18. April-11. Mai 2008 / Bolivien von Hito Cajónes ueber Lagunas Verde+Chaliviri+Colorado- Salar de Uyuni-Potosi-Sucre-Tarabuco-Yungas-La Paz zum Titicaca See

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Schon am Vortage hatten wir wie auch unsere beiden Besucher, Sohn Michi und Freundin Corinne, die Paesse und das Carnet de Passage in San Pedro de Atacama/Chile ausstempeln lassen. Also koennen wir am Freitag-Morgen, 18.4., frohgemut uns auf die gute Teerstrasse huegelan und am Licancábur vorbei begeben. Trotz speziellen Lastwagen-Bremsbecken sind die die Seitenstreifen gut dotiert mit zerknautschten Wracks und rostigen Autoteilen und dazwischen Erinnerungskreuze mit kuenstlichem Blumenschmuck verunglueckter Wageninsassen. Bei Erreichen der ersten Anhoehe verlassen wir Ruta 27 und biegen noerdlich auf eine Gravelroad ab.
Nach nur wenigen Hundert Metern erreichen wir den bolivianischen Grenzposten Hito Cajónes. Waehrend wir drei fleissig die kleinen Immigration-Zettel ausfuellen, winkt einer der Grenzer unsern Chauffeur zum Camper. Wenig spaeter erscheint Fredy empoert wieder im kleinen Immigrations-Gebaeude und verkuendet, dass wir die Einreise abblasen und einen andern Reiseweg uns ueberlegen wuerden. Ganz verdutzt begeben wir andern drei uns also wieder in den Camper und erfahren, was der Grund der Aufregung ist: Wir sind mit vollem Kuehlschrank und gefuellten Schubladen angefahren gekommen, aber wie schon in Argentinien und Chile sei auch hier die Einfuhr von Gemuese, Fruechten und Fleisch nicht erlaubt. Aber die Landkarte praesentiert keine passable andere Moeglichkeit, nach Bolivien zu gelangen - hoechstens mit einem grossen Umweg ueber Argentinien. Also betrete ich nochmals den kleinen Amtsraum und erkundige mich, ob man wirklich mangels Versorgungsmoeglichkeiten so strikt sei. Da stellt sich heraus, dass Fredy den guten Mann falsch verstanden hatte. Dieser wollte ihm nur kundtun, dass dann am 80km entfernten Zollposten diese Produkte nicht toleriert wuerden, aber bis dahin koennten wir ja damit kochen und sie aufessen (sprich verschwinden lassen). Unsere ausgefuellten Formulare liegen immer noch auf dem Tisch, und wir lassen nach ausdruecklicher Entschuldigung nun unsere Paesse doch gegen die Gebuehr von Bs. 15.- pro Kopf erleichtert abstempeln.

Wenig spaeter zuecken wir zum zweiten Male in Bolivien unser Portemonnaie und bezahlen den Eintritt fuer die Reserva Nacional de Eduardo Avaroa. Nun steht dem Besuch der hinter der Lagune Blanca liegenden bekannten Laguna Verde nichts mehr im Wege. Wenn die Sonne am hoechsten steht, unser Timing mit der hier geplanten Mittagspause also genau richtig, wandelt sich der Anblick der auf 4'350m liegenden, 17 km2 grossen Lagune grundlegend. Die vorher klare Lagune erscheint nun ploetzlich smaragdgruen aufgrund des Einfallwinkels des Sonnenlichts sowie der Reaktion des pflanzlichen Planktons auf den hohen Blei-, Kalzium- und Schwefelgehalt.

Anschliessend fahren wir durch eine faszinierend kahle Landschaft und naehern uns wenig spaeter einer neuen Augenweide, den Piedras de Dali. Wie willkuerlich in die Gegend geworfen liegen einzelne oder kleine Gruppen von Felsbloecken auf einer kiesigen, leicht abschuessigen Flaeche. Kreuz und quer fahren wir zwischen ihnen hindurch und stoeren ein paar vereinzelte Vicuñas auf.

Es ist bereits spaeter Nachmittag und wir fassen eine Uebernachtung an den Termas de Chalviri ins Auge. Leider herrscht in unmittelbarer umgebung des Bade-Beckens mit 40o C heissen Wasser striktes Parkverbot. Deshalb begnuegen wir uns mit einem langen Bad, derart ausgiebig vor allem deswegen weil das Verlassen des Pools bei nur noch gut 3o C Umgebungstemperatur einiges an Ueberwindung braucht.

In Sichtweite der Chalviri Lagunen stellen wir schliesslich auf einer leichten Anhoehe ab zur Uebernachtung auf 4'425m Hoehe. Corinne und Michi nehmen noch den Weg ans Ufer runter auf sich, um sich die wenigen Flamingos von Nahem anzusehen, waehrend ich mich ums Nachtessen kuemmere.
Wir stehen nach einer eisig kalten Nacht auf und verzeichnen morgens um 8.ooh immer noch -12oC. Und nach dem behaglichen Fruehstueck im warmen Camper folgt das dicke Ende: Der Iveco springt (auch mit Zusatzmittel im Diesel) einfach nicht an. Auf das "Oergeln" folgt kein Zuenden. Zum Glueck liegen in relativ kurzer Distanz einige Huetten mit einer Anlage fuer Salzgewinnung, wozu auch ein Laster gehoert, der gestern Abend noch an uns vorbeigescheppert ist. Mit Michi als Begleitung mache ich mich auf, dessen Chauffeur ausfindig zu machen und ihn dazu zu bewegen, uns anzuschleppen. Gutmuetig taucht er wenig spaeter wie versprochen bei unserem Camp auf. Mit seinem klapprigen Camion muess er einen Riesenkreis ziehen, bis aus den dicken Rauch- und Staub-Wolken endlich das ersehnte und befreiende Motorengeraeusch unseres Wagens ertoent.

Schon auf dem Hinweg zu unserem Retter und erst recht auf dem leicht ansteigenden Rueckweg fuehlte ich mich neben der allgemeinen Atemlosigkeit schwindlig und unsicher auf den Beinen. Michi macht Witze, ob ich betrunken sei. Kurz nachdem wir mit dem Camper aufgebrochen sind, nimmt die Uebelkeit zu und wenig spaeter setzt wuergendem Erbrechen ein. Es gelingt mir auch mit Unterstuetzung kaum, den im Freien aufgestellten Campingstuhl zu erreichen, und als ich endlich darauf sitze, habe ich Angst, vom Sitz herunterzufallen. In der Folge kann ich den ganzen Tag lang keinen Schluck Wasser oder des als bestes Mittel gegen Hoehenkrankheit betrachteten starken Mate de Coca-Tees bei mir behalten. Ich reise hinten liegend auf der Sitzbank und fuehle mich halb entrueckt. Ich umklammere trotz laengst leerem Magen mein Notfall-Becken und bewege mich hoechstens wegen des immer wiederkehrenden schmerzenden Wuergens und der Magenkraempfe.

Bei der Abzweigung zum auf 5'050 m hoch liegenden Zollposten Apacheta, wo die Einreiseformalitaeten fuer den Camper gemacht werden muessen, wird gestoppt. Fredy und Michi hantieren mit der Schaufel und vergraben die verbotenen Lebensmittel in Plastiksaecken in einem Loch im Sand. Ein Zoellner steigt auf der Weiterfahrt zu, den ich aber kaum wahrnehme. In meinem Zustand interessiert mich die malerisch gelegene und gefaerbte Laguna Colorado, die alle Reisenden entzueckt, nicht im Mindesten.Die Zoellner sind, nicht zuletzt wegen mir, gnaedig und die Formalitaeten beschraenken sich auf ein Minimum. Wegen meines schlechten Zustandes wird beschlossen, nicht weiter parallel zur Grenze auf der Hochebene zu den weiteren Lagunen zu fahren sondern die Route abzukuerzen und auf das wenigstens unter 4'000m liegende Villa Mar zuzuhalten. Es wird eine lange Fahrt ueber schlechte Strasse und wir erreichen das Dorf erst kurz vor dem Einnachten. Corinne uebernimmt an meiner Stelle wie schon am Mittag das Szepter in der Kueche.
Von Villa Mar ueber Alota fahren wir am naechsten Tag in den mitten in der Gran Pampa Pelado liegenden Ort von San Cristobal. Ausser einer markanten Kirche gruppieren sich nur einige wenige einfache Haeuser um eine kleine Plaza. Naechstes Etappenziel ist das auf 3'670m liegende Uyuni, welches 1889 aus strategischen Gruenden gegruendet wurde und waehrend des Chaco-Krieges mit Paraguay von Bedeutung war. Der Ortsname stammt aus der Sprache der hier heimischen Aymara und bedeutet "Platz der Lasttiere". In dieser windigen und oft bitterkalten Einoede leben heute an die 12'000 Personen. Heute Sonntag ist Markt in den Strassen, den Fredy, Corinne und Michi durchstreifen. Es laesst sich hier fast alles auftreiben, allerdings muss man dazu verschiedenste Laeden abklappern. Entgegen der Angaben in den Reisefuehrern hat man touristisch aufgeruestet und es ist kein Problem, mit der Maestro-Karte bei der BCP zu Bolivianos zu kommen, die wir dann gleich teilweise wieder unter die Leute bringen, hauptsaechlich als Bezahlung fuer Diesel.
Mir geht es inzwischen eine Spur besser. Ich raffe mich nur zur Konsultation eines Arztes vom Hospidal General auf, der einen immer noch viel zu hohen Blutdruck mit dem hoeheren Wert von 178 feststellt. Er verschreibt blutdrucksenkende Tabletten, die wir uns in der zweiten der Farmacias, die heute "turno" haben, besorgen.
Wir stehen fuer die Nacht in der Av. Ferrovia beim Hotel Toñito und somit gleichzeitig direkt vor der Militaerkaserne, wo die ganze Nacht Wache geschoben wird. Drei aus unserem Camper ziehen los, um bei Minuteman eine leckere Pizza zu verzehren, waerend die vierte Person froh ist, allein ihre Ruhe zu haben.

