25. April- 13. Mai 2013 / Uzhorod-L'viv-Kyjiv-Odesa-Krim-Donec'k-Krasnodon (UA)

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Ueber 600'000 km2 von über 45 Mio. Einwohnern besiedelt, liegen vor uns: die Ukraine, seit dem Zusammenbruch der UdSSR 1991 ein eigenständiger Staat. Allerdings werden wir nur einen Bruchteil davon kennenlernen, da wir uns ja eigentlich auf der Durchreise zu einem östlicheren Fernziel befinden.
Kilometerlang ist die Warteschlange der LKW vor dem Grenzübergang im ungarischen Zahony. Wir PWs dürfen glücklicherweise links daran vorbeifahren und gewärtigen nur ein paar wenige Fahrzeuge bei der Ausreise aus dem Schengen-Raum. Wir werden freundlich verabschiedet und ans Nachbarland weitergereicht. Die ukrainischen Grenzbeamten sind übertrieben korrekt gekleidet und benehmen sich auch so. An einem separaten Checkpoint für Minibus und Camper schauen die Uniformierten von Immigration und Zoll kurz ins Fahrzeug, füttern ihren PC mit irgendwelchen Daten, kontrollieren den Fahrzeug-Ausweis und stempeln unverzüglich die Pässe ab. Bereits nach ¾ Std. erhalten wir den kleinen Kontrollzettel fürs Gate in die Hand gedrückt. Wir äussern mit Mühe dobroho dnja/guten Tag und Djakuju/Danke auf ukrainisch, ernten dafür Lachen und nette Aussprache-Korrektur – vergessen aber diese Wörter fast schneller wieder als wir sie vorher einstudiert haben. Unsere Uhren müssen wir um eine Stunde vorstellen.

Im lebhaften Uzhorod sind wir von der Farben und vor allem den in der Sonne gleissenden goldenen Kuppeln der Kirche beeindruckt. Im Ort selbst gelingt es uns nicht, zum Burghügel zuzufahren, um auf die Stadt herunterzuschauen. Heute ist Markttag, die Gassen sind voller Leute und teilweise abgesperrt, so dass wir dem Trubel entfliehen und im Grünen ausserhalb unsere Mittagsrast halten. M06 führt uns durch hügeliges Land. So tip top gepflegt oder gar neu erbaut die unzähligen Kirchen an unserem Wege, so sauber und aufgeräumt sind auch die kleinen Einfamilienhäuser, nur in viel bescheidenerem Rahmen. Praktisch zu jedem Heim gehört ein Garten oder kleines Feld, wo in dieser Jahreszeit jetzt zur künftigen Selbstversorgung umgegraben, gesät oder gepflanzt wird. Besitzt man gar einen Acker ausserhalb des Dorfes, so wird jeweils die gesamte Familie aufgeboten und er wird ebenfalls in manueller Arbeit präpariert.
Die anfänglich tadellose Strasse hat in Winter und Wetter gelitten. Auf Anhöhen und beim Passieren eines kleinen Skigebietes ist Slalom angebracht, um den vielen tiefen Schlaglöcher auszuweichen. Ganz extrem wird es dann, als wir von der A471 abbiegen. Schlagloch auf Schlagloch folgt und die wenigen noch unversehrten Teerflecken sind zu wenige an der Zahl als dass Sie unsere Durchschnittsgeschwindigkeit erhöhen könnten. Fredy stöhnt und kurvt ununterbrochen. Mühselig nähern wir uns Kilometer um Kilometer endlich DrohobycUnd all diese Strapazen wegen einer . galizischen Holzkirche, die wir erst dank Hinweisen der Einheimischen überhaupt finden. Nicht nur sind zur Krönung des Ganzen die offiziellen Oeffnungszeiten bereits vorüber, nein – die barocke St. Georg-Kirche ist auch noch wegen Renovierungs-Arbeiten eingerüstet und mit Planen abgedeckt, so dass wir uns mit dem Blick auf nur eine, bereits mit neuen Holzschindeln versehenen Zwiebelkuppel statt drei begnügen müssen.
