12. Oktober-5. November 2007 / Buenos Aires (B.A.) -Viedma (Rio Negro) - Peninsula Valdés-Trelew (Chubut) - Parque Nacional Los Glaciares Norte/El Chaltén + Sur/El Calafate (Santa Cruz) +

15.-30. November 2007 / Rio Grande - Ushuaia (Tierra del Fuego)

 

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Die Republik Argentinien ist nach Brasilien das zweitgroesste Land Suedamerikas und mit seinen 2'780'400 km2 das achtgroesste der Welt. Seine fast 39 Mio. Einwohner verteilt ueber das riesige Land ergaebe eine Besiedlungsdichte von etwa 14 Menschen auf jeden km2, indessen wohnen sie jedoch zu 86% in Staedten (fast 12 Mio. im Grossraum der Capital Federal Buenos Aires). Es wird geschaetzt, dass ueber 50% der Bevoelkerung unter der Armutsgrenze leben und die Statistiken von 2005 weisen um die 30% Arbeitslose und Unterbeschaeftigt aus. Jahrelang lebte Argentinien gut von der Viehzucht. Auf den 1'000-2'000ha grossen Estancias wurde in den 1920-er und -30er Jahren maerchenhafter Reichtum erwirtschaftet. Seit dem Preiszerfall von Rindfleisch und Schafwolle werden jedoch immer groessere Teile der Pampa als Ackerland genutzt.
Ebenso bekanntt wie das feine Rindfleisch und absolut nicht zu uebersehen in den La-Plata-Staaten, zu denen Argentinien im Verbund mit Paraguay und Uruguay gehoert, ist das Lebenselixier Mate. Triebe und Blaettchen des Ilex paraguayensis werden getrocknet und zerkleinert und mit heissem Wasser zu einem dicken Sud aufgegossen. Zur Standard-Ausruestung des Mate-Trinkers gehoert eine kleine Kalebasse, eventuell sogar mit Silber beschlagen, die Bombilla als Saugroehrchen, unten wie ein Loeffel verbreitert und als Sieb fungierend, und fuer den Vorsorgenden sogar eine Thermosflasche voll heissen Wassers (obwohl man das fast ueberall in den Lokalen und an den Tankstellen erhaelt) im Arm. Der wegen seiner leichten Bitterkeit eher gewoehnungsbeduerftige Alltags- und Zaubertrank wird ueberall konsumiert - zuhause wie im Buero, unterwegs zu Fuss oder im Bus, in Warteschlangen, aber auch am Strand oder bei Veranstaltungen.
Am Morgen des 12. Oktober 2007 kommen wir an Bord der Faehre aus Uruguay an und treffen die 2,8 Mio. Hauptstadt Buenos Aires im Regen an. Die Einreise-Formalitaeten in der sich im Umbau befindlichen Buquebus-Anlegestelle beschraenken sich auf ein Minimum. Das Carnet de Passage wird nicht abgestempelt sondern dient der Beamtin nur als Vorlage zum Ausfuellen eines gleichlautenden Formulars. 3 Camper stehen auf dem von Travellern als Uebernachtungsplatz benutzten Zahl-Parkplatz in unmittelbarer Naehe: zwei aus Europa frisch eingetroffene franzoesische Wagen und Hanni und Herbert, auf Heim-Flug und -Verschiffung wartend, die wir in Cusco kennengelernt haben.
Wir wollen uns diesmal in der argentinischen Hauptstadt nicht laenger aufhalten sondern uns so rasch als moeglich suedwaerts nach Patagonien aufmachen. Doch ganz ohne Grosstadt-Verkehr kommen wir nicht davon: Erst einmal auf der Fahrt zum Hauptbuero der inlaendischen Fluggesellschaft LADE (vergeblich, da der Flugplan vom November fuer den Anschlussflug von Usuhaia nach B.A. fuer den Heimaturlaub noch nicht vorliegt), dann auf der wegen der Suche nach einem ATM-Automaten (um uns argentinische Pesos zu verschaffen) und schliesslich bei der Ausfahrt von der Stadt ueber Route 205 (weil wir die nur sehr inkonsequent beschrifteten Wegweiser mit unzaehligen fuer uns unwichtigen Ortsangaben zu spaet entziffert und den Anschluss auf das bequemere Autobahnstueck zur Stadt hinaus verpasst haben). Ein Argentinier, unterwegs im Landrover zu seiner Farm ausserhalb Viedma kurbelt bei einer Verkehrsampel sein Fenster herunter. Er hat uns schon im Zentrum herumkutschieren sehen und offeriert in der richtigen Annahme, dass wir zur Sued-Route Nr. 3 unterwegs sind, uns vorauszufahren, so dass wir durch das lange Vorortsgewimmel einen bequemen ortskundigen Lotsen haben.

Endlich dem Verkehrgetuemmel entronnen, fahren wir durch die nicht nur feuchte sondern komplett verregnete Pampa Humeda, die ihrem Namen alle Ehre macht mit saisonalen Tuempeln und Seen beiderseits der Strasse Nr. 3. Beim ersten Halteversuch fuers Uebernachten ueberfallen uns beim Ausstieg feisse Muecken. Wir muessen unsere Meinung, dass Mosquitos warme Gegenden bevorzugen, revidieren. 25 km weiter sind sie auch neben einer kleinen YPF-Tankstelle bei Gorchs bei nur gerademal 14o C noch immer so zahlreich vertreten, dass Fredy sogar von seiner abendlichen Gymnastik im Freien absieht.

Abwechselnd mal regnerisches Wetter, dann wieder neckisch leicht bewoelkter Himmel mit Aussentemperaturen von um die 17-19oC tagsueber als Kostprobe, wie viel schoener das Reisen bei sonnigerem Wetter sein koennte. Etwa ab Flores werden der Weiden und auch der seichten Wasserflaechen weniger. Ihre Stelle nehmen riesige Aecker ein. Azul und Benito Juarez passieren wir im Schnutz, in Tres Arroyos machen wir Mittagspause und kehren zu einem Kaffee ein. Wir geniessen die Fahrt durch immer trockener, da sonniger werdende Landschaft in vollen Zuegen.
Ab und zu bemerken wir am Strassenrand, gekennzeichnet durch flatternde feuerrote kleine Faehnchen ebenfalls rote, kleine Hausaltare. Sie enthalten kleine Opfergaben wie Blumen, Kerzen, manchmal Lebensmittel, immer aber kleine Flaschen Alkohol und Zigaretten sowie oftmals Blaetter mit Gebeten. Aufgestellt sind sie zu Ehren von Gaucho Antonio Gil, el Gauchito, wie er liebevoll genannt wird, einer robin-hood-haften argentinischen Figur. Geboren um 1847 weigerte er sich, der regulaeren Foerdalistischen Armee beizutreten. Er zog es vor, mit Gleichgesinnten durch die Gegend zu streifen, ernaehrte sich von Grossgrundbesitzern gestohlenem Vieh, das er mit der armen Landbevoelkerung teilte, welche ihm dafuer Unterkunft und Schutz gewaehrte. Viele unbewiesene Geschichten ranken sich um ihn. Sicher aber ist, dass er schliesslich gefangen genommen und an einem Baum, der immer noch neben seiner vielbesuchten Grabstaette in Mercedes stehen soll, aufgehaengt wurde.
Der Gaucho schlechthin ist ein Nachfahre von Weissen und den Ureinwohnern mit Neigung zum Nomadenleben und ohne Hang zu Eigentum. Er arbeitete, ritt und zaehmte Pferde wenn es sein Unterhalt erforderte, jagte nur zur Selbstversorgung. Nicht sie galoppieren heutzutage in Gesellschaft von Hunden ueber die Pampas und hueten Rindvieh oder Schafe sondern inzwischen von den grossen Estancias festangestellte, aber meist schlecht bezahlte Peones (Knechte).