Den Cementerio de Trenes finden wir am Montag-Morgen erst im zweiten Anlauf, da die richtige Interpretation der Weginstruktion nicht die Strasse Richtung Potosi sondern die Avenida Potosi ist. Schliesslich stehen wir dann doch im Eisenbahn-Friedhof inmitten rostigen, nur teilweise ausgeschlachteten Bahnmaterials wie alte Dampfloks und Wagen-Skelette. Die Chinesen wuerden sich die Finger lecken bei so viel Stahl, der sich da auf halbversunkenen Geleisen angesammelt hat.
Auf der Weiterfahrt begegnet uns wenig ausserhalb Uyuni eine Salzkarawane mit Dutzenden mit Salzziegeln beladenen Eseln. Ihr Besitzer ist alles andere als erfreut, dass ich von den Tieren Fotos mache, will Geld dafuer - droht erst mit Polizei, und als das nichts bewirkt, mit seiner Peitsche. Der Einstieg in die mit 10,582km2 groesste Salzwueste der Anden erfolgt wenig spaeter in Colchani. Der Salar von Uyuni (3'650m ue.Meer) ist ca.160km lang und 135km breit und liegt auf vulkanischem Untergrund. Wir rollen fasziniert durch die riesige Salzpfanne und vermeiden es, die "Ojos" (Augen des Salars), bei denen die Salzquellen durch die Salzkruste an die Oberflaeche gelangen, zu durchfahren. Bald bleiben die zusammengeschobenen Kegel von losem Salz, bei denen wir noch fuer den Mittagsimbiss gehalten hatten, hinter uns zurueck. Naechste Attraktion ist das aus Salzziegeln errichtete ehemalige Hotel Playa Blanca. Aus Umweltschutz-Gruenden wird es aber nur noch als Restaurant und eine Art Museum betrieben.
Durch die Bahn der Sonne wandelt sich die Ansicht der mal genoppten, mal mit kleinen Raendern in unregelmaessig geformte Felder unterteilten Salzflaeche, die zu Trickaufnahmen verfuehrt. Am spaeten Nachmittag erreichen wir die 1km breite Isla Incahuasi mit ihren vielen Kaktussen. Gerade rechtzeitig zum Sonnenuntergang kommen wir nach einem anstrengenden Anstieg von der oestlichen Seite her an ihrem hoechsten Punkt, dem Mirador, an. Bei schwindenem Tageslicht finden wir den Rueckweg leichter vorbei am Arco de Coral auf den sorgfaeltig praeparierten und mit Wegweisern und Abfallkuebeln aus Kaktursholz bestueckten Pfad runter zum Parkbuero, wo ein freundlicher Hueter uns pro Person 15.- B. abnimmt. Der Vollmond geht in voller Pracht auf, kaum haben wir den Camper fuer die Nacht am Ost-"Ufer" der Insel positioniert.

Fruehe Tagwache um den Sonnenaufgang nicht zu verpassen. Die Kaelte haelt sich mit 0.3oC in Grenzen. Aber anstatt danach gemuetlich fruehstuecken zu koennen, muss erst die Ursache der nicht mehr abstellenden Wasserpumpe gefunden werden. Fazit: Dasselbe Problem wie vor bald einem Jahr in Peru - der Alu-Boiler-Behaelter rinnt entweder an der Reparatur-Schweissnaht oder an einer neuen Korrosionsstelle - das heisst, von nun an wird kalt geduscht!
Wir steigen, diesmal bei Sonnenschein, ueber den offiziell bezeichneten Weg nochmals zum Aussichtspunkt von Isla Incahuasi rauf und bewundern erneut die riesigen Kakteen. Die benachbarten Inseln auf dem Salar sind alle kahl, weshalb wir auf ihre Erkundung verzichten. Dafuer verbringen wir einige Zeit damit, mit der weissen Flaeche im Vordergrund und dem Iveco im Hintergrund Trickaufnahmen zu machen. Dabei stellen wir fest, dass die Anweisungen des jeweiligen Fotografs weit ueber die Flaeche hallen und von den umliegenden Huegeln als klares Echo zurueckgeworfen werden.

Corinne wagt sich heute zum ersten Mal ans Steuer und kutschiert uns zum noerdlichen Ausgangspunkt des Salars. Tahua ist ein kleines Doerfchen mit verhaeltnismaessig vielen verlassen und zum groessten Teil bereits verfallenen Huetten. Wir stoppen kurz beim Hauptplatz, wo zur Mittagszeit sich wenigstens einige weiss gepuderte junge Maenner, die von der harten Arbeit der Salzgewinnung zurueckkehren, sowie einigeSchueler auf ihrem Heimweg zeigen. Dann rattern wir nordwaerts, nunmehr wegen der schwierigeren Wegverhaeltnisse mit Fredy am Steuer, und umrunden den Vulkan Cerro Tunapa (5'400m). Nach ein paar letzten Blicken auf die unendliche Salzwueste im Hintergrund und die vielen mit Maeuerchen aus aufgeschichteten Steinen begrenzten Weiden und kargen Aecker um uns herum wird nun Staub unser Begleiter. Auf unglaublich schlechter Piste vorbei an kleinsten Siedlungen, wo Einheimische mit der Hirse-Ernte beschaeftigt sind und nur ungern fotografiert werden wollen, schaukelt der Iveco ueber steinigen Weg - etappenweise einem Flussbett gleichzusetzen. Es will und will kein Ende nehmen, und wir setzen alle Hoffnungen auf das Erreichen einer laut Karte um eine Klasse bessere Strasse ab Salinas de Garci-Mendoza.
Wirklich duerfen wir nach demMittagsessen erst auf relativ breiter Ruta 603 fahren. Aber das Glueck haelt nicht lange an. Wir rattern auf einem Damm durch erst braunes, ausgetrocknetes und aufgesprungenes Gelaende. Abwechslung bietet der Anblick des Meteoriten-Kraters Miguel y Alex Tejada mit einem kleinen runden See darin, dessen leicht zu bewaessernde Ufer in Hirsefelder verwandelt wurden. Die gewaehlte Strasse hat sich inzwischen in eine fortwaehrende Baustelle verwandelt. Wir fahren nun staendig, entweder auf parallelen lausigen Ausweichspisten oder auf halb fertiggestelltem neuen Strassenbett, vorbei an Lamaherden bis nach Quillacas, und danach durch eine gruene weite Ebene, wo sich die Strassenverhaeltnisse leicht bessern. kroenender Tagesabschluss ist dann waehrend der Suche nach einem Standplatz kurz vor dem Eindunkeln noch ein Plattfuss hinten rechts und ein staubigster Radwechsel durch Fredy und Michi - immer auf der Hut vor vorbeifahrenden Lastern mit bestensfalls schlechtem wenn nicht ganz ohne Licht. Bereits in voelliger Dunkelheit rollen wir anschliessend nur noch wenige hundert Meter weiter und schlafen notgedrungen in akzeptablem Abstand vom Verkehr am Strassenrand.
Ein kurzes Stueck Naturstrasse nur noch von Huari nach Challapata, dann dirigiert Michi den Camper auf geteerter Ruta 1 auf Ventilla zu. Die Gegend mit den tiefen Schluchten ist spektakulaer, aber uns ist kein reiner Genuss vergoennt. Bald einmal laesst sich der 4. Gang nur mit Gekratze und spaeter kaum noch einschieben. Fredy mit mehr Iveco-Erfahrung uebernimmt das Steuer. Aber auch er muss erkennen, dass sich mal wieder ein mechanisches Problem anbahnt. Staendig springt im Normalantrieb der Gang raus. Ohne Schwierigkeiten koennen wir in der Untersetzung fahren sprich kriechen, so dass es vorteilhafter ist, die Abwaerts-Stuecke mit Schuss im Freilauf zu absolvieren. So steht uns der Sinn in Tarapaya nicht nach Baden in den Termas, sondern nur noch nach Erreichen von Potosí.
Bei der Stadteinfahrt halten alle die Augen offen und mustern die an der Durchgangsroute gelegenen kleinen Handwerksbetriebe, derer wir voraussichtlich benoetigen werden. Wir kriechen im Hof der Residencia Tarija unweit des Zentrums in der Av. Cerruda unter. Unsere Kueche bleibt fuer heute geschlossen - wir suchen uns ein annehmbares Restaurant in der Stadt, wo wir die bolivianische Hausmannskost Pique Macho verzehren.