Wir übernachten wild im Grünen. Der Vollmond leuchtet am klaren Himmel und entsprechend haben die Frösche Volleinsatz.
Kaum zu glauben, heute Samstag, 27.4., schaffen wir es endlich über die M06/E 471 nach L´viv! Aus andern Reiseberichten haben wir über einen Camp-Ort gelesen und beschliessen, mangels anderer Angabe uns mal damit vertraut zu machen. Zu unserer Ueberraschung führt uns das GPS auf einer Ausfallstrasse wieder süd- resp. stadtauswärts. Fast 30km vom Zentrum entfernt plus zusätzlich noch zu Fuss zurückzulegende 1,5km Distanz zur Bushaltestelle liegt das Buhta Viking. Auf dem eingezäunten Gelände dieses Feudal-Wochenend-Resorts mit Schwimmbad, Tennis-, Reit- und Schiess-Anlagen, Byke-Routen, Kinderspielplätze neben Country Club und Hotel mit Bankett-Sälen für spezielle Anlässe können auch Camper stehen. Es ist nicht eigentlich der Preis (300 UAH pro Nacht im Camper oder zum gleichen Tarif das günstigste Doppelzimmer) der uns abschreckt, sondern die ellenlange Anreise ins Stadtzentrum (es sei denn, man wolle noch EUR15.- pro Weg fürs Taxi aufwerfen). Wir kehren deshalb auf die ursprüngliche Einfahrtsroute zurück und haben ein modernes Einkaufs-Zentrum im Kopf. Es erweist sich das King Cross Shopping Center von Leopolis als ideal für uns. Nicht nur können wir, da wir ja sowieso keinerlei Infrastruktur benötigen, auf dem grossen Parkplatz anonym und unbehelligt stehen und uns jeweils im grossen Hypermarket aus der Riesenauswahl frische Brötchen zum Frühstück holen, der grösste Vorteil ist der direkte Bus 3a in die Altstadt, in welchem wir nach dem Mittag die 12km in 30 Min. zurücklegen und dafür gerade mal 2.- UAH pro Kopf (Fr. 0.24) berappen müssen.
Den ganzen restlichen Tag bewegen wir uns über das Kopfstein-Pflaster und durch Gassen unter Anleitung eines detaillierten Rundgang-Prospekts von der Touristen-Info. Wohl machen wir zwischendurch mal Pause – umso mehr als die Cafés meistens Wifi-Zonen haben und wir neckische Fotos und Grüsse aus der Sonne in die regnerische Schweiz schicken können - aber als wir gegen 19.3oh dann schliesslich wieder zum Camper zurückkommen, sind wir trotzdem geschafft und wollen nur noch die Füsse hochlagern.
Bus- wie auch Strassenbahn-Fahren ukrainisch ist eine Art Ganzkörper-Massage durch Geschüttel. Der Chauffeur nimmt's gelassen. Einsteigen lässt er durchaus auch mal jemanden an einer Strassenecke, der ansonsten trotz Spurt den Bus an der regulären Haltestelle nicht mehr erreicht hätte. Nur die wenigsten Fahrgäste haben Abonnements. Vielmehr entrichtet jeder Fahrgast seinen Tribut fast ausschliesslich im exakten Betrag der 2.- UAH und drückt ihn, wenn er vorne eingestiegen ist, direkt dem Chauffeur in die Hand. Besteigt er den Bus hinten, wird einfach die Fahrtaxe von Passagier zu Passagier nach vorne und eventuelles Wechselgeld auf die gleiche Art wieder zurück gereicht. Es herrscht absolute Disziplin beim Bezahlen und Selbstkontrolle durch die andern Fahrgäste. Während der Fahrt ist der Fahrer deshalb mit einer, auch mal zwei Händen ständig daran, die haufenweise eingegangenen zerknautschten Geldscheine (der kleinste zu UAH 1.- = CHF 0.12) zu glätten und zu ordnen. Unbürokratisch zupfen von einer schaukelnden Rolle höchstens ein paar wenige Glückliche, welche vermutlich Fahrspesen rückerstattet kriegen, sich selbst ein Billett ab. Bei jedem Umsteigen muss wieder neu bezahlt werden und das Prozedere wiederholt sich.
