
Schlagloecher. Nach Wagner dann atmen wir auf,
erreichen ueber die BR 242 problemlos die Abzweigung und
12 km spaeter Lençois. Ueber eine kleine Bruecke
ueber den Rio Lençois fuehrt auf die Kopfsteinstrassen
des Ortes, wo wir nach einigem Werweissen und Suchen der
Strassennamen schliesslich durch ein hoeheres Nebentor
auf das Gelaende der Pousada Lumiar an der Praça
Rósario rollen. Ein ehemaliges Kolonialanwesen ist in
eine stattliche Pousada mit franzoesischem Restaurant und
der Park in einen schoenen Campingplatz unter grossen
alten Baeumen umgewandelt worden. Nicht dass wir den
Schatten noetig gehabt haetten. Kaum installiert fallen
die ersten Regentropfen und nach einem etwas spaeten
Nachtessen, weil wir noch mit den Motorrad-Reisenden mit
Luzerner Nummer, Khim und Kathri schwatzen, gar reichlich
Regen. |
Im 18. und 19. Jht. war Lençois
belebtes Minen-Zentrum. Garimperos versuchten ihr Glueck
und hofften die Diamanten zu finden, die nicht nur zu
gleichen Zeit sondern auch oertlich nahe derjenigen von
Namibia entstanden waren als Afrika und Suedamerika auf
Hoehe der Bahia vor dem Kontinentalen Drift noch
miteinander verbunden waren. Heutigen Touristen hingegen
dient der Ort als Ausgangspunkt fuer Touren zu Fuss,
Kletter- oder Boots-Trips im 1520km2 grossen Parque
Nacional da Chapada Diamantina. In tagelangen
Wanderungen kann man in diesem entlegenen Gebiet
unzaehlige Wasserfaelle (der beruehmteste der 420 m hohe
Cachoeiro da Fumaça), tolle Aussichten von den markanten
Felsformationen, dazwischen Hoehlen und kleine
Flusstaeler mit einsamen Badepools zu Fuss erreichen.
Wir verlassen Lençois am Nachmittag nach einem kleinen
Ortsbummel, Internet-Besuch und Mittagessen und brauchen
nur 22 km Fahrt auf der BR 242 zur rechts abzweigenden,
unbezeichneten roten Erdstrasse. Sie fuehrt zum einem
Berg-Sattel hinauf, wo neben einem grossen Sendeturn
improvisierte mit Tisch und Stuhl eine Station vom
Nationalpark-Buero ist. Ein obligatorischer Fuehrer
bringt uns ueber einen felsigen Pfad in etwa einem
halbstuendigen Anstieg auf den 1'120 m hohen Morro do
Pai Inácio hinauf. Ein spektakulaeres 360o
Panorama tut sich uns als Belohnung auf. Wir fahren
anschliessend beschwingt im warmen Sonnenlicht. Dass wir
den Autoposto vor Seabra als zu fruehen Halt
abtun, muessen wir nachher buessen und bis in die
Dunkelheit hinein fahren, um erst bei Queimada Nova
den naechsten annehmbaren Nachtplatz zu finden. |

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Der Donnerstag, 6.9., ist ein Fahrtag
heute mit ueber 600 km. Fuerchteten wir erst, aus dem
Sommer gekommen zu sein, wurden wir bald eines besseren
belehrt. Nach Ibotirama und Ueberquerung des
breiten Rio São Francisco kommen wir in wieder
trockenere, waermere Gegend. Auf Hoehe von Wanderley
gewaertigen wir anstelle von Gebuesch und magerem
Weideland bereits Getreidefelder zu beiden Seiten. In Barreiras
koennen wir unter grossen Baeumen uns in den wieder
noetigen Schatten fuer den Mittagshalt stellen. Wir
bleiben weiterhin von Schlagloechern verschont und
muessen nur ab und zu vom Schwerverkehr leicht gerillte
Strasse in Kauf nehmen. |