Fredy rotiert den ganzen Donnerstag. Er laesst den Boilerkessel schweissen, die verdreckte Karre von oben bis unten waschen und macht diverese Telefonate in die Schweiz, um den mechanischen Problemen auf den Grund zu gehen.
Waehrenddessen traben Michi, Corinne und ich auf dem im Reisefuehrer empfohlenen Rundgang durch Potosí. Die auf 4'065m hoechst gelegene Grosstadt der Welt mit heute 165'000 Einwohner verdankt ihre Existenz den reichen Silbervorkommen in dem hinter der Stadt thronenden 4'829m hohen Bergkegel, dem Cerro Ricco. Als im 18. Jht. die Ausbeutung von Silber einbrach, rettete das vorher als wertlos betrachtete Zinnerz die Stadt aus dem wirtschaftlichen Ruin. Ueber 36, heute zum Teil verfallene Kirchen mit schoenen Steinmetz-Arbeiten sind Zeugen der Zeiten des Wohlstandes. Das historische Zentrum wurde von der Unesco zum Weltkulturerbe ernannt. Aber nur wenige koloniale Bauten haben Renovationen hinter sich und praesentieren sich in gutem Zustand. Den Besuch des schoensten davon, der Casa Real de Moneda, verpassen wir wegen der speziellen Oeffnungszeiten. Von der Compañia de Jesús/Museo Mirador Torre, in welcher die Touristeninformation mit freundlichem Personal untergebracht ist, erhaelt man einen Ueberblick ueber die gesamte Stadt. Mittelpunkt ist die Plaza 10 de Noviembre mit dem alten Rathaus, dem Cabildo, und der prunkvollen Catedral de Potosí, welche zur Zeit wegen Renovationsarbeiten nicht betreten werden kann. In der Confitería Santa Clara serviert man uns zum Mittagessen noch Empanadas, legt uns aber unmittelbar danach nahe, zu bezahlen, da man fuer Siesta schliesse. Zusaetzliche Staerkung finden wir im "4060", wo wir im innenarchitektisch modern gestalteten Restaurant feine Fruchtsaefte, Submarinos oder Capuccinos uns einverleiben. Den dicht gedraengten Mercado Central an der Bustillos muessen wir mangels Supermercados sowieso aufsuchen, um unsere Vorraete aufzufuellen, wobei Corinne dessen Fleischabteilung lieber meidet.
Ein noch nie erlebtes Chaos gewaertigen wir am Abend in den Lavenderia, als wir unsere am Vortage abgegebenen 16kg Schmutzwaesche abholen wollen. Die Kleider werden nicht pro Kunde gewaschen, sondern mit farbigen Faeden versehen in riesigen gemischten Ladungen in die Maschinen gesteckt. Zur erst vereinbarten Abholzeit ist noch kein Fetzen bereit und beim zweiten Vorsprechen ebensowenig. Doch wir lassen uns nicht weiter vertroesten, was bedeutet, dass wir mithelfen und aus den immensen warmen Haufen, die den Trocknern entnommen werden, unsere Kleidungsstuecke herauszupicken und zusammenzufalten, bis wir nach gut einer Stunde endlich erfolgreich den Rueckweg antreten koennen. An eins der an und fuer sich guenstigen Taxis ist dann aber um diese Zeit nicht zu denken, da im Feierabendverkehr alle Strassen und Gassen, durch die wir uns mit den unzaehhligen vollen Plastiksaecken nun ebenfalls draengen muessen, verstopft sind.
Das Nachtessen in einem kleinen Lokal an der am Abend mit Flanierern vollen Calle Bolivar haben wir uns alle wahrlich verdient.
Um 8.15h stehen wir am 25.4. vor Koala Tours auf dem Trottoir der Ayacucho, wo unser Besuch des Cerro Ricco seinen Anfang nimmt. In einem klapprigen Bus verfrachtet man uns bergwaerts in obere Quartier. In einem kleinen Hinterhof werden wir ausgeruestet: Gummistiefel, braune Pumphose, schwarze duenne Gummijacke, Helm und Kopflampe. Wenn nicht selbst schon mitgebracht, kann noch im letzten Moment ein Tuch erstehen, dass zum Schutz gegen Staub und vor allem der giftigen Daempfe (z.B. Arsengas, Schwefeldaempfe, Grubengas) dienen und vor die Nase gebunden werden soll. Einige Kurven weiter oben werden wir am Mercado de los Mineros (Calvario) kurz abgesetzt, um die traditionellen Geschenke fuer die Mineure anzukaufen wie Getraenke (u.a. auch den 96%-igen, trinkbaren Alkohol Quempacho), frei erwerbbares Dynamit mit verstaerkenden Zusaetzen, Lunte und Zuender sowie die begehrten Coca-Blaetter, die Tuete zu Bs. 5.-.
Was bei uns eine feudale Wohnlage mit Panoramablick waere, ist hier Arbeitsplatz fuer 15'000 Personen unter fuer uns unvorstellbar schlechten d.h. gesundheitsschaedlichen Bedingungen. Die Lebenserwartung der lokalen Arbeiter betraegt je nach Arbeitsplatz ueber oder unter Tag zwischen 40 bis 50 Jahre! Im Freien, sicher ohne diese Aussicht zu schaetzen, arbeiten nur gerade die Maenner der Zerkleinerungs-Anlagen des Erzes, das einen durchschnittlichen Gehalt von 15% an Mineralien in unterschiedlichen Anteilen von Zinn, Zink, Blei und Silber hat. Die Maschinen, Tanks der benoetigten Chemikalien, Zu- und Ab-Leitungen und Ausscheidebecken funktionieren zwar, sind aber in bedenklichem Zustand. Die internationalen Firmen treten erst nach diesen Prozessen, da nun die Qualitaet der Rohstoffe feststeht und der Preis danach ausgerichtet werden kann, ins Geschaeft.
1932-35 waren nach dem Chacokrieg die Minen verstaatlicht worden. Doch nach dem Einbruch auch auf dem Zinnmarkt versuchte man sie ab 1986 wieder zu re-privatisieren. Um die Arbeitsplaetze aufrecht zu erhalten, sprangen von Bergarbeitern gegruendete Cooperativas in die Bresche. Sie tragen das ganze Risiko des unbeeinflussbaren un- oder profitablen Abbaus. Schon 1990 sagten amerikanische Fachleute voraus, dass die Vorkommen des Cerro Ricco innert 10 Jahren erschoepft sein wuerden, aber heute noch wird in ueber 300 Minenschaechten abgebaut. Dies geschieht ohne generelle Ko-ordination, so dass der Cerro Ricco inzwischen durchloechert wie ein Emmentaler ist und Stolleneinbruechen ein reelles Risiko sind.