Strassenbahn-Fahren ist noch eine Nuance günstiger: von Endpunkt zu Endpunkt entrichtet man im selben System 1.50 UAH. Die Trams der verschiedenen Linien haben unterschiedliche Farben. Ihr allgemeiner Zustand ist jedoch dessen ungeachtet von besten- und seltensten-falls neu bis häufiger klapprig, halb durchgerostet bis fast katastrophal.

Erneut sind wir am Samstag wieder den ganzen Tag in L'viv unterwegs. Um das Rathaus herum bewundern wir die historischen Häuserfronten, steigen die 360 Stufen auf den Glockenturm hinauf und überblicken die ganze Altstadt und angrenzenden Strassenzüge mit ihren vielen Kirchen und Kathedralen. Die Gottesdienste sind hier überaus gut besucht. Palmsonntag naht und eine Woche später werden die orthodoxen Christen ihr Osterfest feiern. Jung und alt versammelt sich in den prachtvollen heiligen Hallen, verweilt eine Zeitlang und verlässt die Kirche wieder mit x-fachen Kreuzschlagen. In den Strassen werden an allen Ecken die hier als Osterdekoration typischen Ruten-Sträusschen und natürlich verzierte Ostereier verkauft.
Auf dem Prosp. Svobody wird gegen Abend immer belebter. In seiner Grünzone stehen Marktstände und Buden, in denen vor allem Souvenirs, Krims-Krams und Verpflegung angeboten werden. In den stattlichen Gebäuden zu beiden Seiten dieser Strasse wie auch im prosp. T. Shevchenka und vul. Romana sind dagegen die smarten Geschäfte mit ihren Label-Produkten eingemietet. Mode hat hier einen grossen Stellenwert. Die aufgemotzten Erscheinungen sind aber vor allem bei den häufig korpulenteren Figuren nicht immer so sexy wie sie sollten. Stöckelschuhe sind hierzulande äusserst unpraktisch aber definitiv in,  Make-up und Modeschmuck ein Muss. Die jungen Leute bevölkern die vielen in Gassen und Fussgängerzonen aufgebauten Lounges und Restaurants. Bier ist Volksgetränk und der Konsum scheint beträchtlich zu sein. Uns fällt auch auf, dass generell sehr viel geraucht wird.
Nur relativ wenige Leute sprechen gut Englisch, viele können nur ein paar Brocken oder aber haben ganz einfach Hemmungen. Aber hilfsbereit sind sie, mit Ausnahme nach unserer Erfahrung von Uniformierten, allemal. Mit Zeichensprache und Gesten unter entsprechendem Gelächter landen wir eigentlich im da wo wir  hinwollen oder finden, was wir gesucht haben. So gelingt es uns, einen LapTop Adapter von life zu erstehen, damit wir wifi-mässig autonom sind in der Ukraine.
Zum Tagesabschluss, zu faul um noch weiter rumzuschlendern, setzen wir uns ins Tram Nr. 1 und lassen uns zur Central Railway Station hinaus kesseln. Hier herrscht ein buntes Treiben mit Reisenden aller Nationen, vor allem aber auch Einheimischen, die über grössere Distanzen verreisen. Auffallend für uns die älteren Frauen, die ihre bunten vollgestopften Plastiktaschen auf die Bahnsteige schleppen, die blutjungen Rekruten in tadellos schwarzen Uniformen mit Bügelfalten samt ihren grossen tellergrossen russisch anmutenden steifen Mützen unterwegs zum Dienstantritt. Rumpelkiste Nr. 6 bringt uns schliesslich ins Zentrum zurück, wo wir gegenüber der Oper in "unseren" Bus raus nach Leopolis umsteigen. Ein weiterer fast sommerlicher Tag, heute mit 27° C, neigt sich dem Ende zu.