In Bahia Blanca herrscht am spaeten Samstag-Nachmittag grosser Wochenmarkt an der Plaza Mayor. Die Touristen-Info ist sogar noch geoeffnet. Wir erhalten einen kleinen Stadtplan und die Info, dass selbst zu dieser Jahreszeit der Camping offen und erst noch gratis sei. Allerdings stimmt die Wegbeschreibung auf dem Prospekt ueberhaupt nicht mit der Realitaet ueberein. Penetrant suchen wir danach, um endlich nach Erreichen des Balneario Maldonado das vernachlaessigte, abgesehen von Muecken leere Gelaende rechtsumkehrt wieder zu verlassen. Wir parken an einer nahen Esso-Tankstelle hinter einigen Gebaeuden, um dem Strassenlaerm zu entgehen, gewaertigen aber immer wieder Lastwagen, die staubaufwirbelnd von hinten her die Diesel-Tanksaeulen anfahren.
Wir haben unseren Uebernachtungsplatz gut gewaehlt. An der Tankstelle steht eine Kabine mit Geldautomaten, der alle moeglichen Karten inkl. unsere Maestro akzeptiert und uns muehelos mehr argentinisches Bargeld verschafft. Als Plus befindet sich wenige Hundert Meter weiter ein kleines Garrafitas-Geschaeftchen. Der alte Herr, Inhaber selbst, reisst sich ein Bein aus, nimmt an seiner improvisiert erscheinenden Vorrichtung Platz, um seine grosse Gasflasche zu kippen und wenigstens mal mit einer Ueberbrueckung unsere Ersatzflasche mit Propan zu fuellen (da die sonst hier verwendeten Haushaltflaschen immer ausgetauscht werden und Butan enthalten). Wir sind beruhigt, bei diesen kuehleren Naechten wieder ueber eiserne Reserve in der Zusatzflasche zu verfuegen, umso mehr als die Gastankanzeige schon lange ihren Geist aufgegeben hat und wir jeden Tag davon das Aus erwarten.
Wir passieren wenig spaeter auf Ruta 3 SUR die erste Inspektion, wo man - um die Verbreitung von Fruchtfliegen zu verhindern - mit kurzen Blicken in Kuehlschrank und Schubladen ueberprueft, dass keine Fruechte mitgefuehrt werden. In Pedro Luno sehen wir bei der Esso-Tankstelle ein deutsches Wohnmobil stehen, dessen Besitzer sich in der warmen Sonne raekeln. Wir stoppen zum Hallo sagen mit dem unerwarteten Resultat, dass wir zusammen mit Gisela und Joerg aus Muenster, pensioniert und seit Februar letzten Jahres mit ihrem Robel-Mercedes-Camper unterwegs, uns abends nur gerade auf demselben Platz umstellen. Wir benutzen eine der Feuerstellen und grillieren feinstes argentinisches Steak, sitzen zusammen bis um 22.30h vor den Wagen bevor wir uns, bei 17oC leicht durchkuehlt, in die Betten verziehen.
Nur eine Strassenkontrolle heute, die sich aber auch noch fuer Fleisch interessiert hat. Kein Problem fuer uns. Die Fruechte reisen in den Aermeln der Jacken, die Wurstwaren in deren Brusttaschen und das gefrorene oder frische Fleisch temporaer oben in den Pfannen. Viedma, die Bundeshauptstadt von Rio Negro hat zwar nur noch 80'000 Einwohner, aber man kann sich noch alles hier verschaffen, was man als Passant so braucht. Im grossen Anonima Supermercado fuellen wir den Lebensmittelvorrat auf. Durch Zufall finden wir das am Rio Negro gelegene Restaurant Sal y Fuego, das seine Wifi-Zone proklamiert. Also parken wir davor. Nachdem ich zuvor im Internet-Café erfolglos versucht habe, mein Laptop anzuschliessen, bewerkstellige ich das nun gratis und franko hier von der Strasse aus. Noch immer funktioniert unsere E-mail-Adresse nicht, aber bei der Bank, Norton, Firefox und Microsoft inkl. Explorer hat sich wieder einiges an Updates getan und haelt mich beschaeftigt, bis es Zeit ist, zum Nachtessen ins El Dragon Chino in der Av. Buenos Aires zu dislozieren. Anders als bis anhin in Brasilien sind die argentinischen Speiselokale ueber Mittag offen, halten dann Siesta und sind erst relativ spaet ab 20.30h wieder zum Nachtessen fuer ihre Gaeste da. Fuer 13.- $ (CHF 5.-) pro Person schmausen wir à Discretion von einem Buffet mit 60 verschiedenen Speisen, zusaetzlicher Parrilla und feinster Dessert-Angebot.
Wir uebernachten danach direkt vor einer Gas-Firma an der Ausfahrtstrasse. Da allerorten das Wochenende wegen des Dia del Descubrimiento de América (Columbus Day) vom Freitag, 12.10. auch noch um heute Montag verlaengert wurde, war diese heute geschlossen geblieben. Wie sich dann herausstellt haben wir mit RioGas einen Volltreffer gelandet. Die Chefin und ihr Sohn geben sich alle Muehe, eine Loesung zur Fuellung unseres eingebauten Tankes zu finden, doch passen keine ihrer Uebergangsstuecke. Fredy aendert einen frueher erstandenen Adapter mit dem hier ueblichen Gewinde fuer unsern Anschluss ab und montiert ihn an einem Schlauch-Zwischenstueck. Die grosse Gas-Flasche wird an der Verladerampe schraeg gelegt und gluecklich hoeren wir Propan in unsern Tank stroemen.
Auf kleiner Landstrasse naehern wir uns am Dienstagmorgen dem Balneario El Condor. Es ist wie alle andern kleinen Urlaubsorte an der Kueste einsam und von jeglichen Feriengaesten verlassen. Aber dafuer stossen wir auf Joerg und Gisela, die uns schon vermisst haben. Wir haben genauere Informationen und finden fuer sie und fuer uns die Kolonie der in Hoehlen an den 70 m hohen Sandstein-Klippen bruetenden Papageien (Loros Patagonias oder burrowing parrots). Ein Kuestenstreifen von 10 km Laenge ist mit den charakteristischen Hoehlen versehen, aus denen die bunten Voegel paerchenweise rausschauen. Als wir uns naehern, flattern sie meist aufgeregt unter lautem Protest auf und ziehen empoert ein paar Runden, bevor sie sich wieder an den anstehenden Nestbau machen. Natuerlich statten wir dem aeltesten Leuchtturm Patagonien's, der gleichzeitig aus der aelteste, noch in Betrieb stehende ist, einen kurzen Besuch ab.

Nach kurzer Fahrt nach dem Mittagshalt steht das wenig ausserhalb la Lobería die Reserva Faunistica de Punta Bermeja an. An die 4'000 Seeloewen wohnen in dieser grossen Kolonie, die wir von Holzstegen aus beobachten koennen. Die riesigen, mindestens 10-jaehrigen Bullen, auch "Sultane" genannt, passen staendig auf ihren Harem, der aus etwa 15 Weibchen besteht, auf und verteidigen ihn mit ihrem Koerpergewicht von 300kg und 1,8m Laenge unter Imponiergehabe und Bruellen gegen jeden Neugierigen Konkurrenten. Die nur gerade 100kg schweren Weibchen werden im Dezember nach 12-monatiger Tragzeit ihre Jungen zur Welt bringen. Bereits eine Woche nach der Geburt befinden sie sich wieder in der Brunst und der "Herr des Hauses" wird fuer den naechsten kuenftigen Nachwuchs sorgen. Zum Uebernachten stehen wir an der Baiana de Enchandi gute 40 m hoch ueber den Klippen in Gesellschaft des Speth-Camper. Der Wind hat nach einem sonnigen, bis zu 26o C warmen Tag nachgelassen, was uns leichten Regen beschert.
Tolles Wetter und einsame Landschaft dem Meer entlang ueber Bahia Creek. Aber die Naturstrasse zieht sich scheinbar endlos dahin und die Nadel der Dieseltank-Anzeige neigt sich bedenklich nach links und wird vom Reserve-Anzeige-Licht erhellt. Ganz untypisch fuer uns haben wir in Gesellschaft von Gisela und Joerg uns ueber so Vieles unterhalten und vor lauter Schwatzen nicht serioes die bevorstehende Strecke berechnet. Zwar wollen wir auf dem letzten Teilstueck Joerg auf unser Problem aufmerksam machen, aber der missversteht die Situation und rauscht aufgrund seiner Falschinterpretation froehlich von dannen. Verschlimmert wird unsere prekaere Situation noch durch den seit Uruguay undefinierten Dieselverlust. So kommen wir mit dem wirklich letzten Tropfen Diesel - die letzten Kilometer auf der linken Strassenseite unter Einbezug des Bordes gefahren, damit wir schief liegen und der links liegende Dieselansaug noch war zu schluerfen bekam, in San Antonio Oeste an. Wir kaufen mit $ 2.029 den bisher teuersten Diesel in Argentinien und bezahlen den Preis erst noch gerne. Die Speths finden wir nicht mehr. Sie rollen auch nicht etwa an uns vorbei, als wir direkt am Strassenrand Siesta halten. Dies vor allem, weil man ihr Tiefkuehlfach bei einer erneuten Agrarkontrolle ausserhalb des Ortes inspiziert hatte und ihnen die Durchfahrt mit ihrem frisch erworbenen Fleisch nicht erlauben wollte, so dass sie umkehren, die Ware verstecken und erst nach einem gewissen Abstand wieder an der Inspektion erscheinen konnten.