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Luis Eduardo Magalhães zeigt als
eine der grossen Ausnahmen nirgendwo Anzeichen von
Verfall sondern praesentiert sich als Stadt des
Aufschwungs ganz im Zeichen der Agrikultur. Die
Geschaefte und Betriebe sind modern, voller
Landwirtschafts-Geraete und -Maschinen. Nunmehr auf Route
BR 020 ist praktisch nichts mehr von der Cerrado mit
seiner urspruenglich savannen-artigen Vegetation zu
sehen. Das Land ist topfeben, und wir fahren auf den
naechsten 200km durch immense Felder, soweit das Auge
blickt. Neben Getreide wird Soya, aber in der Hauptsache
Baumwolle angebaut. Die weissen Bueschel sind erst
kuerzlich gepflueckt worden und lagern in riesigen Haufen
entlang der Felder, welche - sofern nicht bereits
umgepfluegt - wie die Strassenraender noch mit weissen
Flocken uebersaet sind. Wir kommen selten durch
Ortschaften sondern nur an einigen Autopostos und
Tankstellen vorbei. Die Sonne geht am Horizont blutrot
hinter den ockerfarbenen Feldern nieder und taucht die
ganze Umgebung in kitschiges Licht. Als Tagesziel fuer
uns haben wir den Autoposto Rosarió bestimmt, den wir
beim Eindunkeln erreichen. Er ist gut besucht mit
entsprechend viel Betrieb, wenn die riesigen Lastwagen
einparkieren, die Chauffeure auftanken, sich duschen und
verpflegen, bevor ein Teil in die Nacht hinein
weiterfaehrt. Wir benutzen die Gelegenheit und verpflegen
uns im grossen, modernen Restaurant Rosarió, das ab
19.ooh ein kleines Buffet mit Essen nach Gewicht
offeriert. |
Bald nach Abfahrt fahren wir neu statt im
Staat Bahia nun in Goiás auf der BR 020. Die Strasse
fuehrt durch die trockene Hochebene Cerrado. Wir bewegen
uns innert 500-1'000 m Meereshoehe zwischen Huegelzuegen
immer leicht bergauf und bergab. Mehrheitlich haben wir
sonniges Wetter mit fotogenen Wolken. Ab und zu
verschlechtert Rauch von brennenden duerrem Gras die
Sicht, oder kleine Windhosen wirbeln Staub auf. Eine Art
hoher Baobab- Baeume stehen zwischen einzelnen
Weinpalmen, Gestruepp und einzelner auffallender
Baumkronen voller grell gelber oder violetter Blueten.
Gespannt rollen wir auf die brasilianische Hauptstadt mit
ihren 2,2 Mio. Einwohnern zu. Wie schon unterwegs
gewaertigen wir auch bei der Einfahrt von Brasília
keinerlei Anzeichen von Festlichkeiten zum heutigen
Unabhaengigkeitstag (7.September) ausser dass Buero und
Geschaefte, abgesehen von grossen Shopping Centers
offensichtlich geschlossen bleiben. Andere Reisende haben
freundlicherweise in Ihren Reiseberichten die Koordinaten
ihres Standortes erwaehnt, wonach wir ohne Probleme aufs
Gelaende der "Albergue da Juventude" von Brasília
finden, da der einstige Campingplatz laengst seinen
Betrieb eingestellt hat. Fuer R. 14.50 pro Person ist in
der Uebernachtungsgebuehr nicht nur die Benuetzung von
WC, Dusche oder Waschkueche sondern auch noch das
Fruehstueck inbegriffen. |
Nach ueber 150 Jahren
Debattierens schlug der damalige Praesident Juscelino
Kubitschek 1955 vor, dass aus dem Bundesstaat Gobiás ein
Distrito Federal ausgesondert werden und die neue
Hauptstadt Brasiliens beherbergen solle. Der "Plano
piloto" sah vor, dass die Stadt in Form eines
Flugzeugs (oder eines Bogens mit Pfeil) dem riesigen
kuenstlichen Lago do Paranoá gegenueberliege. Im Rumpf
(oder Pfeil) befinden sich alle Regierungsgebaeude und
Monumente. In nur 3 Jahren Bauzeit wurde diese
einzigartige Hauptstadt, eines der Architektur-Wunders
aus dem 20. Jht.'s (und seit 1987 in der entsprechenden
Liste von World Heritage Plaetzen) nach Plaenen von drei
beruehmten Brasilianern (Lúcio Costa als Stadtplaner,
Oscar Niemeyer als Architekt und Roberto Burle Marx als
Landschaftsarchitekt) aus dem Boden gestampft. Am 21.
April 1960 wurde die Hauptstadt offiziell von Rio nach Brasília
verlegt.

Ebenso futuristisch wie ihre Architektur ist ihr
Adress-System, ausgehend von der zentralen Eixo
Monumental ausgedrueckt in Buchstaben und Ziffern, welche
dem Eingeweihten verraten, wo sich SQS 704 Bloco
(=Gebaeude) Q, Casa (=Haus) 19 befindet, naemlich: in der
Super Quadra - South/Sued - 704 (7= ungerade, deshalb
westlich der Nord-Sued-Hauptachsel Eixo Rodoviários Sul
(oder gegebenenfalls Norte) / 04 entspricht Distanz
noerdlich-suedlich von der Eixo Monumental - generell je
hoeher die Ziffer, desto weiter entfernt vom
Ausgangspunkt.
Wir machen uns auf, diese beruehmte Hauptstadt zu
erkunden und fahren von der Umfahrungsstrasse (resp. vom
Carrefour) her kommend in die Eixo Monumental ein. So
stossen wir erst auf das
|
- Memorial JK zu Ehren des Stadtgruenders
Juscelino Kubitschek. Sein Abbild steht in
luftigen 28 m Hoehe vor dem pyramiden-foermigen
Gebaeude aus weissem Marmor. 1981 eingeweiht
enthaelt es persoenliche Gegenstaende des 1976
bei einem Autounfall toedlich verunglueckten
Staatspraesident und seiner Frau, Bilder aus
seinem Leben und im ersten Stock seine
Grabkammer. Aufgrund ihrer Form uebersieht man
die
- Catedral Metropolitana nicht, aber wegen
ihres in unseren Augen vernachlaessigten
Zustandes mit vielen zerbrochenen Scheiben in den
staubbedeckten Glasfenstern sind wir vom Besuch
enttaeuscht. Ebenfalls faellt die
- weisse Halbkugel des Museu Nacional da
Republicá auf. Mit der avantgardistischen
Ausstellung koennen wir nicht viel anfangen - wir
betreten es vielmehr, um auf die aussen
vorgelagerte Terrasse mit Ausblick auf die
Umgebung zu gelangen.
- Palácio de Itamaraty (Ministry for
Foreign Affairs), das via eine Bruecke ueber
Pools mit Inseln von tropischen Pflanzen aus der
Amazonas Region betreten wird und von der aus
einem einzigen 4t schweren Carrara Marmorblock
geschaffene Meteoro Sculptur, welche die fuenf
Erdteile darstellen soll, gekennzeichnet ist.
Beruehmt ist die 220m2 grosse
saeulenfreie Halle und die 2,3 m breite
Spiral-Treppe ohne Gelaender ins Obergeschoss.
Wir haben Glueck und koennen uns der gefuehrten
Tour einer franzoesischen Reisegruppe
anschliessen, damit wir ueberhaupt das
Gebaeude-Innere zu Gesicht bekommen. Er ist nur
ein Element der vielen links und rechts der
zentralen Eixo Monumental, an der
- Esplanada dos Ministerios erstellten
gleichfoermigen und schnoerkellosen Gebauede,
jedes ein anderes Ministerium beherbergend. Der
|
- Congresso Nacional ist Brasília's
auffallendes Kennzeichen. Die Administration ist
in zwei 28 Stockwerke hohen eckigen Gebaeuden
untergebracht, welche von zwei weissen Domen
flankiert werden. In demjenigen, anzusehen wie
eine riesige Schuessel, versammeln sich in der
Cãmera 513 Deputados, um Gesetzesvorlagen zu
pruefen, waehrend sich die 81 Senadores, 3 pro
Federação-Einheit, im "umgestuelpten"
Dom beraten. Abgestimmt wird mit modernsten
Vorrichtungen - jeder Sitz verfuegt ueber eine
elektronische Einrichtung, in welcher die
Anwesenheit codiert eingegeben und mit optischem
Auge anhand des Zeigefingers die Autorisation
ueberprueft wird, bevor eine Stimmeingabe
ueberhaupt akzeptiert wird.
Mit den Wasserbecken davor und dahinter und der
nach unserer Besichtigungstour schon
untergehenden Sonne werden die Fotos toll.
|