Heute Sonntag, 28.4., weint der Himmel ausnahmsweise, als wir uns L'viv verabschieden. Die nach der Abzweigung Richtung Ternopil einsetzenden Schlaglöcher-Serien halten uns von der H02 ab. Wir folgen der zeit- und kilometer-mässig kürzeren Hauptverbindung E40/M06. Ein Uniformierte der Verkehrskontrolle unterwegs hätte schon gerne ein Auge in unser Auto geworfen. Wir winken beim Vorbeifahren ebenso freundlich wie er seinen Signalstock schwenkt.
Wir fahren an der markanten Burg von Oles'ko vorbei. Unglaublich, wie viele Lastwagen unterwegs sind und auch, wie gentleman-like sie bei Ueberhol-Manövern auf die Seitenstreifen ausweichen, um das Passieren auch bei Gegenverkehr zu ermöglichen. Im Grünen machen wir vor Rivne Mittagspause, und ebenso im Kraut stehen wir zum Uebernachten, nur diesmal ausserhalb Zytomyr. Ich glaube, wir haben noch nie einen Wasserhahn im Freien gesehen seit wir in der Ukraine sind. An unzähligen Tankstellen sind wir heute vorbeigefahren, ohne einen nassen Fleck – nachdem der Regen aufgehört und die Sonne sich wieder durchgesetzt hat – zu sehen. So mussten wir wohl oder übel uns nach "voda" erkundigen und durften unsern Schlauch bei einem freundlichen Benzinwart am WC-Lavabo andocken und so den Tank zumindest halb füllen.
Mühelos finden wir nach Kiew, weniger einfach aber einen Standplatz. Die uns bekannten Anlaufstellen sind entweder inzwischen durch Neubauten eliminiert worden oder aber liegen weit ausserhalb des Zentrums. Wir versuchen erst gemäss Reklameanzeige den "Ashan" Supermarket anzupeilen. Dazu fahren zwei junge Herren freundlicherweise mit uns, da wir offensichtlich ihre Anweisungen dahin nicht verstehen. Auf keinen Fall wollen sie von uns etwas annehmen, obwohl sie per Taxi zu ihrem Ausgangsort zurückkehren müssen – dies sei ein Freundschaftsdienst.
Diese Filiale entspricht aber gar nicht unseren Vorstellungen von Standplatz, so suchen wir nacheinander weitere Shopping Centers wie Akadia und Kvadrat inspizieren, bis wir schliesslich im gefreuten Karavan Center landen. Maximal 2.8 m Höhe gebietet dann zu unserer ersten Enttäuschung die Einfahrtsschranke, aber wir schaffen es easy drunter durch und wählen uns erleichtert einen der vielen Parkplätze als Interims-Heim. Bereits haben wir einen kurzen inspizierenden Besuch vom Aufsichts-Personals erhalten, aber mangels gegenseitigen Sprachkenntnissen erlosch ihr Interesse relativ rasch.
Um 10.ooh am Dienstagmorgen ziehen wir los, um die sogenannt goldene Stadt zu erkundigen. Wir quetschen uns in Bus Nr. 24 - im ersten Versuch zwar in der falschen Richtung, da uns über Nacht die Orientierung abhanden gekommen war. Der Minibus-Chauffeur klärt uns auf, verzichtet netterweise auf 2.50 UAH pro Kopf Fahrgeld und schickt uns an der nächsten Station zum Kollegen in entgegengesetzter Fahrtrichtung. Mit dem Trolleybus gelangen wir an die Minska Metro-Station der blauen Linie, wo wir eine gnädige Seele finden, die uns zum richtigen Eingang mitnimmt und uns aufklärt. Ein Automat spuckt für 10.- UHA 5 blaue Chips aus und einer davon öffnet das Türchen zu den Rolltreppen hinunter zu den Gleisen. Solange man den Metrobereich nicht verlässt, kann man unbegrenzt umsteigen und fahren. Wir steigen am Maidan Nezaleznosti in die rote Linie um und sind im Nu an der Vokalzna Station, wo wir in der Nähe einen "Apple"-Crack aufsuchen, von dem Fredy die traurige Nachricht entgegennehmen muss, dass sein 7-jähriger IPod das Reisen satt hat, ihn kein Akkuersatz mehr rettet sondern ihn endgültig das Zeitliche gesegnet hat.