Wir besuchen die "Calendaria" Mine, in welcher ca. 300 Mann beschaeftigt werden, die in 25-30er Teams arbeiten. Innerhalb dieser Arbeitsgruppen werden in einem festen Turnus alle 14 Tage die verschiedenen Arbeitsstellen gewechselt. Vier Jahre lang muss ein Anwaerter erst unter Tag gearbeitet haben, bevor er unter Bezahlung einer Einkaufssumme von 4'000.- Bs. ueberhaupt Mitglied der Cooperativa werden kann. Erst ab diesem Zeitpunkt profitiert der Mineur von deren Uebernahme der medizinischen Kosten bei Unfall und Krankheit und vor allem vom geradzu makaberen Rentensystem. Nicht von einer Altersrente wird ausgegangen (die scheint ueberhaupt niemand zu erleben). Viel wichtiger ist die Entrichtung einer Invaliden-Rente, welche beansprucht werden kann, wenn in den alle 4 Jahre vorgenommenen medizinischen Untersuchs eine Staublunge (Silikose) von mindestens 51% festgestellt wird. Uns wundert's - aber mangels Alternativen auf dem Arbeitsmarkt und dank des fuer hier ungewoehnlich moeglichen hohen Monatsverdienstes bis zu 2'000.- (bei Mindestloehnen von ueblichen 400-600.- Bs.) finden sich doch immer genuegend Arbeitskraefte. Auch Buben arbeiten, obwohl eigentlich ungesetzlich, als "Gangos" schon im Alter von 10-16 Jahren in diesen Minen.
Zwar hatten wir ein Formular unterschrieben, dass wir uns der Risiken unter Tag waehrend der Besichtigung bewusst sind und davon Kenntnis genommen haetten, dass die 2-3 stuendige Tour nichts fuer Asthmatiker, Uebergewichtige oder Leute, die an Klaustrophobie-Aengsten leiden, sei. Aber die reellen Verhaeltnisse nach dem Einstieg in die Mine versetzen uns allen einen rechten Schock. Gebueckt bis kriechend bewegen wir uns (und die Bergleute jeden Tag) entlang von Karren-Geleisen und Leitungen durch den Staub oder Schlamm der nur wenig abgestuetzten Gaenge. Wir besichtigen ein kleines Museum mit kleinen Altaren und geschmueckten Figuren von Conquistadores, schwarzen Sklaven, den Mitayos, und vom "Tio", dem Gott des kostbaren Silbers sowie Informationstafeln, die ich bei schlechtem Licht mangels Brille nicht entziffern kann. Wir wechseln ueber prekaere Abstiege jeweils die Schachtsohle. Bis aufs dritte Level hinunter bringt man uns, wo die Luft - sowieso schon knapp und voller Staub - nun stellenweise auch noch stinkig ist. Die Temperaturen steigen dabei stetig bis auf 35o C.
Wir glauben uns ins Mittelalter zurueckversetzt. Grundsaetzlich wird mit einfachsten Werkzeugen von Hand gearbeitet, da jede Mechanisierung oder Automatisation einen Verlust von Arbeitsplaetzen bedeutet. Im vierten Level wird gesprengt und effektiv das Erz aus dem Berg geschlagen. Dieses wird in Loren verladen und anschliessend die 2-t-Ladungen von je 2 keuchenden Mann an Seilen gezogen respektive gestossen und muehsam ins dritte Level hinauf bugsiert. Da wird der Inhalt der Karre auf den Boden gekippt, worauf zwei weitere Arbeiter das Material in grosse Gummibaelge schaufeln, welche immerhin seit zwei Jahren als praktisch einzige Modernisierung von einer hydraulischen Winde an die Oberflaeche gehievt werden. Durchgehalten werden diese strengsten Arbeiten an 12 Std./Tag und 6 Tagen pro Woche nur mit Fluessigkeitskonsum und ohne Ernaehrung zwischendurch, aber dank dem unablaessigen Kauen und Aussaugen von Coca-Blaettern, von denen jeder Mann eine ganz dicke Backe hat.
Was sind wir froh, als wir - komplett geschafft von dem nur einen Gang in den Berg - wieder Tageslicht erblicken. 29 Touristen in kleinen Gruppen mit zwei Guides, ehemaligen Bergarbeitern, haben heute mit eigenen Augen gesehen und erlebt, unter welch traurigen Zustaenden hier die Einheimischen ihr Brot verdienen, und werden es hoffentlich nicht so schnell vergessen!
Die Verbindung von Potosí nach Sucre ist geteert und fuehrt erst viele Kilometer lang durch eine puna-aehnliche Hochflaeche. Nach Chiclani gelangt man ueber einige Serpentinen fast 1'000m tiefer in ein fruchtbares Flusstal, in dem man nach Millares den Rio Pilcomayo ueberquert. Danach fuehrt die Route wieder huegel-an ueber einen Pass von ueber 2'850m, um wenig spaeter runter nach Yotala abzufallen - und dies alles mit unserem Getriebe-Handicap. Wir benoetigen deshalb den ganzen Nachmittag fuer die Strecke und kommen erst am fruehen Abend nach einem erneuten Anstieg rauf in die Stadt in Sucre an. Dank lieber Reisegenossen wissen wir, wo man nahe dem Zentrum, durch das wir im abendlichen Trubel recht lange benoetigen, uebernachten kann. Im Pachamama Gasthaus oeffnet man uns nur zoegernd das Holztor zu einen schoenen Innenhof. Der Besitzer ueberprueft x-mal die lichten Weiten seines Tors und vergleicht sie mit unseren Angaben. Erst als die resolutere Besitzerin auftaucht, geht es vorwaerts. Zur Vorsicht steht Michi waehrend der Durchfahrt hinten auf der Stoss-Stange und vergewissert sich, ob die Hoehe auch wirklich ausreicht. Pech, es fehlt nur 1cm und wir sehen alle unsere Felle davonschwimmen. Wenigstens weiss man uns und beschreibt eine andere Moeglichkeit, von der wir ebenfalls schon von anderen Travellern gehoert hatten, deren Standort aber auf unserem beschraenkten Stadtplan nicht hatten ausmachen koennen. Einmal im Garten des Austria Hotels eingerichtet - wo wir pro Person den billigsten Zimmerpreis bezahlen muessen, weshalb Michi und Corinne eines der Doppelzimmer beziehen (und dann erst noch entgegen der Zusicherung kein heisses Wasser zum Duschen haben) - fahren wir mit den Taxi nochmals zurueck ins naechtliche Stadtzentrum zu einem feinen Nachtessen ins Bibliocafé.

Das mit inbegriffene Fruehstuecks-Buffet im Austria-Hotel ist in Anbetracht des Preises ueberraschend reichlich. So gestaerkt bringt uns ein klappriges Taxi ins Centro. Sucre, Kapitale nicht nur des Departementes Chuquisaca sondern auch nominelle Hauptstadt, liegt mit angenehmem Klima auf der Hoehe von 2'790m und hat um die 225'000 Einwohner. Die weisse Stadt, wie sie auch genannt wird, ist ein mitt stattlichen Gebaeuden ein grosser Kontrast zu den beiden vorherig besuchten Orten. Um die Plaza 25 de Mayo sind all die wichtigen Gebaeude positioniert wie die Catedral de Sucre oder die Casa de la Libertad, in dessen Salón de la Indepencia am 6. August 1825 die Urkunde Bolivien's Unabhaengigkeit unterzeichnet wurde. Gut gefaellt uns das Museo Textil Etnográfico/Arte Indigena. Es vermittelt eine Uebersicht ueber die rund um Sucre heimischen Staemme und zeigt eine ausfuehrlich dokumentierte Sammlung ihrer Textilkunst und Trachten. Wir decken uns mangels Supermarket im lokalen Mercado ein, der von Fruechten nur so ueberquellt. Fuer's Mittagessen erstehen wir gleichzeitig Empanadas, frittierte Yukkas und Bananen ein, die wir in einem kleinen Park auf den aufgestellten Baenken im sommrig warmen Wetter uns einverleiben.
Noch im Lauf des Samstag-Nachmittags brechen wir nach Tarabuco auf. Es geht spuerbar bergauf, einmal mehr entlang einer vergammelten Eisenbahnlinie. Die Schwierigkeiten mit dem Verteilergetriebe zeigen sich deutlich, wenn den Steigungen auch immer wieder Talfahrten folgen. Wir sind froh, am spaeten Nachmittag den heute noch ruhigen Ort zu erreichen, wo sich noch keine Anzeichen des morgigen Wochenmarktes erkennen lassen.