|
Bis wir noch im Setor de Embaixadas Sul
aus "Gwunder" bei der Schweizer Botschaft
vorbeigefahren sind, dunkelt es und wir sind froh, den
Weg zu unserem Standplatz zu kennen, denn die
Bezeichnungen der Strassen und Quadras, oft von Baeumen
oder Lichtsignalen verdeckt, wollen immer erst erspaeht
werden.Am naechsten Morgen stehen wir kurz vor 9.ooh beim
- Torre TV. Die Buden des grossen
Souvenir-Marktes zu seinen Fuessen oeffnen eben
erst ihre Klappen. Nur noch einer der beiden
Aufzuege funktioniert, aber zu dieser Tageszeit
stehen nur wenige Touristen an. Wir koennen uns
daher mit der ersten Liftfuhre in die Hoehe
katapulieren lassen, um uns von der
Aussichtsplattform einen Ueberblick ueber die
noch schlafene Stadt zu verschaffen. Heute ist
Sonntag - deshalb offen ist der
- Palácio do Planalto, das
Regierungsgebaeude. Nach dem Wache-Wechsel wird
unsere Gruppe durch das moderne Gebaeude
gefuehrt, die Eingangshalle gepraegt von ihrem
Ausmass und einer frei schwingenden Treppe. Die
Einheimischen bestaunen geradezu ehrfuerchtig die
Amtsraeume ihres Praesidenten Lula. Auf der
|

|
- Praça dos Três Poderes bewundern wir
moderne Kunst-Elemente und den
- den 72 m hohen Fahnenkandelaber, den Pavilhão
Nacional, bestehend aus 24 Stahlrohren (die
damalige Anzahl der integrierten Bundesstaaten).
Er traegt die groesste Flagge des Landes, ein
Banner von 286 m2, welche wegen des heftigen
Windes zerschliessen jeden 1. Sonntag im Monat
mit einem speziellen Prozedere ausgewechselt
wird. Wir lassen uns durch den
- wenig erhabenen Superior Tribunal de Justiça
schleusen und sehen uns im
- eigenartig geformten Panteão da Pátria
Tancredo Neves das grosse bunte Glasfenster
an. Wir erweisen der
- attraktiven Ponte JK ueber den Lago do
Paranõa unsere Referenz und aus gebuehrender
Distanz dem am selben See herrlich gelegenen
- Wohnsitz des Praesidenten, dem Palácio da
Alvorada.
|
Ich dirigiere als Ko-Pilot Fredy
anschliessend durch den Setor de Clubes Esportivos Norte
mit seinen unzaehligen, am Wochenende gut besuchten
Tennis- und Bade-Anlagen. Mein Plan, einmal auf der Eixo
Rodovario Notre und Sul durch die ganze Stadt zu rollen,
faellt flach, da sie heute gesperrt und den Fussgaengern
und Velofahrern vorbehalten ist.
Wir stehen hinter der Jugendherberge neben dem Camper von
Valérie und Daniel aus Frankreich. Die Unterhaltung mit
den Frenchies, trotz meines holprigen Franzoesisch und
ihres ungeuebten Englisch wird immer lebhafter.
Alle geniessen wir das schoene Wetter vom Montagmorgen.
Das Waschen mit einem Basis-Modell von Waschmaschine, die
mit einer sich ruckartigig bewegenden Mittelkonsole die
groebste Arbeit des Rubbelns ersetzt, ist schon fast eine
Herausforderung fuer Fredy. Die Wasch- und Spuelzeiten
muessen ueberwacht werden, da der Wasseraustausch nicht
automatisch erfolgt. Zudem kann die Kiste auch nicht
auswringen, was dann zu guter Letzt noch von Hand gemacht
werden muss. Doch selbst im Schatten unter dem Baeumen im
Hintergrund des grossen Areals trocknet die Waesche beim
extrem trockenen Klima in Rekordzeit. Seinen Feierabend
muss er auch noch mit kleinen Wartungsarbeiten und
Niveaukkontrollen verdienen. Ich brenne, da via Avard's
Camper von der einzigen Steckdose an der Hausfront mit
Elektrizitaet versorgt, den ganzen Tag endlich mal wieder
Sicherungs-CD's mit Fotos, eine Pendenz, die schon lange
auf dem Magen gelegen hatte, und erstelle den
Reisebericht Brasilien II. |
Nachdem Valérie gestern zum Nachtessen
ein Kartoffel-Omelett, das wir mit einem gemischten Salat
vervollstaendigten, kreiert hatte, grilliert sie heute
Poulet und feine Schweinswuerste und ich steure Teigwaren
und Zucchini-/Karotten-Gemuese bei. Valérie hat
beschlossen, zur Feier des Tages "comme un
cochon" zu essen, was uebersetzt "viel"
und nicht wie ich annehme, "wie ein Schwein"
(=comme un salaud) heisst. Zum Dessert verzehren wir in
Schale grillierte Bananen, muessen uns jedoch den Grand
Marnier und das Vanille-Glacé dazu denken. Abends kuehlt
es merklich ab, aber mit Pullis und Socken koennen wir
gut draussen sitzen, umsomehr als wir die beiden
Kaffee-Fans jeweils noch mit frischgebruehtem
Cattleya-Filterkaffee erfreuen. |