Danach können wir uns der touristischen Seite von Kyjiv/Kiew widmen. Wir drehen als Erstes mit dem Hop on/off Bus eine Runde zur Uebersicht und zusätzlich nochmals eine halbe bis zur riesigen Statue der Mutter Heimat und den Soldatenfiguren aus dem grossen vaterländischen Krieg ihr zu Füssen. Durch den Pecers'ker Landschaftspark samt Tulpenschau erreichen wir die Kiewer Lavra, deren Kirchen zum Unesco-Welterbe gehören. Bei der  Refektoriums-Kirche steige ich, während Fredy sich lieber in der Sonne entspannt, in die Höhlen hinunter. Man ersteht eine dünne Kerze, deren magerer Schein als einzige Beleuchtung dient. Die Frauen halten generell den Kopf bedeckt, weshalb ich mir vom nahen Kleiderständer temporär ein Kopftuch ausleihe. In den weiss gekalkten schmalen Gängen passiert man unzählige Schreine und Heiligenbilder, vor denen tief Gläubige sich unendlich bekreuzigen, verneigen und oftmals die wohlweislich durch Scheiben geschützten Darstellungen und Figuren küssen. Die leider nach unserer Kaffeepause bereits schon geschlossene Maria-Himmelfahrt-Kathedrale können wir nur noch von aussen bestaunen. Unglaublich, was da neben den vergoldeten Kuppeln an der Fassade noch alles glänzt und wie farbenfroh die Bilder der Heiligen auf der Rückseite sich präsentieren.
Es ist ein weiter Weg durch die Grünanlagen mit schöner Aussicht auf den Dnipro vorbei am Mahnmal für die Opfer der Hungersnöte von 1921/3, 1932/3 und 1946/7, dem Ruhmesobelisken, dem Grab des unbekannten Soldaten, entlang dem Dynamo Stadium bis zum 60m hohen Stahlbogen, genannt Bogen der Völkerfreundschaft im Chrescatyi-Park. Unweit des Maidan Nezalenosti finden wir ein Selbstbedienungs-Restaurant, wo wir uns zu zweit inkl. Getränk für gerade mal CHF10.- vom Buffet verköstigen. Inzwischen ist es Nacht geworden und die Gestalt der Beschützerin in ukrainischer Tracht und Schneeballzweig auf der 42m hohen Unabhängigkeits-Säule leuchtet aus dem Dunkel. Um 21.ooh ist es immer noch 23°C warm. Der Camper, bei dem wir 1 ½ Std. später eintreffen, steht unversehrt und aufgeheizter als erwünscht am Karavan Center.
Nunmehr vertraut mit dem Verkehrssystem sind wir im Nu am Plosha L'va Tolstoho. Im T. Shevchenko Park stossen wir endlich auf die längst gesuchte Touristen-Informationsstelle und können von nun an mit einem englischen Stadtplan hantieren anstatt immer die kyrillischen Zeichen zu übersetzen. Einige Gruppen versammeln sich zu Ehren des 1. Mai am gleichnamigen Denkmal, schwingen ihre roten Fahnen und singen wohltönende nicht nur patriotische Lieder. An  der L'va Tolstoho besuchen wir den unter Fürst Jaroslav gebauten einst schönsten und grössten der vier Stadt-Zugänge, heute eine Rekonstruktion und wegen der goldenen Kuppel auch goldenes Tor genannt. Unweit davon betreten wir durch den 76m hohen und mit Stuck-Ornamenten reich verzierten Glockenturm die um 1011 gegründete Sophien-Kathedrale mit gar 13 Kuppeln. Mit ihren herrlichen zum Teil rekonstruierten und vielen ursprünglichen Mosaiken, Fresken und Grafitis und prunkvollem gold-silbernen Altargitter gehört auch sie zum Unesco-Welterbe.