In Sierra Grande noch im Staate Rio Negro draengen sich die Laster an der ersten YPF-Tankstelle und wir schliessen uns an. Hier gibt es Diesel zu nur gerade mal $ 1.599 und wir fuellen alle unsere Tanks. Dieser Preis ist allerdings nicht so einmalig wie wir erst meinen, sondern gilt in etwa dieser Groessenordnung fuer die ganze Provinz Chubut. In Puerto Madryn decken wir uns wieder mit Frischwaren fuer unsern geplanten Abstecher auf die Peninsula Valdés ein und machen uns anschliessend auf die allerdings erfolglose Suche nach dem deutschen Camper. Sie sind auch nicht auf dem eher verlauerten ACA-Camping, den sie erwaehnt hatten. Wir ziehen es vor, direkt am Strand entlang des Blvd Alte Guillermo Brown zwischen Duenen zu uebernachten. Im Internet-Café stellen wir am naechsten Tag mit Freude fest, dass Martin unsere E-mail-Adresse umgehaengt hat und wir wieder Nachrichten empfangen koennen. Allerdings bricht 5 Minuten nach unserem Einloggen die Verbindung in der ganzen Stadt zusammen, so dass wir uns unverrichteterdinge stadtauswaerts verziehen. Mit auch noch vollem Wassertank und Kuehlschrank sind wir zur Entdeckung der Argentiniens beruehmter Halbinsel, der Peninsula Valdés, bereit.
Bei der Anfahrt ueber Naturstrasse Nr. 42 kommen wir am Donnerstag erst zur Playa El Doradillo, wo nur gerade mal ein toter Wal am Strand liegt. Von der Punta Flecha aus koennen wir zwei Buchten uebersehen, aber leider keine Wale entdecken. Als wir uns dann jedoch der Playa Las Canteras naehern, werden wir positiv ueberrascht. Bis auf etwa 80 m ans Ufer ran kommen immer wieder Wal-Muetter der Gattung Ballena Franca Austral mit ihren Jungen, entspannen und rollen sich im ruhigen Wasser und scheinen sich fuer die Zuschauer, die sie unwillkuerlich anziehen, geradezu zu produzieren. Die Weibchen werden 12-15 m lang und wiegen 30-35 Tonnen. Mit 6 Jahren werden sie geschlechtsreif und zu ihrem ersten Nachwuchs bereit und bringen danach alle 3 Jahre ein Junges zur Welt.

Zurueck auf der geteerten Hauptverbindung Nr. 1 entrichtet man 40.- $ Eintritt pro Person im informativen Centro de Visitantes von Istmo Carlos Ameghino. 30 km spaeter ueberblicken wir von der Anfahrt aus den kleinen Ort Puerto Pirámides, wo einzig auf der Halbinsel sich Geschaefte, Restaurants und Unterkuenfte samt Touristik-Infrastruktur befinden. Der ACA-Camping auch hier ist ungepflegt und staubig. Die Franzosen Jessica und Nicolas warten an der YPF-Tankstelle geknickt darauf, dass ihr Landrover auf einen Lastwagen des Automobilclubs verladen wird, damit er in Buenos Aires das defekte Elektronik-Steuergeraet ersetzt erhaelt und machen uns darauf aufmerksam, dass an der Punta Pardelas eine Anzahl Camper wild stehen wuerde. Also legen wir bei untergehender Sonne die 13 km dahin auch noch zurueck und glauben, da angekommen, unseren Augen nicht zu trauen. Nicht nur finden wir Joerg und Gisela vor, nein, da stehen noch 13 andere Camper aller Marken mit Besitzern aus Deutschland und der Schweiz - genau das, was wir zu finden gehofft hatten. Freitag und Samstag, 19.+20. Oktober, ist der Himmel immer mal wieder leicht bewoelkt. Tagsueber haben wir 24oC bei leichtem Wind - nachts sinken die Temperaturen empfindlich. Trotzdem sitzen wir am Freitagabend alle zum in eigener Kueche produziertem, aber an in langer Reihe aufgestellter Campingtische und Stuehle gemeinsam eingenommen Nachtessen bis in alle Nacht hinein zusammen. Zwar halten sich in der Bucht halten sich praktisch keine Wale auf und wir halten die Fotoapparate vergeblich bereit. Aber wir haben ja sonst viel Gesellschaft und Ablenkung. Kein Wunder, dass ich nicht sehr speditiv das Laptop bearbeite. Fredy versucht zwischendurch vergeblich, den Dieseltropf in Griff zu bekommen, doch laesst sich die dafuer verantwortliche Schraube an der Dieselpumpe nicht anziehen oder dichten.
Am Sonntag loest sich das Camp auf und die meisten Camper verschieben sich, um entweder weiterzufahren oder aber in Puerto Pyramides einzukaufen oder Wasser aufzufuellen. Wir machen uns nach allgemeinem Abschied auf die Inselrundfahrt. Erste Anlaufstelle ist Punta Delgada - nicht beim Leuchtturm neben dem auf privatem Gelaende sich befindenden Luxushotel sondern bei der oeffentlichen Zufahrt. Da koennen wir am Strand das erste Mal mit See-Elefanten in Natura Bekanntschaft machen. Aus einiger Distanz schaut man von den Sandsteinfelsen hinunter, braeuchte aber schon ein starkes Tele, um Detailaufnahmen machen zu koennen. An Punta Cantor jedoch ist man nur noch etwa 30m von den Faulenzern entfernt. Ihren Namen verdanken sie den ruesselartigen Nasen der maennlichen Tiere. Die Maennchen werden bis zu 7m lang und ueber 4 Tonnen schwer. Sie verteidigen ihren Harem, der aus bis zu 80 Weibchen bestehen kann, und weisen von diesen Revierkaempfen Narben und nicht selten blutige offene Wunden auf. Im Gegensatz zu den Seeloewen, die auf den vorderen Flossen sich aufstuetzen und "gehen", robben sie Meer. Im seichten Wasser rollen sie sich in Erfuellung ihrer ehelichen Pflichten ueber ihre armen bis zu 5m langen und nur um die 500 k wiegenden Weibchen und ertraenken sie dabei fast, waehrend das Jungtier daneben nach seiner ploetzlich verschwundenen Mutter heult. Dieses legt, solange es von seiner Mutter gesaeugt wird, es pro Tag 4kg an Gewicht zu waehrend seine Mutter dabei deren 12kg verliert.