|
Nach dem Abschied von Daniel und Valérie
und ebenso von Brasília beschraenkt sich der
Dienstag, 11. 9. auf Fahren. Ueber 500 km vom haben wir
am Abend, als wir beim Autoposto Planalto zwischen Três
Marias und Felixlãndia stoppen, hinter uns gebracht.
Relativ rasch hatten wir auf rumpliger Peripherie-Strasse
den Distrito Federal verlassen. Nach einem Stueck mit
Feldern empfing uns ab Cristalino wieder die
typische Cerrado. Vom Bundesstaat Goiás nach Minas
Gerais gekommen, fiel uns vor Paracatu ein
ernormes, freigescharrtes Minen-Gelaende auf, ohne dass
wir herausfinden konnten, was hier abgebaut wird. Den
weitverzweigten Stausee Represa Três Marias zu unserer
Rechten sahen wir, bevor die Sonne glutrot am Horizont
unterging, nur in der Ferne glaenzen.
Vorbei ist am naechsten Tag auf der BR 040 die
gute Strasse mit dem angenehmen 3-Bahnen-System (2 Spuren
huegelan zum geschaetzten Ueberholen der langsamen LKWs,
1 Bahn talwaerts). Selbst der kuehne Fahrer Fredy ist auf
dem welligen Trassee gezwungen, den Tempomat
auszuschalten und das Tempo statt der im Idealfall fast
100 km/h auf 60 zu maessigen. Von den normalerweise hoch
mit Holzkohle-Saecken beladenen Transportern sieht man ab
und zu einen Ungluecklichen, dem auf der schlechten
Strasse die Ladeseile gerissen sind, inmitten eines Sees
aus schwarzem Kohle-Staub und -Stueckchen stehen. All
diese Laster bringen ihre Fracht als Energiequelle zum
grossen Stahl- und Huettenwerk von Sete Lagoas. Ab
diesem Ort ist die Strasse dann lange Zeit auf
Autobahn-Groesse ausgebaut, doch wir haben leider das
Pech, in unserer Fahrtrichtung auf dem alten schlottrigen
Teil suedwaerts fahren zu muessen. |
Zum Sitz der Minas Brasil
Versicherungs-Gesellschaft schaffen wir es ring, nicht
aber ihr eine Versicherungs-Police fuer Autohaftpflicht
fuer den Mercur-Sul zu entlocken. Wir werden fuer eine
angeblich guenstigere Loesung zur Banco Mercanil im
selben Gebaeude verwiesen, wo man, da nicht Kunde resp.
Kontoinhaber bei der Bank gar nichts von uns weissen will
und uns zur international taetigen Banco do Brasil
weiterschickt. Bevorzugt von der Dame am
Auskunftsschalter koennen wir die vielen Wartenden
ueberspringen und sitzen bald am Pult eines ehrlich
bemuehten Herrn. Aber ohne Residenz in Brasilien kann er
uns zu seinem Bedauern nicht weiterhelfen. Also traben
wir zur ersten Adresse zurueck und stossen da anstelle
des vorherigen uninteressierten Mitarbeiters auf eine
engagierte junge Dame. Das Problem der Residenz koennen
wir mit einer ausgeborgten Anschrifts in Brasilien zwar
gluecklich umgehen, aber der Haken an der Sache ist, dass
diese Autohaftpflicht nach Abschluss vorerst nur im Land
Brasilien selbst und erst nach Ablauf eines Jahres auch
in den Nachbarlaendern gilt. Von einer speziellen Loesung
fuer Touristen weiss man nichts, obwohl die Homepage der
argentinischen San Cristobal Versicherung uns
ausdruecklich hierher verwies. |