Vorbei am modernen gläsernen Hyatt-Hotel aus diesem Jahrhundert schreiten wir zur nächsten Sehenswürdigkeit, dem St. Michaels-Kloster. Sein Aussehen täuscht –einst kurzerhand abgebrochen, um mehr Platz für eine Erweiterung des imposanten neoklassizistischen Bau aus der Stalin-Zeit zu schaffen (der heute das Aussenministerium beherbergt) ist es ein Nachbau aus 1997-2000. Der Klosterkomplex wird von einer Mauer begrenzt und birgt in seiner Mitte die im 17./18. Jht. im urainisch-barocken Stil erneuerte herrliche Michaels-Kathedrale mit 7 in der Sonne leuchtenden Kuppeln neben Glockenturm mit Carillon und zwei weiteren Kirchenbauten.
Wir verlassen die Oberstadt, spazieren an der Andreas-Kirche vorbei, von dessen leider baufällig und deshalb gesperrten Aussichtsterrasse man einen tollen Ausblick auf die tiefer gelegenen Stadtteile hätte. Wir wenden uns profaneren Aspekten zu und spazieren die steile  Kopfsteingasse, genannt Andreas-Steig, hinunter. Sie ist gesäumt einerseits von historischen Häusern, davor aber unzähligen Verkaufsständen, an denen unglaublich viel Plunder und Kitschiges angeboten wird. Hier soll einst die einheimische Bohêmie gehaust haben. Aber je weiter runter zum Stadtteil Podil wir uns bewegen, desto vernachlässigter erscheinen uns eigentlich viele Gebäude. Neben der Talstation der bekannten Funicular-Bahn, eine bequeme Alternative, um die 75m Höhenunterschied wieder rauf zur Oberstadt zu überwinden, herrscht denn auch eine rege Bautätigkeit. Moderne Ersatzbauten werden hochgezogen, die über den Fluss führende Metro-Brücke erweitert und die Strassenführung verbreitert und erneuert .
Wir unsererseits beenden das Sightseeing und besteigen an der Kontraktor Metro-Station den blauen Zug zu einem friedlichen Abend im Camper. Der Himmel ist nach einem sonnigen Tag gegen Abend bewölkt, es weht ein kalter Wind und die Temperatur ist von über 27° am Nachmittag auf 14°C gefallen, so dass wir diesmal den warmen Camper zu schätzen wissen.