Die auf 6.ooh angesetzte Tagewache schieben wir am naechsten Morgen infolge der noch herrschenden Dunkelheit um eine Stunde auf. Selbst danach tut sich um die Plaza noch praktisch nichts, aber immerhin treffen die ersten Busse und Transpoertler ein. In den Gassen werden gemaehlich einfache Staende mit blauen Plastikblachen errichtet und die Auslagen arrangiert. Bei einem der Souvenirhaendler erwerbe ich seinen ersten Verkauf des Tages, einen kleinen Wandteppich, der traditionsgemaess, um das Glueck des heutigen Tages hold zu stimmen, besonders guenstig sein sollte.
Wir waren aufgrund der Beschreibung in einschlaegiger Literatur auf Horden von Touristen vorbereitet, die dann jedoch erfreulicherweise ausbleiben. Bemerkbar machen sich die Fremden erst, als wir nach dem ausgedehnten Bummel durch den Sonntagsmarkt uns zum Abschluss an der Plaza mit Cocis staerken. Dafuer treffen wir auf wirklich viele Tarabuquenos beiderlei Geschlechter mit ihren speziellen, helmartigen Kopfbedeckungen und handgewobenen Ponchos. Da die Herren der Schoepfung darunter ebenso nur knielange Hosen wie die Frauen Roecke tragen, muss man immer zweimal hinsehen, ob Mann oder Frau vor einem steht.
Um 11.30h nehmen wir die heutige Fahrt auf - die ersten 40km bei noch kaltem Getriebeoel recht flott und fast ohne Beeintraechtigung, danach mit Schwierigkeiten wie gehabt. Wir beruehren Sucre nurmehr am Randgebiet und kommen durch aermliche Viertel. Die Tankstellen da sind dann auch relativ abgewrackt und fliessend Wasser zum Fuellen des Tanks ein Fremdwort. Kein Wunder vollzieht sich waehrend des Mittagshalts. Durch Haarnadelkurven, auf und ab, selten mehr im Normalantrieb, da dieser bei jeder Bodenwelle rausfaellt, entweder aufwaerts in der Untersetzung und runter im Freilauf im Vertrauen darauf, dass die Bremsen wenigstens bis zur Erhitzung ihre Pflicht tun und anschliessend mit Unterstuetzung der Handbremse, kommen wir langsamer als sonst im Durchschnitt vorwaerts ueber Mojotores rauf und runter auf jeweils nur noch 1'600m. Wir werden von einer guten Betonstrasse bis kurz vor Puente Arce ueberrascht, welche aber schwer unter Hangrutschen leidet. Danach kennen wir nur noch Staubwolken hinter und manchmal bei entsprechendem Wind oder Strassenkehren auch um oder in unsern Camper. Wir uebernachten im Busch und sehen in der Ferne Lichter glaenzen - wir stehen kurz vor Aquiles.
Aquiles ist groesser als erwartet und sogar mit Locatorio ausgestattet, wo Fredy sich bei seinen mechanischen Quellen nochmals bezueglich unseres Problems schlau machen und anschliessend bei Iveco schon mal die Ersatzteile bestellen kann, welche man bei unserem Falle zur Reparatur fuer noetig befindet. Erst als er den Anruf bezahlen will, merkt er, dass ihm sein Portemonnaie fehlt.
Eine juengere Frau hatte bereits an unsern Camper geklopft und mir eine von unseren Visitenkarten gezeigt. Als ich bestaetigte, dass diese unsere sei, kam sie in Begleitung einer aelteren Frau zurueck, die uns als ehrliche Haut Fredy's Portemonnaie, das sie auf der Strasse gefunden hatte, zurueckbrachte und fuer diesen Dienst kaum unsern Finderlohn annehmen wollte.
Anschliessend setzen wir unsern Weg fort auf relativ gut erhaltener Kopfsteinpflaster-Strasse durch eine Gegend bestueckt mit vielen Kaktussen und oefters schoenem Ausblick auf die unter uns liegenden Flusstaelern bis nach Totora. Diese Verbindung geht dann noch vor der Einmuendung in die Hauptroute bei Epizana in Teerstrasse ueber. Nach gut 150 km auf Ruta 4 tauchen wir bei Cochabamba in das Strassengewirr um den gut besuchten Mercado ein und finden schliesslich ins moderne Zentrum sprich sogar zu einem der gut dotierten Supermarkets - eine willkommende Abwechslung von muehelosem Einkaufen gegenueber dem Suchen und Handeln in den kleinen Geschaeften. Wir rollen noch 10km westwaerts aus der Stadt, da wir einen Standplatz bei einem von einem Deutschen gefuehrten Hotel kennen. Die Casa Campestre hat zudem den Vorteil, dass wir Frauen abends unsere Pfannen im Kasten lassen und dafuer bequem an einem feinen Buffet tafeln koennen. Die vier Sterne dieser Adresse haben dann allerdings auch ihren Preis fuer die Uebernachtung im Camper im Hof - pro Kopf Bs. 47.- exkl./62.- inkl. Fruehstueck.

Auf guter Teerstrasse Nr. 4 klettern wir einmal mehr in die Hoehe. Der Iveco tut ganz recht. Fredy hat gelernt, ihn so zu fahren, dass wir lange Distanzen ohne Rausfallen des Normalantriebs fahren koennen und nur ausnahmsweise auf 4R oder in besonders langen Stuecken auf den Freilauf angewiesen sind. Ab Parotani nehmen die Anstiege zu, wobei immer wieder die Hangseite gewechselt wird. Nach Pongo erreichen wir die maximale Hoehe von 4'350m und stoppen vor einer Maut-Station. Da in diesem Ort, Confital, ist Wochenmarkt. Die Kleidung der Frauen besteht nicht in bunt sondern meist schwarz gewobenen, dafuer farbig bestickten, weiten Jupes, die je nach Dekor Bs. 120.-/150.- kosten. Die Maenner tragen kurze Jaeckchen mit denselben Stickereien und extrem fein, selbst gestrickte und daher steife Zipfelmuetzen unter zusaetzlichen Hueten. Huete werden von Maenner wie Frauen getragen, sind ecru-farben mit breitem Rand und schwarzem Band plus individuell noch mit bunten selbst gewobenen Baendern verziert.
Wieder tiefer, bei Belen lassen wir uns dazu verleiten, die geteerte Abzweigung von Ruta 109 zu den Yungas einzuschlagen. Nach Puchini geht die Asphaltstrasse in zig Kilometer von Baustelle und schliesslich in Staubstrasse ueber. Es wird uns auf unserer Fahrt ueber Caxata und Quime (wo wir zur vorsicht noch 40l Diesel kaufen) bald klar, dass wir mit dieser Wahl nicht auf eine Abkuerzung gelangt sind. Ein stetes Winden der Strasse auf und ab in Flusstaeler verhindert ein speditives Vorwaertskommen und abends stehen wir zum Uebernachten erst kurz vor Inquisivi in einer Strassenkehre neben einer kleinen Bruecke.

Wir starten bereits morgens um 7.15h und schleichen bestensfalls den Berghaengen entlang, muessen aber immer wieder runter auf Flussebenen. Wir schaffen es, fuer die in der Karte mit 22km veranschlagter Strecke nach Licoma statt dessen deren 50km zu brauchen. Was ich mangels Details als einfache Strecke uebers Hochland interpretiert hatte, beinhaltet staendige Bewaeltigung von Hoehenunterschieden zwischen 800-1'000m. Am zuverlaessigsten ist noch unsere Karte im GPS, nach der immerhin die wenigen Weggabelungen stimmen. Mittlerweise befinden wir uns auf dem Weg via Circuata, welches wir erst nach dem Mittagshalt passieren. Es handelt sich um einen weiteren dieser kleinen, halb vergessenen Orte, mit einer in guter Absicht erstellter, jedoch laengst vernachlaessigter Plaza in der Dorfmitte, Bewohner unterwegs mit ihren Buendeln, die sich bei unserer Durchfahrt durch die Gassen den Hauswaenden entlang druecken. Der zeitweise leicht nebligen Naturstrasse ringen wir Kilometer um Kilometer ab. Wir waehnen uns bereits viel weiter als wir in Realitaet sind, und finden uns, als wir erleichtert in einen groesseren Ort einfahren doch erst in Irupana.
Dann folgt das schwierigste Wegstueck. Letzte Nacht hatte es, das erste Mal seit wir in Bolivien sind ueberhaupt, noch geregnet. In der Folge muessen wir uns auf glitschigster lehmiger Strasse bewegen, auf der wir manchmal im Stand schon rutschen. Das Staedtchen Chulumani sehen wir schon lange vorher, doch es liegt noch zwei Talengen entfernt. Dann passiert es beim Kreuzen mit einem Bus kurz vor dem gelobten Ort. Fredy kann nicht verhindern, dass der Iveco in den seitlichen Wassergraben rutscht. Haben wir uns vorher immer noch wieder zurueck auf die Fahrbahn retten koennen, sitzen wir diesmal fest. Ein entgegenkommender Truck hat kein Musikgehoer, uns - auch nicht mit bereits ausgelegtem Abschleppseil- rauszuziehen. Fredy muss notgedrungen unter den Camper kriechen, da die hintere Differenzial-Sperre nicht einrastet und erst dieses Problem in Dreck und Naesse beheben. Zum Glueck ist das Seitenbord weich und mit viel Gruenzeug bewachsen. Da kann Fredy Versuche wagen und bringt es schliesslich nach mehreren Anlaeufen vor- und rueckwaerts durch den matschigen Graben fertig, den Camper sozusagen mit dem letzten Zwick aufs Fahrtrassee zurueckzuretten. Es ist dadurch bereits Abend und daemmerig geworden. Also benutzen wir nur wenig spaeter die willkommene Moeglichkeit, uns auf eine ebene und erst noch betonnierte Flaeche fuer die Nacht auszustellen.