|
Wir geben auf, verpflegen uns in einem
nahen Restaurant unter freundlichster Bedienung, um
anschliessend noch einen kurzen Spazierung durch die
Avenida Alfonso Pena zum Parque Municipal zu machen.
Dieser soll ein Juewell und eine Quelle der Entspannung
sein. Ich aber, sensibilisiert vom Vorfall in Salvador,
kann angesichts der vielen herumlungernden oder auf den
Wiesen schlafenden dubiosen Gestalten mich hier nicht
entspannen. Auch in den belebten und sogar Haupt-Strassen
der Stadt fallen uns die verhaeltnismaessig vielen
schlecht oder gar zerlumpt gekleideten Typen auf. |
Quer durch die Stadt auf der Avenida
Bahia suchen wir uns den Weg zurueck auf die suedliche
Fortsetzung der BR 040. Wir realisieren, dass wir bis zum
Einnachten noch bis nach Ouro Preto schaffen koennen.
Dort allerdings gibt es den in einem Reisebericht
erwaehnten CCB Camping nicht mehr. Der BBC Campingplatz
soll nach Angabe von Doris und René gar 40.- R. pro
Nacht kosten und liegt vor allem ausserhalb und abseits.
Deshalb werden wir schwach, als wir die tolle Aussicht
des unterhalb der Igreja SF de Paulo gelegenen Hostels
Brumas (Jugendherberge) sehen und nehmen in Kauf, den
Preis eines Doppelzimmers zahlen zu muessen (R. 60.-
inkl. Fruehstueck). So koennen wir neben Dusche und WC
dafuer den Internet-Anschluss benutzen. |

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Auf einen Auslaeufer der Serra do
Espinhaço wurde 1711 Vila Rica erbaut, dieselbe 1721
durch kaiserliches Dekret von Dom Pedro I. in
"Imperial City of Ouro Preto" (schwarzes
Gold) umgetauft und als Hauptstadt des Bundesstaates
Minas Gerais ausgerufen. Ueber 110'000 Einwohner
(hauptsaechlich Sklaven) zaehlte die Stadt Mitte des 18.
Jht. auf ihrem Hoehepunkt dank reicher Goldvorkommen. Der
Verlust des Hauptstadt-Status, der 1897 auf Belo
Horizonte uebertragen wurde, trug dafuer wesentlich dazu
bei, den Aufschwung der Stadt zu bremsen, dafuer aber
ihren kolonialen Stil zu erhalten. Seit 1933 nationales
Brasilianisches Monument wurde sie schliesslich 1981
World Heritage Site. |
Am Donnerstag-Morgen blicken wir auf
einen eher tristen, mit grauen Wolken verhangenen Ort.
Nachts hatten wir Regen auf das Camperdach klopfen
hoeren. Wir holen nach den waermeren Bettdecken auch mal
wieder unsere Regenjacken aus dem Kasten. Trotzdem
steifen wir den ganzen Tag begeistert huegel-auf und -ab
durch die vielen schmalen Kopfsteinpflaster-Gassen der
nach unserer Ansicht schoensten der bisher besuchten
historischen Staedte, welche mit 23 reich ausgestatteten
Kirchen gesegnet ist. Aus allen Winkeln und von allen
Kuppen bieten sich spektakulaere An- und Aussichten, und
man erblickt kein das Bild stoerendes Gebaeude aus dem
20. Jht.'s. Wir sehen uns Largo Rosario und Praça
Tiradentes an und besichtigen dazwischen mit Matriz NS de
Pilar, Igreja de São Francisco de Assis und Igreja de NS
de Carmo einige der bekanntesten Gotteshaeuser, halten
uns aber von den Museen fern. Petrus ist uns hold, im
Laufe des Tages klart es auf und wir koennen in der Rua
Direita die geschlossenen alten Fronten bei bestem Licht
knipsen. In der Rua São José holt uns der Hunger ein,
und wir schlemmen am Buffet des Restaurante Chafariz am
spaeten Nachmittag, so dass wir uns ein Nachtessen in
Anbetracht der vereinnahmten Kalorien sparen koennen
resp. muessen. An insgesamt zwei Abenden sitzen wir im
Camper, geniessen seine Waerme und den irren Ausblick auf
das naechtliche Ouro Preto. Zum Glueck spielen die
Jazz-Gruppen auf dem Largo Rosario, die am Jazz-Festival
von 13.-16. September teilnehmen, in annehmbarer
Lautstaerke, so dass ihre Musik, in unseren Ohren
"Geduddel", uns nicht stoert. |