Unser letztes Frühstück in Kiew und anschliessend auch der letzte Einkauf beim Karavan. Nachdem wir mit Mühe und Not herausgefunden haben, wo im Süden von Kiew das vielgelobte Freilichtmuseum von Pirohovo genau liegt, folgen wir dem Lauf des Dnjpro und können bei dieser Gelegenheit einen Blick auf die langen sandigen Badezonen am nördlichen Ufer werfen. Wir brauchen noch einen Tipp vom Tankwart bis wir die (am falschen Ende vermutete) Einfahrt zum grossen Freilicht-Museum finden. Der 2. Mai ist in der Ukraine der Unabhängigkeitstag, an dem Büros und viele Geschäfte geschlossen bleiben. Ein grosser Teil der sonst arbeitenden Bevölkerung mit Familie hat anscheinend heute dasselbe Ziel wie wir gewählt. Neben den privaten Autos haben bereits schon über 15 Cars eingeparkt, doch verteilen sich zum Glück die Heerscharen gut auf dem 150ha grossen Gelände. Hierhin hat man typische frühere Bauernhäuser, Scheunen wie auch Kirchen aus den verschiedenen Landesteilen gezügelt und original wieder aufgebaut. Einige kann man betreten und darin die einfache Ausstattung sich ansehen. Allerdings nagt an recht vielen der sicher unterhalts-intensiven Holzbauten mit Ried- oder Holzschindel-Dächern eindeutig ein scharfer Zahn der Zeit. Manch eine Bauernkate sieht inzwischen so windschief, ja verfallen aus, dass man sie besser abreissen würde. Weder die Kornmühle und auch nicht eine der vielen Windmühlen, so diesen denn überhaupt die Windflügel noch nicht abgefallen sind, funktionieren zu unserem Bedauern. Aber die Besucher vergnügen sich dessen ungeachtet, schiessen Erinnerungsfotos, picknicken auf den Wiesen oder essen Sashliks und trinken Bier dazu im Schatten der Bäume bei den kleinen zentralen Imbiss-Ständen.
Erst kurz vor 16.ooh peilen wir die E95/M05 an und halten südwärts. Jetzt übernachten wir mal wieder wild an einem Ackerrand kurz vor Hrebinky.
So wie uns links und rechts der zweispurigen Autobahn riesengrosse Felder begleiten, so permanent leisten uns auf dieser südwärts führenden, wichtigen Verbindung eingebrochener Teerbelag, Schlaglöcher und tiefe Fahrrillen Gesellschaft – erstmals seit Monaten überhaupt spüre ich meinen "kambodschanischen" Rückenwirbel. Mit Erreichen von Uman bessern sich die Verhältnisse. Endlos zieht sich die E95/M5 durch die leicht hügelige Gegend bis wir am späten Nachmittag Odesa erreichen. Diesmal präsentiert sich kein ideal gelegenes Shopping Center, die angefahrenen Parks oder Grünanlagen eignen sich ebenso wenig wie wir den Yachthafen selbst schon gar nicht die entsprechende Zufahrt finden. So landen wir in einem Wohnquartier unter den für diese Stadt so typischen Baumreihen als unser temporäres Heim. Allerdings, so der Aufseher, der in einem kleinen Kabäuschen am Trottoir-Rand hockt, seien diese raren Plätze nur für Ukrainer  bestimmt, aber 20.- UAH sichern auch uns Ausländer das Recht, hier zu übernachten.
Die Jevrejs'ka vul. liegt in Gehdistanz zur Fussgängerzone der Derybasivs'ka und angenehm durch alte Bäume beschattete Einkaufsstrassen zu erreichen. Frisch gestärkt vom Café Alpina stehen wir beim Einnachten dann vor dem vielgerühmten und beleuchteten Opernhaus. Viel Volk ist unterwegs. Die Geschäfte haben sich dem Lebensrythmus der Einheimischen angepasst. Geöffnet wird morgens um 10 oder gar 11.ooh, dafür bleiben sie bis 20 oder 21.ooh abends offen. Die Restaurants haben die neue Saison eröffnet und ihre Aussen-Bereiche eingerichtet. Die Sitzplätze finden reissend Absatz, denn nach Tagestemperaturen von 27°C haben wir einen lauen Sommerabend mit im Stadtzentrum immer noch 25°C. Dazwischen finden sich die Strassenhändler, die mit dem Verkauf irgend eines Schnicksacks ihr Leben finanzieren. Gar ausreiten kann man und wer es ruhiger angehen will, kann sich in einer der weissen, mit Lichterketten geschmückten Fiaker spazieren führen lassen.