Das Schicksal waere uns eigentlich gnaedig gestimmt. Mit Einsetzen der Flut schwimmt eine Gruppe Orca, die schwarz-weissen Killer-Wale, in die Caleta Valdés hinein. Einer laesst sich nach der ihnen eigenen Jagdmanier vom Wasser ans Ufer schwemmen und erwischt so eine Seeloewen-Mahlzeit. Nur haben Baumanns ausgerechnet in diesem Augenblick ihrem Aussichtsplatz den Ruecken gekehrt. Anschliessend bleibt uns nur das blaue, fast tuerkisfarbene Wasser der Lagune, um sich daran zu erfreuen, waehrend wir rauf bis nach Punta Norte fahren. Von moeglichen Orcas da oben keine Spur - nur einige Seeloewen luemmeln sich am Strand. Dafuer laeuft uns auf dem Parkplatz ein Paerchen der grossen haarigen Armadillo (Guerteltiere) ueber den Weg, die - um ehrlich zu sein - halb zahm und an Menschen gewohnt sind. Nach insgesamt ueber 230 km steuern wir im warmen Sonnenlicht gegen 18.ooh wieder die Punta Pardelas auf, wo wenig spaeter auch einge der anderen Camper wieder auftauchen. Mit zwei neu eingetroffenen Franzosen-Wohnmobilen sind wir auch an diesem Abend wieder eine stattliche Gruppe.
Hoffnungsvoll waehlen wir heute den Rueckweg erneut ueber die Naturstrasse direkt dem Golvo Nuevo entlang. Aber nur gerade ein Muttertier mit Jungem laesst sich ab und zu in grosser Distanz erblicken. In Puerto Madryn parken wir an der Ecke Av. Gales/Blvd. Alte G. Brown. Das hat zwei Vorteile. Erstens liegt da die Presto Lav, wo wir elegant unsere Schmutzwaesche loswerden koennen und zweiten habe ich da von einem nahen ungesicherten Netz Internet-Verbindung mit dem Laptop. Ich brauche bis zum Abend, um alles wieder à jour zu bringen waehrend sich Fredy derweil im nahen Internet-Café viereckige Augen holt. Ein paar Mal wird ans Auto geklopft und meistens sind es europaeische Touristen, die uns gruessen. Zu guter Letzt taucht der zur Zeit hier arbeitende Schweizer Markus auf und laedt uns grosszuegigerweise zur Fortsetzung der Unterhaltung auf eine Pizza im nicht weit entfernten Restaurant La Barra ein, wo wir auch seine argentinische Freundin Susana sowie seine Schwester Nadja, die gerade auf Besuch weilt, kennenlernen.
Uebernachtet haben wir einmal mehr am Blvd. Alte G. Brown - diesmal auf einem Parkplatz in Gesellschaft eines einheimischen Camper-Buses sowie eines hollaendischen Landcruisers. Mit Karin-Marjike und Coen, seit 2003 in verschiedensten Erdteilen unterwegs, fruehstuecken wir dann am Dienstagmorgen auch gemuetlich draussen an der herrlich warmen Sonne. Dies zieht die Aufmerksamkeit zweier patroullierender Polizisten auf sich, welche uns freundlich bitten, doch kuenftig ans Ende der Bucht zum offiziell als Camperstellplatz gekennzeichneten Gelaende ebenfalls direkt am Meer zu wechseln. Dies eruebrigt sich allerdings fuer uns - wir sind ja auf dem Absprung in den Sueden.
Nach Trelew, einst von welshen Siedlern aus England gegruendet, sind es nur ca. 70 km auf der Fortsetzung von Route 3. Wir beehren den oertlichen Carrefour, saettigen erstmals unsern mittaeglichen Hunger bevor wir ein kleines, aber feines Muesum aufsuchen: das Mueseo Paleontológico Egidio Feruglio voller Informationen ueber und Skelette von Dinosauriern und andern kontemporaeren Urviechern.
Bis zur Punta Tombo zieht sich unser Weg durch oede Steppe. Neben dem Restaurant, das bei unserem Eintreffen gerade dicht macht, stehen ausser uns die zwei franzoesischen Camper, die auch schon in der Bucht von Punta Pardelas waren. Hinter uns versinkt langsam die Sonne kitschig rot am Horizont. Das Tageslicht nimmt rapide ab, so dass wir den Besuch des Gelaendes auf den kommenden Morgen verschieben, aber die ganze Nacht vom seltsamen Heulen der vielen etwa 50 cm hohen Pinguine begleitet werden.

Am Morgen frueh haben wir die Reserva Faunistica Punta Tombo komplett allein fuer uns. Neben Guanacos bevoelkern ab September jeden Jahres 250'000 Magellan-Pinquin-Paare mit den auffaelligen schwarz-weissen Streifen am Kopf ihre Nester in Erdhoellen, zum Teil auf freiem Feld oder aber unter den Trockenbueschen. Das Weibchen legt zwei Eier und abwechselnd mit ihrem Partner bewaeltigen sie die 40-taegige Brutzeit. Waehrend ein. Bis zu 1km landeinwaerts liegen die Brutstellen. Waehrend immer ein Elternteil das Nest verteidigt und die Eier warmhaelt, watschelt der andere zum Meer, um sich da Futter zu besorgen und zu erholen. Im Januar schluepfen die Jungen aus, welche dann ihrerseits mit Fischen aus dem Meer gefuettert sein wollen bis sie ihren grauen Flaum verlieren und ab Februar neu im jugendlichen Federkleid nun daran denken muessen, sich die Nahrung selbst im offenen Meer zu suchen.
Waehrend nach 10.ooh Bus um Bus anrollt und ihnen Heerscharen von Besuchern entstroemen, holen wir im Camper gemuetlich unser Fruehstueck nach. Wir kehren zurueck auf die geteerte Nr. 3 und erreichen via Uzcudún, Garayalde und Pampa Salamanca schliesslich Comodoro Rivadavia. Es gibt entlang der Route nichts zu sehen, die Stadt mit 160'000 Einwohnern ist daher eine angenehme Abwechslung.
Einmal mehr befassen wir uns mit dem benoetigten Anschlussflug von Ushuaia nach Buenos Aires, ohne bei Lade, Falcon Air oder Southern Winds eine Loesung zu finden. Also machen wir Naegel mit Koepfen und buchen online bei Aerolineas Argentinas. Erst ganz am Schluss der vielen auszufuellenden Seiten kommt dann, was wir vermutet hatten - online Buchungen und -Bezahlungen sind nur fuer Residents von Argentinien moeglich. Also spurten wir aus dem Camper, in dem wir einmal mehr ueber ein zwar mickrige Verbindung am Internet sind, kurz vor Feierabend um 20.ooh noch ins oertliche Buero und kaufen uns Billette fuer den Flug von Ushuaia nach B.A. am 30. November und am 4. Februar 08 wieder zurueck. Dies erledigt finden wir wider Erwarten eine Bestaetigung der zuvor am Laptop versuchten Buchung vor mit der Aufforderung, innert 24 Std. diesen Flug bei einer Aerolineas Argentinas-Vertretung zu bezahlen - leider zu spaet, auch wenn wir gerne die Differenz von gut $ 200.- eingespart haetten. Wir uebernachten am Ende der Av. Gales direkt auf einem leeren Platz am Meer unten und bleiben die ganze Nacht ungestoert, wenn man davon absieht, dass staendig ein heftiger Wind aus immer wieder wechselnder Richtung unsern Camper schuettelte.
Mit vollen Tanks und genuegend Vorrat an Motorenoel, damit Fredy am Abend dann den faelligen Oelwechsel im Abseits vornehmen kann, verlassen wir am spaeten Vormittag den von starken patagonischen Winden geplagten Kuestenort. Die ersten 60 km bringen uns von Meereshoehe auf ein 700m ue.M. gelegenes Plateau mit der hier typischen steppenartigen Vegetation, waehrend die vielen arbeitenden Erdoelpumpen und Bohrstellen uns zeigen, was fuer den Wohlstand und Aufschwung der Hafenstadt Comodoro Rivadavia verantwortlich ist.

Unser Ziel ist der Bosque Petrificado José Ormaeche 30km suedlich von Sarmiento, den wir ueber staubige Naturstrassen durch die Oelfelder erreichen. Im Gegensatz zu andern Fundstellen stammen die versteinerten Baumstaemme nicht von hier ungefallenen Baeumen, sondern wurden vor ueber 65 Mio. Jahren von Fluessen mit kraeftiger Stroemung hier angeschwemmt und versteinerten eingedeckt in Schlamm und Sand. Starke Erosion hat hier ein geradezu mondartige, aber geradezu farbenfrohe aber kahle Landschaft geschaffen und die Struenke nach und nach freigelegt. Sie sehen so echt aus, dass man sie beruehren und Stein fuehlen muss, wenn sie in inmitten von "Schnitzeln" liegen, als ob erst gestern da geholzt worden sei.
Wir fahren nur noch ein kurzes Stueck weiter und versuchen vergebens, einen windgeschuetzten Ort fuer die Uebernachtung zu finden. Wir stehen schliesslich in einem kleinen Taelchen und haben einen phantastischen Vollmond am klaren Himmel aufsteigen sehen. Wir haben bei knapp 10oC um 22.00h draussen leicht geheizt und geniessen die gemuetliche Waerme drinnen.
Beim Fruehstueck legt Petrus den Schalter um und abrupt ist es waehrend einer Stunde fast unheimlich windstill. Die Gegend ist durchzogen von kleinen Versorgungsstrassen der Oelfelder. Wir halten uns auf der erlaubten Durchgangsroute - links und rechts davon grosses Nichts. Ab und zu eine kleine Herde Schafe oder ein paar weidende Pferde irgendeiner Estancia oder eine Gruppe der scheuen Choique, die davonstieben als waere der Teufel und nicht wir hinter oder neben ihnen her. Zwei Stunden nach Abfahrt sind wir um 11.ooh an der Einmuendung in Ruta 40 und bald darauf im Bundesstaat Santa Cruz. Das Trassee der Naturstrasse ist sehr hart. Teilweise ist es vorteilhafter, auf dem linken Seitenstreifen zu fahren, hat aber den Nachteil, dass man bei jedem Huegel oder unuebersichtlicher Kurve wieder auf seine eigene Seite ueber Schotter zurueckkehren muss. Das missfaellt speziell mir und fordert immer eine gewisse Ueberwindung, da es jedes Mal bei den Wechseln den Wagen schief zieht. Die Ortschaft Perito Moreno hat nur etwa 3'500 Einwohner, aber wir koennen uns mit allem versorgen, was wir noch brauchen: Diesel, Lebensmittel und frisches Brot sowie in einem nicht zu schnelles Internet kurz Mails austauschen. Wir haben anschliessend noch das Teerstueck der Ruta 40 hinter uns gebracht und stehen nun einigermassen im Windschatten hinter Kieshaufen einer Kiesgrube.