|
Am Freitag, 14.9. steht vor der
Weiterfahrt noch ein Besuch des Internet-Cafés auf dem
Programm. Papi Baumann hat ja heute seinen 86. Geburtstag
und Fredy will in der Schweiz anrufen. Gestern hatten wir
auch schon Urs Rueegg telefonisch zu seinem Geburtstag
gratuliert, und da wir morgens unterwegs sein werden,
schicke ich vorsichtshalber eine virtuelle Happy Birthday
Karte an Adi ab, der am 16. ebenfalls ein Jahr aelter
wird. Wir haben ein modernes Lokal gefunden, koennen da
auch unsern Versicherungsantrag an Nowag fuer eine
AIU-Police einscannen lassen, da wir uns entschlossen
haben, mit den suedamerikanischen Versuchen, zu einer vor
allem fuer Argentinien obligatorischen
Autohaftpflicht-Versicherung zu kommen, aufzuhoeren und
dieselbe nunmehr in Deutschland per mail zu beantragen.
Fredy spart sich den Eintritt zur Igreja de Santa
Efigénia dos Pretos, welche fuer die schwarze
Sklaven-Bevoelkerung gebaut worden war. Die
Schutzpatronin Sta. Efigénia ist sinnigerweise schwarz
und sollte vor Unfaellen in den Minen beschuetzen und
stellt, uebertragen vom von den Afro-Staemmigen
praktizierten Candomblé, die Koenigin von Nubia dar.
Finanziert wurde der Kirchenbau mit aus den Minen in Form
von Staub im Haar, unter den Fingernaegeln oder in
Zahnloechern geschmuggeltem Gold. Unweit davon steht die
zwischen 1701 und 1704 errichtete Capela do Padre Faria.
Ihr Standort ist gekennzeichnet mit einem Steinkreuz mit
drei Querbalken als Symbol fuer die dreifache, die
weltliche, geistige und materielle Macht des Papstes. |

|
Zur Abwechslung und als Abkehr vom
kulturellen Zeitvertreib fahren wir 11 km bis kurz vor
Mariana, um die Minas de Passagem zu besuchen.
Eroeffnet 1719, wurden anfaenglich 33 Gramm Gold pro
Tonne Gestein realisiert. Nach insgesamt ueber 35t
gefoerdertem Gold wurde sie aber 1985 stillgelegt, als
pro Tonne nur noch gerade unprofitable 3 g pro 1'000kg
abgebauten Materials gefunden wurden.
Am Seil werden wir auf einem der alten Karren ueber
schmales Geleise die 315m lange Strecke auf 120 m Tiefe
hinuntergelassen - der Antrieb aus England mit Pressluft
betrieben. Unser Guide gibt sich redlich Mühe und
vereint in beiderseitigem Kauderwelsch Englisch von
ihm/eine Art Portugiesisch von mir, verstehen wir seine
Erklaerungen. Am Endpunkt der fuer Besucher zugaengigen
Abbau-Galerien liegt ein klarer unterirdischer See, in
dem man auch baden koennte. Die tieferen Gaenge sind, da
nicht mehr leergepumpt, heute geflutet und bieten Mutigen
Gelegenheit fuer ein organisiertes Tauch-Abenteuer.
Wir kehren durch huegeliges, bis 1'200m hohes Gebiet auf
der sogennanten Estrada Réal via Conselheiros
Lafaiete zurueck auf die Hauptverbindung BR 040.
Ruheplatz wird schliesslich ein Autoposto ausserhalb Juiz
de Fora. |
Fredy's 60. Geburtstag am 15. September
2007. Seit Tagen und Wochen hatte ich versucht, mir fuer
ihn, den Genuegsamen, eine Ueberraschung einfallen zu
lassen und zu besorgen. Trotzdem stehe ich heute mit
leeren Haenden da und muss ihm nur mit einem schaebigen
Ruehrei-Herz gratulieren.
Petrópolis, das bereits im Bundesstaat Rio de
Janeiro liegt, wird in den Reisefuehrer lobend erwaehnt.
In diesem Ort pflegte der kaiserliche Hof den in Rio zu
stickigen Sommer zu verbringen. Heute ist der auf 800m
Meereshoehe liegende Ort mit seinen ueber 270'000
Einwohnern nicht mehr geruh- oder gar erholsam.
Pferde-Droschken sind fuer Stadtrundfahrten immer noch in
Gebrauch, aber sie kaempfen sich wie wir durch
betraechtlichen motorisierten Verkehr. Vom Trono de
Fátima laesst sich keine Uebersicht mehr ueber die Stadt
gewinnen, da hohe Baeume und Gebuesche laengst den
Ausblick verdecken. Gerade vor der Schliessung ueber
Mittag koennen wir noch in den fuer eine spaetere
Hochzeit herrlich mit weissen Rosen und Lilien
geschmueckten Innenraum der Catedral São Pedro de
Alcãntra schluepfen. |