Nochmals fruehe Tagwache am 1. Mai. Erneut sind wir um 7.15h bereits auf der Piste. Von Chulumani geht es runter auf 1100m und nach der Flussueberquerung in Villa Puente an der entgegengesetzten Talseite wieder steil rauf. Ich ziehe es vor, auf der dem Abgrund abgewandten Seite des Autos zu sitzen, so eng und nur mit wenigen Ausweichs-Moeglichkeiten bestueckt ist unser Weg. Immer noch koennen wir uns nicht auf die Strassenkarte verlassen. Bis nach Coroíco, durch das wir einen kurzen Bummel machen, benoetigen wir wieder einiges an Kilometern mehr. Dort staerken wir uns mit feinen Fruchtsaeften und den Iveco mit Diesel, bevor wir auf der Kopfsteinstrasse runter nach Yoloso rattern.

Wovor sich Corinne leicht gefuerchtet hatte, erweist sich in der Folge als gar nicht so schlimm: Einst galt die Yungas-Route von La Paz nach Coroíco als gefaehrlichste Strecke der Welt und wird immer noch Todesstrasse genannt. Heute rollt der allgemeine und vor allem der Lastwagen-Verkehr ueber eine neue geteerte Strasse auf der anderen Bergseite. Nur noch wenige Vehikel waehlen die alte Naturstrasse, wo Bergwaerts-Fahrende Vortritt haben, aber entgegen den uns vertrauten Regeln nach links an die Bergseite ausweichen (was wir bei unserer Planung mitberuecksichtigt haben), waehrend die Talwaertsfahrenden dem Abgrund entlang zirkeln muessen. Spektakulaer ist vor allem der unterste Abschnitt, wo Wasser, manchmals ganze Wasserfaelle, ueber die fast senkrecht abfallenden Felsen entweder direkt in den Abgrund oder aber auf die Strasse herunterfaellt. Dichter, tropisch gruener Bewuchs und am Morgen haengender Nebel vermitteln eine fast mystische Atmosphaere und kaschieren verdankenswerterweise die rechts von uns liegenden Schluende.
Eine Gefahr stellen nicht mehr die LKW's sondern die in unbeherrschtem Fahrstil talwaerts rasenden unzaehligen Radfahrer der vielen Tour-Operators dar. Ganze Horden, mit je einem meist ueberforderten Guide vorne und hinten sind unterwegs, gefolgt von einem "Besen"-Wagen. Wir haben noch nicht 1/3 der von den Bikern befahrenen Etappe hinter uns, als wir in eine Kollision verwickelt werden, weil nach einer Kurve ein ueberraschter Pedaler instinktiv nach rechts statt wie hier gehandhabt nach links ausweicht, unsere Seite streift und im Strassengraben entlang der Felswand landet - gluecklicherweise ohne Verletzung.
Nach dem Mittagshalt bewegen wir uns ueber die gute Teerstrasse Ruta 3 noch "schnell" ueber den Abra La Cumbre mit 4'725m und stuerzen uns schliesslich rein ins unuebersichtliche Strassennetz der groessten und wichtigsten Stadt Bolivien's, La Paz. Im Regierungssitz wohnen ca. 1,1 Mio. Einwohner in Quartieren verschiedenster Hoehenlagen. Wir fahren am Zentrum auf um die 3'600m vorbei und muessen eine riesige Schleife auf der Umfahrungsstrasse machen, um El Alto auf 4'100m zu erreichen. Der internationale Flughafen da oben liegt am spaeten Nachmittag mit geschlossenen Schaltern wie ausgestorben da. Ein schlaue Seele kann uns immerhin eine 800er-Kundennummer von LAN angeben, damit wir die baldigen Rueckfluege fuer Michi und Corinne bestaetigen koennen.

Danach geraten wir in dichten abendlichen Verkehr. Dutzende wenn nicht Hunderte von Micro-Busen huepfen wie Floehe herum und laden an der rechten Seite ohne eigentliche Haltstellen staendig aufgrund der entsprechenden Handzeichen weitere Fahrgaeste auf, bis sie vor Leuten und Gepaeck auf dem Dach fast platzen. Obwohl grosszuegig breit und gar mit getrennten Fahrspuren versehen, ist die Ausfahrtsstrasse fast vollstaendig verstopft, die Luft blau und stinkend vor Abgasen. Unzaehlige Schwellen (sinnigerweise "Rompe-Muelle" gleich Federnbrecher genannt) und Lichtsignale tun ein Uebriges, den Verkehrsfluss zu hemmen. Unsere Plaene gehen deshalb nicht auf. Nachdem uns ausserhalb der Vororte im schwindenen Tageslicht und einsetzender Dunkelheit die Fahrzeuge ohne Licht und auf unserer Spur am Ueberholen entgegenkommen, schlagen wir uns bei Buesche zum Uebernachten. Morgens Patamante parallel zur Strasse in die niederen um 02.ooh werden wir aufgestoert und geweckt, da uns die Scheinwerfer eines Vehikels anstrahlen. Ohne sie verstehen zu koennen hoeren wir Bruchstuecke von Worten und Unterhaltungen, bis schliesslich ans Auto geklopft wird. Eine Gruppe von Einwohnern eines nicht weit entfernten Dorfes steht vor dem Camper und bittet um Auskunft, was wir hier suchen. Ihnen ist unser Iveco als verdaechtiges Fahrzeug im Abseits gemeldet worden, aber nachdem sie sich von unserer Harmlosigkeit ueberzeugt haben, verabschiedenen sie sich unter guten Wuenschen wieder.

Puerto Pérez am untern Teil des Titicaca-Sees, an der Laguna Wiñaymarca, ist unser Ziel. Aber kein einziges geeignetes Boot zeigt sich da am Landesteg. Doch wir koennen im Hotel Las Balsas ein Ausflugsschiffchen chartern, dass uns vier in gut einstuendiger Fahrt zur Isla Suriqui bringt. Ihr Ruhm begruendet sich darin, dass die Bootsbauer der bekannten Ra II, mit welcher Thor Heyerdahl ueber den Pazifik nach Tahiti segelte, von hier stammten. Im kleinen Museum, das extra fuer uns geoeffnet wird, zeigt man uns dann eine verkleinerte Nachbildung.
Danach spielt der Bootsfuehrer Reisefuehrer und marschiert mit uns durch den einfachen, kleinen Ort. Aber auch die vorbeimarschierende, mehr laut als schoen spielende Blasmusik haette uns den Weg zur Kirche hinauf gezeigt. Auf dem gemauerten Platz davor wird Halt gemacht und getanzt, in der Hauptsache Maenner, die dabei kleine Modelle von Autos, Haeusern oder andern erstrebenswerten Sachen umgehaengt haben. Morgen ist Fiesta de la Cruz oder Fest des Kreuzes, das vor allem in laendlichen Gegenden gefeiert wird. Hier hat man zur Vorsicht bereits heute damit begonnen, wie auch eine Gruppe schon leicht beschwipster Musikanten, die farbenfroh kostuemiert nach unserer Rueckkehr vor der Kirche in Puerto Pérez aufspielen.

Den Weg zurueck nach El Alto kennen wir, obwohl er bei Tageslicht ganz anders erscheint. Wir verfranseln uns erst noch in den Gassen dieser Oberstadt, geraten unfreiwillig ins Gewuehl des Markts, bevor wir auf die Autopista runter ins Zentrum und nach einigen weiteren Wirren raus nach Mallasa zum Hotel Oberland finden, wo wir im geschlossenen Hof zu fuenft stehen. Kaum da installiert, besteigen wir ein Taxi, das uns zur abendlich belebten Avenida 16 de Juli von La Paz, auch Prado genannt, bringt. Auf den Gehsteigen entlang dieser Shopping Strasse herrscht viel Betrieb und selbst in den parkaehnlichen Mittelstreifen wird trotz schlechter Luft flaniert. Mit etwas Muehe gelingt es uns, ein etwas gediegeneres Restaurant zum gemuetlich Sitzen zu finden, wo welchem aus wir vom 1. Stock aus auf den Trubel hinunterblicken koennen.
Letzter ganzer Tag in Bolivien respektive in La Paz fuer Michi und Corinne. Mit den Fotoapparaten bewaffnet machen wir die Stadt auf den in den Reisefuehrern empfohlenen Pfaden unsicher. Eigentlich bin ich eher enttaeuscht, denn nur wenige Gebaeude sind in wirklich gutem und/oder renoviertem Zustand. Wir fangen bei der Plaza Pedro Domingo Murillo mit der eher unscheinbaren Catedral, dem Palacio de Gobierno (Praesidenten-Palast) mit der Ehrengarte und dem Congresso Nacional (Parlamentsgebaeude) an. Durch verschiedene belebte Einkaufststrassen stadt-aufwaerts kommen wir am Teatro Municipal vorbei und erreicen schliesslich die von mir aus schoenste Gasse der Stadt, die Calle Jaén. Gut erhaltenes, gemustertes Kopfsteinplaster und zu beiden Seiten einheitliche, aus dem 18. Jht. stammende Fassaden begeistern neben uns viele andere Besucher, die am oberen Ende den Bussen der gefuehrten Stadtbesichtigung entsteigen.