Samstag, 27. Oktober: Im Westen Richtung Anden scheinen missliche Wetterverhaeltnisse zu herrschen. Wir jedoch rollen durch freundlichen Sonnenschein und geniessen, nachdem wir bei nur 7oC Aussentemperatur aufgestanden sind, die Waerme hinter der Frontscheibe. Gerade rechtzeitig zur 11.ooh-Fuehrung kommen wir zum Patrimonio Cultural de la Humanidad Cueva de las Manos.
Der Rio Pintura entspringt der Basalt-Hochebene um den Lago Buenos Aires und fuehrt Quell- wie auch Schmelzwasser vom ewigen Schnee des 2'743 m hohen Monte Zeballos. Ureinwohner haben im Sommer unterwegs zur Jagd oder bei der Ueberwinterung in einer grossen Hoehle in der malerischen Schlucht Felsmalereien hinterlassen, welche zu den aeltesten menschlichen Zeugnisse in Suedamerika gehoeren.

Ueber vier Epochen hinweg zwischen 9500 v.Chr. bis 1500 n.Chr. haben sich die Darstellungen von Jagden und Guanacos ueber mehr stilistierte Zeichnungen bis zu vorwiegend geometrischen Motiven wie Dreiecke, Zickzack-Linien und konzentrische Kreise gewandelt. Verwendet wurden aus Rohstoffen der Umgebung wie Mineralien oder Pflanzen gewonnene und mit Wasser, Blut und/oder Urin verfluessigte und mit Tierfetten haltbar gemachte Farben in vorwiegend ocker, roten, violetten und schwarzen Toenen. In der dritten Phase bis ca. 1500 v. Chr. entstanden die praegnanten Negativ-Hand-Bilder, welche all die einschlaegigen Reise-Buecher und -Prospekte zieren. Die mehrheitlich abgebildeten llinken Haende lassen den Schluss zu, dass Rechtshaender am Werk waren, welche durch ein Roehrchen Farbe ueber ihre andere Hand geblasen haben. Der Besuch dieser Felsmalereien erfolgt mit der obligatorischen Begleitung einer Guia, die uns waehrend einer Stunde ueber 1,5 km auf erst vor zwei Jahren verbesserten Pfad und Holzstegen an den Sujets vorbeifuehrt und uns auf die unterschiedlichen Stile und Motive aufmerksam macht. Das Lodge ist brandneu und ganzjaehrig, auch im Winter bei Schnee und bis zu -25oC bewohnt.
Auf erstaunlich guter Naturstrasse Nr. 40 verbringen wir den Rest des Tages. Bajo Caracoles ist nur eine kleine Ansammlung von Blechhuetten, in denen sich allerdings laut Hinweistafeln Unterkunft, Verpflegung und Treibstoff finden laesst. Ansonsten sehen wir nur Wegweiser zu Estancias in gottverlassener Einsamkeit und einige Strassencamp, da die Strasse um Tamel Aike herum verbreitert und in Zukunft geteert wird. Die Bewoelkung verlagert sich stetig und nimmt uns schliesslich den warmen Sonnenschein bis wir um 17.ooh an der Strassengabelung vor Estancia La Verde am Rio Chico uns fuer die Uebernachtung niederlassen. Im Laufe der Nacht beginnt es gar zu regnen.
Die Sonne blinzelt am Morgen nur einmal kurz nach unserem Aufstehen. Das Aussenthermometer zeigt knappe +2oC. Erstmals seit langer Zeit umhuellt uns auf 450 m Meereshoehe bei unserer Abfahrt um 9.ooh ein kurzes leichtes Schneegestoeber, und die umliegenden Huegel tragen weissliche Kappen. Als wir den Lago Cardiel passieren, ist der Camper komplett verdreckt von der nassen Erdstrasse. Auf den kommenden Kilometern schlittern wir auf 540m durch Pflotsch und Matsch, der unser Reisetempo erheblich reduziert.
Im Miniaturdorf Tres Lagos mit einer Ansammlung von einfachsten Haeuschen, ein Teil mit steilen Blechdaechern wie aufgestellte Keile, hat sich das Blatt wieder gewendet. Wir befinden uns in einer komplett trockenen Umgebung fast ohne Straeucher oder Grasbueschel, aber mit gerne gesehenen immer groesserem Anteil an blauem Himmel darueber. In Anbetracht der Abgeschiedenheit tanken wir erstaunlich guenstigen Diesel zu $ 1.90 und schaetzen die anschliessende neu erstellte Teerstrasse. Wir fahren parallel zum Ufer des Lago Viedmas, sehen in einiger Distanz den gleichnamigen Gletscher der direkt in den See muendet. Wir fahren direkt auf ein beeindruckendes Panorama der Anden zu, die weissen Gipfel ein herrlicher Kontrast zum inzwischen praktisch wolkenlosen Himmel.

El Chaltén wurde 1985 nur geschaffen, um Argentinien ein Argument auf den Landanspruch auf dieses Gebiet zu geben und Chile zuvorzukommen. Noch immer sieht alles relativ provisorisch aus, ein Teil der Einwohner gar in alten Wohnwagen oder Campern lebend. Aber an allen Ecken und Enden wir gebaut. Die Einfahrtsstrasse Av. M.M. Güemes weist getrennte Fahrbahnen auf, aber noch ist weder auf ihr, noch auf der Hauptstrasse Avenida San Martin oder auf irgendeiner Gasse im ganzen Ort kein Meter geteert. Die Bevoelkerung im Winter umfasst nur einige Hundert Koepfe, vervielfacht sich aber angeblich in Sommer, wenn Tausende von "Outdoor"-Begeisterten den Ort ueberschwemmen. Am Ortseingang steht zwar ein kleines, bei unserer Ankunft ein relativ neues, unbenutztes Kassahaeuschen, dessen offene Fenster der Wind schon wieder zerbrochen hat. Eintritt fuer den Parque Nacional los Glaciares Norte wird jedoch nicht erhoben. Wir haben relativ rasch den Ort erkundet und lassen uns am Dorfeingang vis-à-vis vom Centro Visitantes auf dem kostenlosen Campamento Confluencia (nur mit Toilette) nieder, bis es Zeit wird, in den Ort zurueck in eines der kleinen Restaurants zum Nachtessen zu fahren. Allerdings ist das Menuangebot eher bescheiden, die Qualitaet der Speisen unerwarteterweise unter dem Durchschnitt, nur der Preis dafuer hingegen top.

Dass dieser strahlende Tag heute am 29. Oktober mit klarem Blick auf die Bergwelt absolut nicht selbstverstaendlich sondern eher die Ausnahme von ungefaehr einmal pro Monat, manchmal gar ueber Wochen hinweg sei, macht man uns auf der Tourist Information darauf aufmerksam. Der mit 3'405m hoechste Cerro Fitz Roy heisst in der Sprache der einst hier ansaessigen Tehuelche uebersetzt "peak of fire" oder "smoking mountain", da man ihn wegen des meist in Wolken steckenden Gipfel gar fuer einen Vulkan gehalten hatte. Drei Zacken fallen uns auf, der groesste davon der 3'102m hohe Torre.
Diese wollen wir aus naeherer Distanz uns ansehen und entscheiden uns in der Folge fuer den Trail dem parallel zum Rio Fitz Roy. In einer Stunde haben wir den Mirador erreicht, wo wir vorsichtshalber, falls das Wetter umschlagen sollte, unseren Fotoapparat betaetigen. Den Anblick des Sees am Ende dieser Wanderung muessen wir uns mit weiteren 1 ½ Stunden durch Buesche, die eben erst jetzt im Fruehling auszuschlagen beginnen, verdienen. Wir sind bei Weitem nicht die einzigen, die hier unterwegs sind und schliesslich am milchigen Lago Torre, auf dem abgebrochenen Eisbrocken des dahinter liegenden Claciar Grand schwimmen, die mitgebrachten Sandwiches auspacken.
Der Rueckweg allerdings bereitet mir auf dem letzten Stueck vom Mirador aus erhebliche Schwierigkeiten. Wieder einmal kann ich kaum mehr oder nur unter erheblichen Scherzen mein linkes Knie beugen, so dass ich heilfroh bin, endlich wieder auf der letzten Anhoehe anzukommen, auf El Chaltén hinunterzusehen und schliesslich den am Dorfrand abgestellten Camper zu erreichen. Erneut am Campamento Confluencia lassen wir es uns von 17.ooh an in der herrlichen Sonne, der harte Typ Fredy mit Windjacke draussen, ich lieber drinnen hinter der schuetzenden Frontscheibe, wohlergehen, bis sie hinter den Bergen verschwindet und Kaelte sich breit macht.