|
Der Palácio Cristal, eine Eisen- und
Glaskonstruktion 1879 aus Paris importiert und als
Treibhaus fuer Orchideen verwendet, steht dafuer komplett
leer in einem kleinen Park. Um seine Wasserfoentaenen
scharen sich ganze Heerscharen von weithergereisten
Schueler/inne/n und Student/inn/en, um Erinnerungsfotos
zu schiessen. Er liegt am Rio Piabanha, der wie der sich
ebenfalls durch Petrópolis schlaengelnde Rio Quilandinha
nur totes, stinkendes Wasser mit sich fuehrt und nach
unserem Empfinden anscheinend die Funktion der
Kanalisation uebernommen hat.
Hauptattraktion des Ortes ist das Museu Imperial, der
perfekt erhaltene und unterhaltene Palast von Dom Pedro
II. Ausgeruestet mit Filzschlappen zur Schonung des auf
Hochglanz polierten Original-Holzbodens und mit einem
Audio-Geraet mit Erklaerungen zu den einzelnen Raeumen,
Ausstattungen und persoenlichen Gegenstaenden verweilen
wir bei der Besichtigung viel laenger als gedacht, bis
wir an allem, inklusive der kaiserlichen 1,7 kg schweren
Krone mit ihren 639 Diamanten und 77 Perlen sowie dem
goldenen Szepter, vorbeipromeniert sind. Da muessen wir
im Anschluss daran zur Erholung und Staerkung fuer die
Weiterfahrt mit Kaffee und Kuchen in die bekannte
Patisserie "Chocolates Katz". |
Erst am spaeten Nachmittag desselben
Tages erreichen wir die Agglomeration von Rio de Janeiro.
Wider Erwarten sehen wir auf der gewaehlten Zufahrt
keinen grossen Supermercado fuer den
Lebensmittel-Einkauf, und erst recht Muehe haben wir,
einen Uebernachtungsplatz zu finden. Auf BR 116
schliesslich fahren wir ein kurzes Stueck Richtung São
Paulo, kehren mangels Ritorno muehsam via ein nicht sehr
vertrauenserweckend aussehendes Wohnquartier auf die
Gegenfahrbahn zurueck, um schliesslich doch noch bei
einem eher schaebigen, aber immerhin 24-stuendigen
Autoposto zu landen. Die wenigen LKW-Chauffeure
bestaetigen uns, dass sie auch hier uebernachten und
empfehlen, um sicher zu sein, direkt unter den Lampen bei
den Tanksaeulen zu parken, was uns anfaenglich
widerstrebt. Als dann beim Einnachten sich auch die
letzten Lastenzuege da positioniert oder gar
nachtraeglich dahin umparkiert haben, geben wir klein bei
um nicht ganz allein draussen auf dem grossen Platz zu
stehen. |
Am Sonntag sind die
Schnellverkehrsstrassen, die uns muehelos durchs Centro
und in die suedlichen Bereiche von Rio de Janeiro
- sprich in Reichweite von Copacabana - bringen koennten,
alle geschlossen. Unseren Weg muessen wir uns muehsam
durch den zum Glueck spaerlichen Verkehr suchen,
verwerfen den 24-Std.-Abstellplatz vis-à-vis Hotel
Gloria zwischen zwei mehrsspurigen Schnellstrassen wegen
des Verkehrslaerm bestensfalls als Notloesung und landen
schliesslich auf dem Parkplatz des Pão Açucar, einem
unter Travellern bekannten Uebernachtungsplatz.
Natuerlich ist er heute dicht belegt mit Fahrzeugen, der
Insassen entweder den beruehmten Zuckerhut besuchen oder
aber an der Praia Vermelha liegen. Ein eifriger
Parkwaechter verweist uns an die Av. Portugal, wo wir
neben einem kleinen Wasserbecken mit Booten Wind haben
und fuer den Rest des Tages mal stehen koennen. Von
Anwohnern werden wir sogar eingeladen, an der
Geburtstagsfeier ihres einjaehrigen Sohnes, zu dem sich
die ganze weitverzweigte Familie mit unzaehligen Kindern
versammelt, teilzunehmen. Im gesicherten Wohnblock
oeffnet uns der Portier die Gittertuer und laesst uns in
den Innenbereich, um mit dem Lift auf ein offenes
gemeinschaftliches Geschoss zu gelangen. Neben unserem
Gastgeber Paulo, der ueber einige Monate lang bei der UBS
in der Schweiz einen Stagiaire absolvierte, koennen
ueberraschend viele dieser sicher nicht armen Leute
englisch, ein paar haben sogar Privatschulen im
Welschland besucht. |

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Abends dislozieren wir tiefer ins
Urca-Quartier an die Av. São Cãndido Gaffré, denn
Fredy hat bei einer Erkundung mit dem Velo einen anderen
Camper aufgegabelt. Markus aus Luzern uebernachtet in
seinem Mitsubishi-Bus ebenfalls mit uns. Der Standplatz
liegt zwar an einer vielbefahrenen Einbahnstrasse und
unsere Fahrzeuge werden geschuettelt, wenn die
oeffentlichen Busse vorbeirasen, haben aber den Vorteil
von WiFi -Anschluss via ein ungeschuetztes Netz in der
nahen Umgebung. Die Temperaturen sind mittlerweile abends
so "tief" gesunken (20o C), dass wir
uns im Iveco zu dritt um Gaskocher+Pfanne sammeln und uns
ein Kaesefondue schmecken lassen! |
Beim naechsten Einloggen ins fremde Netz
erwartet uns eine freudige Ueberraschung. Doris und
René, kennengelernt in Cusco, sind ebenfalls in der
Stadt eingetroffen und stehen an der Praia Vermelha. Also
packen wir spaet nachts zusammen und dislozieren zu ihnen
rueber, wo sich der Parkplatz der Bahn zum Zuckerhut
laengst gelichtet hat. Da stehen von nun auf drei
Schweizerfahrzeuge auf den hinteresten drei Parkplaetzen,
und fuehlen sich direkt neben dem vom Tag und Nacht vom
Militaer aus der benachbarten Escuela Naval bewachten
Gelaende sicher. Wohl nicht uns zu Ehren wird jeden
Morgen um 8.ooh wird von einem Trompeter begleitet uns
gegenueber bei der Escola de Comando e Estado-Maior do
Exército die Landesfahne aufgezogen. |