Nach feinen Milchshakes und Capuccinos in einem modernen Bistro finden wir unsern Weg zur Plaza San Francisco mit der gleichnamigen barocken Basilica. Die indigenen Steinmetze haben eine reich verzierte Fassade mit Voegeln, Blumen und Fruechten geschaffen. Dafuer ist der viereckige Glockenturm ganz schmucklos. Ringsum herrscht auf den Plaetzen und in den Gassen ein geschaeftiges Treiben an Hunderten, wegen des Umbaus des Mercado's Lanza teilweise provisorischen Verkaufsstaenden. In der Calle Sagámaga warten fast ausschliesslich die Souvenirhaendler auf Kundschaft. Unweit davon liegt in und um die Calle Linares der Mercado de Hechicería (Zaubermarkt). Das Angebot da bewegt sich von Zauber- oder Liebestraenken in allen Farben, kleinen Rauchopfern in Schachteln, Federn, Steinen, Gewuerzen, Kraeutern und Nuessen bis zu ausgetrockneten Lamafoeten, die beim Hausbau als Gluecksbringer eingemauert werden. Interessenten und Kaeufer werden von den in der Mehrheit alten Frauen mit ihren von Wind und Sonne gegerbten Gesichtern ausfuehrlich beraten. Den Rundgang schliessen wir mit einem Besuch des kleinen, aber informativen Museo de la Coca ab.
Zurueck im Camper heisst es fuer unsere beiden Besucher, ihre Habseligkeiten aus allen Kaestchen und Schraenken zu sammeln und in Reisetaschen und Handgepaeck zu verstauen. Die verschiedenen Fotodateien auf Speicherkarten und auf dem Laptop werden kopiert und fuer die spaetere Bearbeitung gesichert. Dann haben wir Zeit, gemuetlich im Restaurant des Oberland zum Nachtessen einzukehren, bevor wir fuer eine letzte Nacht zu viert die Betten einrichten.
Am Sonntag-Morgen, 4. Mai, verlassen wir um 10.ooh mit Sack und Pack im vorbestellten Taxi das Oberland. Bei noch nur maessigen Andrang ist das Einchecken am Flughafen relativ rasch erledigt und das Gepaeck bis direkt nach Zuerich aufgegeben worden. Wir setzen uns zu einem letzten Imbiss zusammen bis es Zeit wird fuer den Abschied von Michi und Corinne. Sie haben in den vergangenen drei Wochen, die wie im Fluge vergangen sind, unsere Art des Reisens kennengelernt, die sich von ihrer bisherigen Art, Ferien zu machen, grundlegend unterscheidet und ihnen deshalb auch andere Erlebnisse und Erfahrungen vermittelt hat. Nicht immer verlief alles so glatt wie geplant, aber gluecklicherweise immer fand sich wieder ein (Aus-)Weg.
Wir kehren auf direktem Wege mit demselben Taxi, dessen Fahrer es vorzog, fast drei Stunden auf uns zu warten und so eine sichere Fuhre zu haben, nach Mallasa zurueck. Der Camper, nun nurmehr von zwei Personen belegt, erscheint uns geradezu riesig gross. Was eigentlich nur eine einfacher Imbiss vom Selbstbedienungs-Salatbuffet gedacht, endet schliesslich als komplette Mahlzeit samt grilliertem Lomo. Danach lagern wir die Beine im Iveco hoch und verbringen den Rest des Tages mit Lesen und Ausspannen.
Heute Montag muss organisiert werden. Wir fahren ein letztes Mal fuer die kommenden Tage mit dem Camper stadtwaerts. Wir sprechen beim Schweizer Mechaniker Ernesto in seiner blitzsauberen Werkstatt in Sopocachi vor, der Fredy gestattet, in seinem Betrieb selbst am Verteiler-Getriebe zu arbeiten, ihm aber falls noetig mit Rat zur Seite stehen wird. Er weist uns den Weg in eine Seitenstrasse zu einer Firma, die wir ohne ihn nie gefunden haetten, wo am Laufmeter Autos gewaschen werden. Man hat zwar nicht ueberaus Freude, unser grosses Vehikel entschmutzen und ohne Rampe auch noch die Unterseite abspritzen zu muessen. Am gleichen Ort koennen wir auch gleich unseren Wassertank fuellen, waehrend fuer die Aufstockung der Frischwaren wir nach Calacoto zum Ketal-Supermarket fahren. Bei unserer Rueckkehr nach Mallasa koennen wir im DHL-Internet-Tracking verifizieren und mit Freude feststellen, dass um 15.11h das fuer uns bestimmte Paket von DHL bei Iveco abgeholt wurde.
Fredy baut das Verteilergetriebe am naechsten Morgen ab. Mit den von Iveco in Hendschikon erhaltenen Explosions-Zeichnungen und den Angaben, welche Ersatzteile fuer noetig befunden wurden, faehrt er erneut zum Mechaniker. Eine abgenutzte Schaltgabel, wovon eine neue sich gluecklicherweise unter den uns an uns abgeschickten Teilen befindet, stellt sich als Ursache unseres Problems heraus. Eine zudem ausgeschlagene Buchse kann Fredy drehen lassen.
Auch am Mittwoch widmet sich Fredy unserer fahrbaren Base. Er macht sich auf und findet im Sopocachi-Quartier einen modern ausgeruesteten Betrieb, wo er das rinnende Heisswasser-Element von einem Fachmann schweissen lassen kann. Ich verdopple derweil meine Bemuehungen, das Tagebuch mit Eintraegen ueber die vergangenen drei Wochen zu vervollstaendigen.

Am Donnerstag-Morgen haben wir Hochstimmung. Um 10.23h ist unser Ersatzteil-Paket in Rekordzeit in der DHL-Niederlassung in La Paz angekommen. Die telefonischnen Abklaerungen, die wir an verschiedenen Fronten starten, vertiefen jedoch bald unsere Befuerchtungen und die Erkenntnis, dass der Weg von Europa nach Suedamerika verhaeltnismaessig einfach war. Ein voraussichtlich weitaus groesserer Zeitaufwand wird erforderlich sein, all die Probleme um die Ausloesung dieser Lieferung aus dem Zoll zu loesen. Als um 16.ooh die Schweizer Botschaft, wohin das Paket gerichtet worden war, ihre Bueros schliesst, hat man sich bei den Behoerden noch nicht dazu durchringen und festlegen koennen, ob man die Sendung ohne grosses Prozedere durchlassen oder auf einer Deklaration und offiziellen Verzollung bestehen koenne.