Weg ist die Bergkulisse am naechsten Morgen als wir um 9.00h hinter das Centro Visitante rollen, wo Fredy freundlicherweise die Werkstatt eines Ranger benutzen darf, um das ausgelotterte oberste Scharnier an der Tuer zum Wohnteil mit zusaetzlicher Schraube wieder zu fixieren. Am Nachmittag sitze ich friedlich am Laptop. Allerdings ist die Ruhe nur nur von kurzer Dauer. Fredy war mit dem Velo unterwegs und kam waehrenddessen auf die Idee, wir koennten doch noch zum Lago Desierto rauffahren - also zusammengepackt. Als er jedoch mit der schlechtesten Strasse konfrontiert wird, ist ihm der See die 40km Schlotter-Strasse doch nicht wert und wir kehren wieder um und nehmen mit dem Chorillo do Salto, einem schoenen Wasserfall nicht weit ausserhalb des Ortes, vorlieb, bevor wir uns wieder am alten Ort auf dem Campamento Confluencia einparken.
Am Mittwoch verabschieden wir uns von El Chaltén, bringen Ruta 23 hinter uns und schwenken wieder auf die Ruta 40 ein. Auch hier wird ueberall an einer Erweiterung der Strassene gearbeitet, die sich parallel zum Rio La Leona haelt. Der Lago Argentino liegt nach etwa 2 Std. Fahrt mintfarben vor uns. Wir muessen ihn ein Stueck weit an seinem oestlichen Ufer umrunden und gelangen in den Fremdenverkehrsort El Calafate mit 8'000 Einwohnern. Hier hat der Tourismus schon laengst voll Einzug gehalten, zumindest was die Hauptstrasse Av. del Libertador General San Martin anbelangt. An ihr reiht sich ein Laden an den andern, und das Angebot respektive auch die Preislage ist nicht von schlechten Eltern. Hierher kommen eindeutig Leute mit Geld, die waehrend ihres Kurzaufenthalts einiges davon hier liegen zu lassen scheinen. Wir erkundigen uns nach den Gegebenheiten im nahen Parque Nacional Los Glaciares Sur, erst im Parkbuero und anschliessend auf der Touristen-Information beim Busterminal. Dieser liegt leicht erhoeht ueber der Hauptstrasse und ist fuer uns idealer Standplatz fuer eine Nacht, nachdem wir etwas im Ort gebummelt haben.
YPF muessen wir diesmal beim Tanken boykottieren. Fuer Fahrzeuge mit auslaendischen Nummernschildern wird fuer Diesel statt $ 1.545 stolze 3.00 pro Liter verlangt, die wir nicht zu bezahlen gewillt sind. Zum Glueck brauchten wir dank unserer drei Tanks nicht unbedingt hier in El Calafate aufzufuellen. Trotzdem versuchen wir unser Glueck noch an der Petrobras am andern Stadtende. Wir treffen auf einen jungen Mann, der uns die Taenke mit 140 Liter zum Einheimischen-Tarif (mit reduzierter Zollbelastung) fuellt, dafuer Stillschweigen und Barzahlung verlangt und anschliessend noch laenger um mich herumscharwenzelt, um ein Extra zu erhalten. Aber meine ohnehin beschraenkten Spanisch-Kenntnisse haben sich zu diesem Zeitpunkt verfluechtigt und ich verstehe beim besten Willen nicht, was er von uns will.

Am Eingang in den Parque Nacional Los Glaciares Sur ist eine Eintrittsgebuehr von $ 30.- pro Tag und Person zu entrichten. Noch glauben wir aufgrund Angaben anderer Traveller sowie des uns ausgehaendigten Info-Prospekts, dass wir in unmittelbarer Naehe des Gletschers wuerden uebernachten koennen. Aber weit gefehlt. Alles ist im Umbruch und wird auf kurzfristigen Massentourismus umgepolt. Es ist mittlerweile verboten, im Park zu campen und alle noch eingezeichneten Plaetze sind aufgehoben worden. Die letzten Kilometer Naturstrasse wurden bereits ausgebaut. Die Strecke wird von unzaehligen Cars und Kleinbussen, viele davon jetzt allerdings halbleer, befahren. Am Aussichtspunkt befindet sich ein neues Restaurant im Bau, ein zweites Versorgungszentrum nahe der Muelle fuer die noerdlichen Bootsfahrten. Fuer diese einstuendige Exkursion ist es allerdings an diesem Nachmittag bereits zu spaet, da nur (zumindest heute) bis 14.30h abgelegt wird. Bis wir uns darueber klug gemacht haben, haben wir auch die letzte, der unserer Ansicht nach sowieso weniger attraktiven Sued-Rundfahrt um 16.15h vom von einigen Kilometern entfernten Puerto Bajo las Sombras aus verpasst.
Also vergnuegen wir uns auf den Holzstegen und Aussichtsplattformen beim beruehmten Perito Moreno Gletscher. Wir stehen bewundernd vor der ueber 55 m aus dem Lago Argentino herausragenden 4km breiten zerkluefteten Front, dessen sehr kompaktes Eis blaeulich erscheint und staendig knackt. Der Eisstrom bildet sich ueber der Schneegrenze wo wegen des zunehmenden Gewichts aus Schnee Gletschereis entsteht. Der Druck wie auch der stetige, andauernde Prozess von Frieren und Tauen lassen den Gletscher langsam, max. 1-2 cm pro Stunde, vorwaerts wandern und sind fuer die eindrueckliche von Spalten und Abgruenden durchzogene Flaeche verantwortlich. Mit etwas Glueck kann man an der Gletscherzunge beobachten, wie immer wieder Eisbloecke abbrechen und mit Getoese ins Wasser stuerzen. In der Realitaet steht man am Gelaender und haelt die laengste Zeit vergebens mit klammen Fingern die Kamera einsatzbereit, ohne dass etwas passiert. In dem Moment, wo man sich zum Gehen entschliesst und sich umdreht, hoert man zu spaet das Gepolter und sieht nur noch die aufschwappenden Wellen als Zeichen, dass man den so lange ersehnten Abbruch gluecklich verpasst hat.



Wir beschliessen, einfach mal auf dem Parkplatz stehen zu bleiben, werden jedoch von einem Ranger nochmals ueber das Campverbot informiert. Deshalb verkruemmeln wir uns nach dem Nachtessen, allerdings nicht zum Park raus sondern nur in gut 10km Entfernung beim Arroyo Correntoso ueber einen der wenigen kleinen Wege hinter Kieshaufen. Am naechsten Morgen erwartet uns eher truebes Wetter In der Nacht, in der es leicht geregnet hat, muss viel Eis abgebrochen sein, denn die Schiffsanlegestelle fuer die Nordfahrt ist voll davon. Deshalb sind zu unserer Enttaeuschung diese Fahrten ausgesetzt. Wir kleben nochmals ueber eine Stunde am Gelaender der Aussichtsstege, ohne dass waehrend dieser Zeit ein groesseres Abbruchereignis eintritt. Dafuer schweben vier Kondore majestaetisch ueber unsern Koepfen. Heute herrscht ein Riesenbetrieb. Der Parkplatz ist voller Cars, denen hordenweise Touristen - Schweizer mitinbegriffen -entstroemen, die Mehrheit vermumt und verpackt als waeren es minus und nicht plus 10oC. Der Wind ist heute weniger starkt, weshalb es vermutlich leicht nieselt und die Sonne schliesslich endgueltig im Grau entschwindet. Nach dem Mittagessen dislozieren wir nach Punta Bandera, wo wir die folgenden beiden Naechte in der Naehe der Ranger Station verbringen.

Samstag, der 3. November ist ein perfekter Tag mit strahlender Sonne und tiefblauem Himmel fuer unsere "Todos Glaciares" Ausfahrt mit der "Chonek" der Fernandes Campbell Gesellschaft. Wir fahren noch vor dem Fruehstueck zum grossen Parkplatz beim Anlegesteg. Als Erstes oeffnet der Nationalpark-Schalter, wo wir erneut je einen Tageseintritt kaufen, dessen Vorhandensein dann effektiv gar niemand nachprueft. Car um Car und jede Menge Kleinbusse bringen massenweise Touristen nach Puerto Punta Bandera, die alle schon mit Billetten in den Haenden aussteigen und fuer die fuenf Schiffe anstehen. So bin ich um 8.30h die Einzige, die hier Schiffs-Fahrkarten zu $ 240.- pro Person fuer die eintaegige Bootsfahrt kauft.
Puenktlich um 9.ooh legt unser Boot, zum Glueck mit nur etwa 2/3 der Sitze belegt, ab. Eine Stunde spaeter fahren wir nach der Passage durch die Boca del Diablo den ersten losen Eisbloecken vorbei. Vom Brazo Norte dreht unser Boot in den Brazo Spegazzini ab und wir kommen am sich im Schwinden begriffenen Glaciar Seco vorbei.