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Wir lassen die Fahrzeuge an Ort stehen
und machen uns auf zur Erkundung der 6 Mio. Stadt Rio
de Janeiro und einiger ihrer 159 Bairros. Ein
Einstieg in den Bus (fuer uns Nr. 107 direkt ins Centro)
kostet den Einheitstarif von R. 2.- pro Person,
unabhaengig davon, wie weit man auf dieser Linie faehrt.
Umsteigen ist allerdings nicht moeglich ohne erneute
Bezahlung. Obwohl ohne festen Fahrplan kesseln die Busse
in Hoellentempo ueber ihre Route - bremsen,
beschleunigen, "schletzen" gnadenlos die Gaenge
rein oder raus und stoppen fuer einmal nur an
bezeichneten Haltestellen. Mal zu viert, mal zu Fuenft
widmen wir uns dem Sightseeing in dieser lebhaften Stadt
mit ihrer bilderbuchhaften Lage. Wohlweislich tragen wir
nur wenig Bargeld (ohne Portemonnaie in koerpernahen
resp. kontrollierbaren vordern Hosentaschen), keine
Armbanduhren und Halsketten und hoechstens den
unauffaelligen Miniatur-Fotoapparat mit uns. Je nach Lust
und Laune picken uns einzelne Ziele heraus, die wir bei
sonnigem, leider of "diesigen" Wetter besuchen: |

- die nach 12-jaehriger Bauzeit 1976 eingeweihte
kegelfoermige Catedral Metropolitana. Ihre
vier farbigen Glasfenster messen vom Boden bis
zur Decke mit lichtdurchflutetem transparentem
Glaskreuz 60m
- das 1905 im Stile der Pariser Oper erstellte Teatro
Municipal mit herrlichem Eingangsbereich mit
geschwungenen Marmortreppen, farbigen
Glasfenstern aus Deutschland, Kristall-Spiegel
und Luester aus Belgien (der allgemeinen
Eintrittsgebuher enthoben, da man uns ohne
grosses Nachfragen als 60+ Rentner einstufte!)
- das Real Gabinette Poruguès de Leitura
aus 1837 mit ueber 350'000 Buechern, die zum Teil
bis ins 16. Jht. zurueckdatieren
- mit dem alten, klapprigen "bonde"
(Tram) vom Centro ueber die "Arcos do
Lapa" ins bohemian-hafte Santa Tereza
bis zum Largo das Neves und zurueck zu Carne de
Sol und Carne Secada in der Bar da Arnaudo in der
Naehe des Largo do Guimarães
- zum Parque das Ruinas zur tollen Rundsicht
ueber die ganze Stadt hinauf ins oberste
Stockwerk der mit modernen Elementen
restaurierten ehemaligen Villa der
brasilianischen Erbin Laurinda Santos Lobo, in
deren Park heute Freilicht-Auffuehrungen
veranstaltet werden
- fuer einen Blick (nur) in die tradtionelle
Confeitaria Colombo im Centro
- durch unzaehlige Gassen, Strassen und Praças mit
gemischter, leider oft vernachlaessigter
Architektur allen Alters
zum unter der Woche geradezu
einsamen beruehmten Strand von Copacabana

- als Vorgeschmack auf den 363m hohen Morro und
Mirante Dona Marta und anschliessend auf den
Corcovado zum beruehmten 38 m hohen und 1'145
Tonnen schweren Cristo Redentor, der auf
710m Hoehe seine Arme ueber Rio ausbreitet und
nicht zu vergessen
zu Fuss zur 220m ue.M.
gelegenen ersten Station der Seilbahn auf dem
Morro da Urca und mit der glaesernen Kabine rauf
auf den 396m hoch gelegenen weltberuehmten Pão
de Açucar mit atemberaubendem Panorama
sowohl bei Tage als auch in der Nacht der
landschaftlich wohl schoensten Stadt der Welt.
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Am Freitag-Morgen knirscht es wegen des
starken Windes fast zwischen den Zaehnen beim
Fruehstueck. Unser letzter Tag hier wandelt sich aber
danach in eitel Sonnenschein. Markus ist heute
weitergefahren, waehrend wir vier von den andern beiden
Fahrzeugen noch einen Tag mit Pflege von Koerper, Geist,
Homepage und Fahrzeug einlegen. Am Abend wandern wir mit
Doris und René rueber ins Urca Quartier und essen ganz
gepflegt im Gariota Urca. Fuer R. 51. - zu zweit wird
eine so unglaubliche Menge Picanah Brasileira serviert,
dass wir praktisch gezwungen sind, die Beilagen ausser
Acht zu lassen und uns auf den Verzehr vom Fleisch zu
konzentrieren. |

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Waehrend die Copacabana am
Samstag, 22. September, in unserer d.h. der suedlichen
Fahrtrichtung bereits wieder fuers Wochenende gesperrt
ist, koennen wir noch der Praia Ipanema und Lébon,
die sich gerade anfangen zu beleben und mit
Campingstuehlen und Sonnenschirmen zu fuellen, entlang
fahren. Nach São Conrado vermeiden wir tunlichst
die Abzweigung nach Rocinha, mit ueber 127'000 Einwohnern
Rio's groesste Favela, die man hoechstens mit einer
organisierten Tour und nicht auf eigene Faust besuchen
sollte. Barra da Tijuca passiert man entweder auf
der auf 4 Spuren ausgebauten und beiderseitig zusaetzlich
noch mit Service-Strassen versehenen Avenida das Americas
oder ennet Canal und Lagoa Marapensi auf der Avenida
Sernambetiba mit weniger Shopping Centers aber noch
stattlicheren Appartments-Hochhaeusern direkt am wiederum
kilometerlangen Sandstrand. Wenig spaeter hat uns die BR
101 fuer die Fortsetzung unserer Reise wieder. |
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Weitere Fotos: siehe
Galerie / Brasilien III - Nr. 1608-2255 |