Freitag und somit unsere letzte Chance, das Paket noch diese Woche aus dem Zoll zu kriegen. Wir lassen uns mit dem Taxi zur Schweizer Botschaft kutschieren und stehen schon um 8.45h dort im 4. Stock am Schalter. Sofort werden die Telefone in unserem Interesse in Gang gesetzt mit dem Resultat, dass ein ihnen bekannter Spediteur sich der Sache annehmen wird . Wir lesen derweil, da die aktuellsten Zeitungen 2 Monate alt sind, die verschiedenen Schweizer Illustrierten in Deutsch und Franzoesisch. Um 11.ooh erfahren wir, dass die Kosten fuer Zoll, Umsatzsteuer und die Bemuehungen des Agenten fast Bs. 4'500.- betragen. Wir wollen schon das Portemonnaie zuecken, als erneut ein Palaver am Telefon losgeht. Inzwischen ist es gerade 12.ooh geworden, und uns wird eroeffnet, dass nun leider der Zoll bereits fuers Wochenende geschlossen sei. Uns "deckt" es fast zu. Fredy aeussert sich nicht allzu nett ueber die Zustaende in Drittwelt-Laendern, waehrend ich an den Botschafts-Beamten appelliere, ob es nicht noch einen anderen Weg zur Freigabe gebe, umsomehr, als am Montag = Pfingstmontag diese Bueros auch geschlossen bleiben. Und oh Wunder, es gibt eine Loesung, die nebenbei erst noch nur die Haelfte an Kosten verursacht. Ploetzlich ist es moeglich, dass das Paket doch noch heute aus dem Zoll und via DHL-El Alto in die Obrajes-Filiale transferiert wird, wo wir es um 19.ooh abholen koennten. Waehrend ich mich schon mal freue, ist Fredy mehr als pessimistisch. Deshalb dislozieren wir zur DHL und pruefen nach, ob in dieser Firma auch wirklich abends solange gearbeitet wird. Die Schalterbeamtin erkundigt sich auf unsere Bitte hin telefonisch ebenfalls nach unserer Sendung und bestaetigt den uns schon mitgeteilten Ablauf.
Also holen wir bei Ernesto Hug das von Fredy zerlegte und von seinen Arbeitern gereinigte Verteilergetriebe, da am Samstag bei ihm nicht gearbeitet wird. Nach einem Imbiss bei den Esskiosken bei La Florida kehren wir zum Campplatz in Mallasa zurueck. Da kann ich gerade mal ein paar Abschnitte Tagebuch schreiben, bevor wir wieder ausruecken muessen. Aber der Trip hat ein gefreutes Resultat: DHL-Sendung Nr. 454 7058 574 erreicht schliesslich ihren Empfaenger.
Zur Feier dieses Ergebnis tafeln wir gemeinsam mit Norbert und Ursula aus Friedrichshafen, die uns fuer die kommenden beiden Tage Gesellschaft im Oberland leisten werden, im Oberland. Die abendliche Staerkung zeigt ihre Wirkung noch am folgenden Morgen. Muehelos setzt Fredy das Verteilergetriebe mit den Ersatzteilen und neuen Dichtungen zusammen. Unser Camper ist ab heute Samstag-Nachmittag, 10. Mai, nach knapp einer Woche wieder mobil!
Begleichen unserer Schlemmereien und Abrechnung ueber den Standplatz im Oberland von Mallasa. Abschied von Heisnos und den Frenchies und dann sind wir wieder unterwegs. In Calacota beehren wir diesmal den grossen Hipermarket von Ketal an der Ballivan mit unseren Einkaeufen, schaffen es schliesslich auf die Costanera und finden auf Anhieb die moderne Tankstelle in der Naehe der James Freire, die auch einen Wasserhahn mit Trinkwasser zum Wassertank-Auffuellen anbietet. Dann kaempfen wir uns huegelan mit einem schoenen Rueckblick auf das ueber die Haenge verteilte La Paz, muessen uns ein paar Mal unserern Weg rauf nach El Alto erfragen, landen aber schliesslich oben auf der Krete. Auf bereits bekannter Route Nr. 2 fahren wir nordwestlich aus der Stadt durch eine Unmasse der kleinen Colectivos, die hier am Stadtrand ihre Kundschaft auf- und abladen. Ab Huarina fahren wir direkt dem Titicaca-See entlang, der uns diesmal ein ganz anderes Gesicht zeigt. Der Himmel ist stark bewoelkt. In einiger Ferne gehen Regenschauer wieder, doch wir erhalten nur einige wenige Tropfen. Der See praesentiert sich als eine tuerkis- bis petrol-farbene Flaeche. Die gelblichen Schilfbueschel am Ufer und die hellen Kornfelder sind ein starker Kontrast dazu. Wir durchfahren Huatajata, wo Ausflugsboote sowie ein paar der Totoro-Schilfboote am Strand duempeln. In einem der Orte wird ein lokales Fest gefeiert. Links und rechts der Plaza spielen in Konkurrenz zwei Blasmusiken auf und festlich gekleidete Indios drehen sich mehr oder weniger im Takt dazu. Es ist mittlerweile spaeter Nachmittag, deshalb zeigen sich bei den meisten, Taenzern oder Zuschauern/innen die Auswirkung von allzuviel Bier.

Von der Landspitze von San Pabloe de Tiquina aus muessen wir mit einer der an die 90 einfachsten Faehre ueber die gut 1km breite Verbindung zwischen der suedlicheren Laguna Wiñaymarca nach San Pedro de Tiquina uebersetzen. Danach steigt die Strasse von Seehoehe von 3'850 auf gut 4'200m an und faellt dann ueber ein kurvenreiches Stueck nach Copacabana ab. Es ist schon dunkel, als wir durch die Einfahrt des Hotel Gloria fahren und fuer 30.- Bs. In dessen Hof parkieren.
Nach einer Legende war auf der Isla del Sol der Geburtsort des hellhaeutigen Schoepfergottes Wiracocha, des ersten Inca namens Manco Capac sowie dessen Frau. Dadurch wurde fuer die Quechua wie auch fuer die Aymara nicht nur die Sonneninsel sondern auch der Lago de Titicaca heilig. Die 20km entfernte Insel selbst mit den vielen terrassierten Haengen sowie der noch vorhandenen Inca-Ruinen sollte man besucht haben, doch keiner von uns Beiden hatte so richtig "Bock" auf eine Bootsfahrt von 2x2 Std., um auf diese Isla Sagrada zu gelangen. Dass am Montag-Morgen schlechtes Wetter herrscht mit leichtem Regen und kleinsten Schneeflocken bei nur 6o C, loest das Dilemma elegant.
Dafuer widmen wir uns Copacabana. 3'000 Einwohner verzeichnet der Ort, welcher praktisch ausschliesslich vom Tourismus lebt. Die Einheimischen decken sich im Mercado und in den Staenden der umliegenden Gassen ein. Fuer die Touristen sind die vielen Souvenir-Geschaefte und fliegenden Haendler, die Touren-Verkaufsstellen, unzaehlige Restaurants, Alojamentos und Hotels gedacht. Und obwohl der Ort von Unterkunfts-Moeglichkeiten nur so strotzt, wird immer noch weiter ausgebaut und aufgestockt.
An der Hauptplaza 2 de Febraio liegt die schoene Basilica Virgen de la Candelaria (Maria Lichtmess). Aerchologen vermuten, dass sie, deren Bau schon 1605 begann, aber erst 1820 endete, auf den Resten eines praekolumbischen Ruinen steht. Die Augustiner nutzten geschickt den "Ruf" von Cocacabana, und aus der einstigen Kultstaette der Colla oder Aymara entwickelte sich ein heute wichtiger Wallfahrtsort. (Der beruehmte gleichnamige Strand von Rio de Janeira verdankt uebrigens seinen Namen dem Umstand, dass dort eben zu Ehren dieser Stadt eine Kapelle errichtet wurde.) 1925 wurde das Bildnis der wundertaetigen Schwarzen Madonna vom Vatikan heiliggesprochen.

Ihrer Gunst wollen sich Chauffeure und ihre Angehoerigen versichern, die sich jeweils mit herausgeputzten und blumengeschmuecken Autos morgens um 10.3oh vor der Basilica aufreihen. Ein Franziskaner-Pater in schwarzer Kutte (und New-York-Kaeppi) mit einem weissen (Putz-?)Eimer am Arm tritt auf, schwingt einen Wedel und segnet die Fahrzeuge rundherum, aussen und innen. Bluetenblaetter werden ueber die Vehikel gestreut, die Karrosse je nach Portemonnaie mit Sekt oder Bier bespritzt, Schwaermer oder Boeller krachen gelassen und das ganze in Form eines Gruppenbildes aller Beteiligten fotographisch dokumentiert.
Nur 8 km entfernt liegt der Grenzort Kasani. Die bolivianische Immigration und der Zoll haben unsere heutige Ausreise vom 11. Mai 2008 rasch besiegelt. Lediglich der Beamte der Policia meint, dass ihm fuer seinen Eintrag in ein grosses schwarzes Buch eine Entschaedigung zustehe. Bedauerlicherweise kann er keine Quittung fuer unsere "organizácion" (dabei verweisen wir immer auf unser Schweizer Wappen am Wagen, dass auch diesmal wieder einmal hilfreich, ohne dass wir es aussprechen, als Rotes Kreuz interpretiert wird) ausstellen, weshalb wir leider, leider von einem Beitrag absehen muessen.
Die Grenzbarriere hebt sich fuer uns. Wir rollen nach 2'600km Fahrt in Bolivien nach diesem praktisch einzigen unerfreulichen Zwischenfall aus einem Land vielfaeltigster Landschaften, relativ duenn mit ueberaus liebenswuerdigen Einwohnern besiedelt.
 
Weitere Fotos: siehe
Galerie / Bolivien I - Nr. 2642-3329
Galerie / Bolivien II - Nr. 3340-3716

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