Im Gegensatz dazu waechst der von den Gletschern Mayo Norte und Peineta gespiesene 25m lange Eisstrom des 66km2 umfassenden Glaciar Spegazzini. Seine 80-135 m hohe, aber nur 1,5 km breite Gletscherzunge ist die hoechste der Region.
Vorbei an blaeulichen Eisbergen faehrt der Katamaran durch die von Mineralpartikeln gruenlich gefaerbte Gletschermilch zum 60 km langen und an der Abbruchstelle 5-7 km breiten und 60-80m hohen Glaciar Upsala, der vor allem im letzten Jahrzehnt betraechtlich geschmolzen ist. Er wird von mehreren aus verzweigten Taelern fliessenden kleineren Gletschern gespiesen und die gesamte Eis-Oberflaeche erreicht immer noch eine Flaeche von fast 1'000 km2.
Wie die meisten andern Passagiere haben wir unser Picknick dabei und tragen wir ihn beim Mittagshalt ueber den etwa 1 km langen Pfad durch einen urwuechsigen Naturwald, in dem Rauchverbot herrscht, zum Lago Onelli. Man sieht hier keinerlei Jungholz, da neue Schoesslinge von verwilderten, herumstreunenden Rindviechern, die man entweder ausmerzen oder aber domestizieren muesste, gefressen werden. Auf einem hauptsaechlich auf einen Teil der Uferregion beschraenkten Gelaende kann man sich die Fuesse vertreten, sich aus Mitgebrachtem verpflegen und, hier gnaedigst erlaubt, wenn noetig ein "Lungenbroetli" sich genehmigen. Eine vom Boot gestellte Aufsichtsperson treibt dann alle Schaefchen wieder zurueck an Bord, damit niemand zurueckbleibt, wenn um 15.ooh zur Rueckfahrt gestartet wird.

Wir nehmen's am naechsten Morgen gemuetlich. Das Wetter ist relativ sonnig, aber nicht mehr so super wie gestern. Wir kehren nach El Calafate zurueck und finden in der Av. Moyano vor dem Calafate Hostel eine Stelle, wo ich super Empfang verzeichne und eine schnelle Verbindung mit dem LapTop einfangen kann. So kann ich gemuetlich alle Mails beantworten und endlich auch noch die letzten Fotos von Brasilien aufladen. Wir stellen den Camper nachher wieder neben dem Terminal Omnisbus ab, machen einen kurzen Spaziergang (treffen dabeei auf die Landcruiser von den Frenchies ex Punta Tombo und Eliane+Michel im Internet-Café), kehren zum Nachtessen in die Parilla Libre ein. Fuer $ 30.- pro Kopf kann man sich am Buffet à la Discretion von Salaten, Grilladen inkl. der am offenen Feuer geroesteten Schafsgrilladen, Beilagen und zum Schluss Nachspeisen bedienen.
Vorraete auffuellen, Post aufgeben und dann am spaeten Vormittag El Calafate adé. Wir stoppen am Strassenrand von Ruta 40 und haben einen letzten Blick auf den Lago Argentino zurueck und das breite Tal des Rio Santa Cruz zu unsern Fuessen. Bei El Cerrito folgen wir der Naturstrasse und verwerfen die Moeglichkeit, nochmals in Esperanza zu tanken, bevor wir nach Chile ueberwechseln. Nur gut, haben wir die 70 km zusaetzlichen Kilometer dahin nicht auf uns genommen, denn unerwarteterweise koennen wir auch in Tapi Aike noch guenstig die Tanks fuellen, und das erst noch ohne das "Gekaetsch" wegen unterschiedlichem Preis fuer Einheimische oder Auslaender. Wir waehlen den kleineren Grenz-Uebergang und halten am 5. November in Cancha Carrera, um unsere Papiere ausstempeln zu lassen. Die Ausfuehrung des Campers wird wie zu Grossvater's Zeiten in einem grossen schwarzen Buch unter Nr. 1541 registriert.
 
Nach einem 10-taegigen Intermezzo in Chilenisch-Patagonien kehren wir am. 15. November ueber San Sebastian nach Argentinien zurueck. Unsere Grenzuebergaenge spielen sich in immer rasanterem Tempo ab. Bei den Chilenen Formular fuers Auto abgeben sowie zwei Ausreisestempel der Immigracion fassen und auf der argentinischen Seite zur Abwechslung mal wieder das Carnet de Passage visiert und 2x90 Tage Visum in die Paesse gestempelt erhalten. Am Nachmittag spazieren wir in bereits in Rio Grande herum. In Anbetracht des Klimas hat man in dieser Stadt weitgehend auf Pflanzen und Rabatten verzichtet, dafuer das Zentrum als Ersatz mit verschiedenst geformte farbigen Betonelementen ueberschwemmt. Mit einem Stadtplan bei der freundlichen Touristen-Info machen wir die paar Strassen mit Geschaeften unsicher und erholen uns davon bei Cafe con Leche in einem der wenigen Restaurantes. Zum Uebernachten stellen wir uns auf einem Parkplatz am Meer an der S. Elcano.

Den ganzen naechsten Morgen verbringen wir auf der 17km von Rio Grande entfernten Estancia Maria Behety. 140'000 Schafe weiden auf den 160'000ha dieser ersten Farm des Wollbarons José Menéndez. Wir melden uns gemaess Empfehlung des Mariana-Reisebueros in der Oficina an und erhalten die Erlaubnis, uns ueberall allein umzusehen und ungeniert zu fotographieren. Leider steht die groesste Schafschur-Anlage der Welt, in der ab Dezember 40 Scherer gleichzeitig die Schafe von ihrer Wolle befreien, leer. Entsprechend sind auch die meisten Unterkuenfte unbesetzt und in den Werkstaetten und andern Schuppen herrscht nur wenig Betrieb.
Ab Dezember faengt zugleich die touristische Saison an und auch die 12 Fremdenzimmer der angegliederten Villa Maria werden sich fuellen. Ein gewitzter Zeitgenosse setzte 1933 in den Fluessen um Rio Grande herum verschiedene Arten von Forellen aus, welchen sich in diesen Gewaessern wohlfuehlten und fleissig vermehrten. Heute reisen angefressene Fischer von weit her an, um hier ihr Glueck zu versuchen und eine bis zu 15kg schwere braune oder wenigstens eine bis zu 9kg schwere Regenbogen-Forelle zu angeln.
Dafuer koennen wir bei den Pferdekoppeln beobachten, wie die 3-jaehrigen Pferde von einem "Pferdefluesterer" mit viel Geduld und Erfahrung langsam an Menschen und Halfter gewoehnt werden. Die fuer die Landschaft von Patagonien und Feuerland idealen Criollos, eine Kreuzung zwischen Araber- und Berber-Pferden, sind nicht elegant, eher staemmig und aber dafuer weniger nervoes. Sie werden als ausdauernde Arbeitstiere zum Zusammentreiben von Rindern und Schafen sowie als Fortbewegungsmittel geschaetzt, ohne die eine Bewirtung der riesigen Estancias gar nicht moeglich waere. Sie sind sehr genuegsam und brauchen weder Stall noch zusaetzliches Futter ausser der Weide.

Zurueck in Rio Grande lassen wir den vom Abstecher ueber die nasse Naturstrasse komplett verdreckten Iveco erstmal waschen lassen, bevor wir uns am Nachmittag weiter suedwaerts in Bewegung setzen. Anhaltender feiner Regen spuelt den Camper zusaetzlich weich, waehrend wir ueber die Ruta 3 rollen. Verschiedene gewundene Bachlaeufe begleiten uns ebenso wie "verwunschener" Wald. Die meisten Baeume sind verdorrt, tragen kein eigenes Laub mehr und sind mit Schmarotzerpflanzen in Form von gelblichen Baerten behangen. Kurz nach Tolhuin kommen wir an den Lago Fagnano, wo wir neben der Einmuendung des Rio Turbio neben malerischen abgestorbenen Baumstuempfen im Ueberlaufgelaende ein idyllisches Plaetzchen direkt am Wasser zum Uebernachten finden. Ein paar vereinzelte Sonnenstrahlen dringend ab und zu durch die Wolkendecke, aber bei nur gut 10oC ist es bald zu kuehl, um draussen zu sitzen.
Zu beiden Seiten der Durchgangsstrasse liegen riesige Flaechen mit Bruchholz so dicht, dass sie von weitem grau erscheinen und als Kontrast dazwischen rostrote Moore, in denen oft Torf gestochen wird. Nach dem Lago Escondido, an dessen Ufern zwei kleine holzverarbeitende Betriebe stehen, steigt Ruta 3 an.

Vom Paso Garibaldi ueberblicken wir die zurueckgelegte Strecke, stehen aber entgegen unseres Gefuehls nicht in grosser Hoehe sondern nur ganze 420 m ue.M. Auf der andern Seite sehen wir bald auf den Talboden von Rio Tristen, durch den wir vorbei an kleinen, zu dieser Saison verlassenen Skistationen schliesslich am Samstag, 17. November, das Endziel der diesjaehrigen Reise, die suedlichste Stadt der Welt erreichen.
Angezogen von Steuerfreiheit bei Investitionen durch die argentinische Regierung hatten sich in den 1990er Jahren einige internationale Unternehmen hier eingerichtet und Arbeitsplaetze geschaffen. Nach einer Boomzeit wurden die Verguenstigungen wieder abgeschafft, so dass die Einwohner von Feuerland und insbesondere die ueber 50'000 von Ushuaia ein betraechtlich teureres Lebens finanzieren muessen als andere Argentinier. Die am Hang zu den 1'500m hohen Montes Martial gelegene Stadt ist denn auch eine eigenartige Mischung: Ein am Beagle Canal gelegener Hafen, in der Umgebung dezentrale verteilte industrielle Gelaende, Barrios verschiedenen finanziellen Niveaus mit entsprechend aus Holz und Blechtafeln zusammengeklopften einfachsten Wohnhuetten oder aber in gepflegteren Quartieren stattlichere Holzhaeuser in farbigem Anstrich, eine belebte Hauptstrasse Av. San Martin als zugleich Zentrum des Haupttouristenortes der Insel mit entsprechender Infrakstruktur von Hotels, Restaurants, Souvenir- und Bekleidungs-Laeden und massenweise Reisebueros.

Wir ziehen es vor, unser Lager vorlaeufig direkt am Wasser unten auf dem Parkplatz bei der Muelle Turistico aufzuschlagen anstatt auf den momentan leeren Campings Club del Andino und del Pipo. Hier koennen wir die zweimal am Tag ablegenden Ausflugsboote zu den Inseln im Canal Beagle sowie die am grossen Pier vom Puerto Comercial anlegenden Kreuzfahrten-Schiffe, beide mit vielfaeltiger, internationaler Kundschaft, beobachten. Am Liebsten haette Fredy noch einen 10-taegigen Last-Minute-Abstecher in die Antarktis hineingequetscht, um die restlichen Tage bis zu unserem Heimaturlaub "nuetzlich" zu verbringen, wogegen ich aber mein Veto eingelegt habe.
Iin der Zeit bis zum 30. November erleben wir das beruehmte Wetter von Ushuaia, das meist von einem kraeftigen Wind bestimmt wird und staendig wechselt, so dass man innerhalb eines Tages von Winter mit einigen Schneeflocken und Temperaturen um die 0-4oC je nach Tageszeit bis zu (hiesigem) Fast-Sommer alles erlebt. Als einige Stunden lang eitel Sonnenschein herrschte, welcher gerade mal in 14oC am Nachmittag gipfelte, rannte allerdings schon ein Teil der Bevoelkerung in Short und T-Shirts herum. Und wir hatten uns schon gefragt, wer denn all die Sommerbekleidung, welche nun rechtzeitig zu Weihnachten (!!!) in den Schaufenstern praesentiert wird, ueberhaupt tragen werde, da doch angeblich hoechstens mit einigen hitzigen Tagen à max. 25oC zu rechnen sei.
Wir machen nur einen einzigen zweitaegigen Ausflug von hier aus: Eine Staubstrasse, Fortsetzung der Ruta 3, bringt uns in den 1960 gegruendeten Parque Nacional de Tierra de Fuego. Er umfasst 63'000 ha an den suedlichen Auslaeufern der Anden, grenzt im Westen an Chile und im Sueden an den Beagle Kanal. Die Eiszeiten haben die Landschaft gepraegt und die Bergketten sind von tiefen Taelern mit Fluessen, Seen, Wald aber auch viel Torfmoore durchzogen. Am Rio Pipo oder aber in der Naehe der Laguna Verde am Rio Ovando findet man idyllische kostenlose Campmoeglichkeiten wobei an letzteren man morgens die vielen Touristen-Kleinbusse- und Cars, welche mit ganzen Ladungen von Tagestouristen vorbeikesseln, nicht ignorieren kann. Im Gegensatz zu uns haben sich die vielen um uns herumhopsenden Hasen laengst an sie gewoehnt.

Wir folgen da erstmal der Abzweigung am Rio Pipo entlang, um dessen "Cascada" zu besuchen. Die letzten paar Hundert Meter muss man zu Fuss zuruecklegen. Zum Glueck steht dann schliesslich eine Hinweistafel, sonst wuerde man diesen Wasserfall noch uebersehen! Zum Zweiten machen wir uns auf die Socken ueber den Senda Pamap Alta. Stetig fuehrt der Weg bergauf durch einen Lenga Wald. Der mit gelben Pfloecken markierte Weg hat einige matschige Stellen und bringt uns schliesslich nach 40 Minuten zum Mirador. Das Valle vom Pipo River ist nicht zu sehen, da die jungen Baeume rundum in die Hoehe geschossen sind, wie man auch den Ausblick auf den Beagle Canal sich suchen muss. Im Anschluss daran werfen wir von der Ensenada oder Zaratiegul Bucht ein Auge auf die Isla Redonda.
Entgegen der Bezeichnung in den uns ausgehaendigten Plaenchen handelt es sich bei der Castorera zu unserer Enttaeuschung um kein Gebiet mit aktiven Bibern mehr. Diese Nager waren 1985 aus Canada importiert worden, vermehrten sich dann so zahlreich, dass sie eine Plage wurden. In jeweils 40 Minuten schaffen sie es, ansehnliche Baeume zu faellen, zu zerlegen und selbst in stark fliessenden Baechen damit Daemme anzulegen, in denen sie ihre Hoehlen einrichten. Mit ihrem Eifer veraendern sie die Landschaft komplett, da die aufgestauten Gewaesser ein Absterben der urspruenglichen Vegetation und Bewaldung zur Folge haben.

Bei Punta Arias an der Bahia Lapataia liegen 3'063 km zwischen uns und Buenos Aires und befinden wir uns effektiv am Ende von Ruta 3 und zugleich suedlichsten Punkt unserer Reise auf dem suedamerikanischen Kontinent. Das Erlebnis teilen wir mit unzaehligen andern Besuchern, bei welchen dieser Punkt in ihr Reise-Package eingeschlossen ist.
Ansonsten bringen wir den Camper wieder auf Vordermann. Vielmehr bleibt das Ausmisten und Reinigen an Fredy haengen, da ich von Pierre und Cathérine, die wir hier kennen lernen, zu einem einwoechigen Spanisch-Intensiv-Kurs bei Finis Terrae inspiriert werde, welcher neben vier Stunden Unterricht pro Tag und ansehnlichen Hausaufgaben auch noch eine Schulreise mit allen Kursteilnehmern an die Playa Larga beinhaltet, was die Zeit insbesondere fuer mich noch rascher verliegen laesst.
Die letzten drei Tage stehen wir schliesslich auf dem Camping Club Andino, wo wir mittlerweile etwas Gesellschaft von zwei anderen Campern antreffen. Hier koennen wir unsern Camper fuer die Zeit unserer Abwesenheit gegen Bezahlung einer bescheidenen Summe abstellen. Es heisst die Reisetaschen packen, alle Listen mit den noetigen Besorgungen und Einkaeufen in der Schweiz zu vervollstaendigen, letzte Mails und SMS mit bald aktuellen Terminen auszutauschen und schliesslich am Freitag-Morgen, 30. November, unser Gepaeck auf den hiesigen Flughafen zu stemmen. Wir fliegen ueber Buenos Aires-Frankfurt fuer zwei Monate zurueck in die Schweiz: Ushuaia - Fin del mundo / Principio de todo - Hasta luego!

 
Weitere Fotos: siehe
Galerie / Argentinien I - Nr. 2629-4556

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