Nach dem Frühstück sind wir am Samstag-Morgen nochmals auf Schuster's Rappen unterwegs und bewundern die vielen reich geschmückten historischen Gebäude. Es wandelt sich angenehm im Schatten der vielen grossen Alleebäume. Nachdem wir den Stadtplan studiert haben, finden wir unweit des Dums'ka pl. auch die potëmkinsche Treppe, die von der Altstadt runter ans Meer und zum Hafengelände führt. Sportlich verzichten wir auf dem Rückweg hinauf auf die Standseilbahn, die von den Passagieren der hier ankernden Viking Cruise, die von Odesa donau-aufwärts bis nach Kiew fährt, gestürmt wird. Bis zur Mittagszeit haben wir genug gesehen und sind zur Weiterreise bereit, Fredy im Gepäck einen neuen kleinen MP3-Player als iPod-Ersatz.

Wir müssen nicht zweimal überlegen, wo wir unsere Mittags-Sandwiches futtern. Fontanka, wenige Kilometer ausserhalb Odesa, winkt mit einem kleinen Sandstrand. Ich geniesse ein erstes ausgedehntes Sonnen-, Fredy gar ein Meer-Bad. Dementsprechend kommen wir nur noch wenig über Mykolajiv hinaus, bis wir uns zum Uebernachten in die Büsche schlagen.
Cherson umfahren wir und füllen nur gerade Diesel- und Wassertank. Heute Sonntag, 5.5. sind kaum Lastwagen auf der vielfach holprigen Teerstrasse unterwegs. In den kleinen Ortschaften bleiben die Geschäfte geschlossen und sogar die Verkaufsstände am Strassenrand sind meist unbesetzt. Die Felder hier sind bereits grüner und die dazwischen liegenden gelben Rapsfelder leuchten von Weitem. Danach bewegen wir uns am Rande eines der vielen Schwarzmeer-Biosphären-Reservats mit seinen Festlandstreifen, Inseln und Nehrungen mit über 300 vertretenen Vogelarten.
Wir kommen wir nicht weit. Nach Kalancak am Piynicno Krymski Kanal, der vom Dnipro nördlich von Nova Kachovka bis runter in die Gegend von Feodosija auf die Krim führt, gönnen wir uns einen längeren Mittagshalt und erfrischendes Baden in kühlem Wasser. Um die glitschigen betonnierten Seitenborde zurück ins Trockene wieder erklimmen zu können, befestigen wir vorsichtshalber an einem kleinen Baum ein Seil und nehmen die Hilfe dann auch wirklich gerne in Anspruch. Südlich von Krasnoperekorps'k schauen wir uns dann schon für einen Uebernachtungsplatz um. Wegen der vielen herumschwirrenden zuckenden Viechern verwerfen wir die Idee, am Vorontsivka-Flüsschen oder erneut am Kanal zu stehen und ziehen einen uns vor Blicken Vorüberziehender schützenden Aufenthalt in einem der vielen Baumhaine zwischen den Aeckern vor.

360'000 Einwohner hat Simferopol, die Hauptstadt der Autonomen Republik Krim. Vermutlich aber kann nur ein kleiner Prozentsatz es sich leisten, wie wir im "Metro" hier einzukaufen. Wir müssen uns mit der ID registrieren, einen Fresszettel, von dem wir kein Wort entziffern können, unterzeichnen, da es sich vermutlich um ein Einkaufsladen für Grossverbraucher handelt - was auch die eher kümmerliche Kundschaft erklären würde. Dafür ist alles vom Feinsten vorhanden – was das Herz resp. der Magen begehrt, vor allem auch ausländische Marken, liegt verlockend in den Regalen.
Südlich der Stadt nahe Poshtova herrscht mehr Betrieb. Eine Art Volksfest mit Chilbi und unzähligen Verkaufs- und Ess-Ständen zieht massenweise Volk an. Hier treffen sich ganze Familien- oder Freundes-Gruppen, parken wie wir am Rande des Geschehens, spannen Blachen zwischen die Autos und picknicken vergnügt auf den ausgelegten Decken. Derweil werden wir alle aus Lautsprechern mit ukrainischer Volksmusik beschallt und einzelne Gruppen tanzen auf einer Bühne.

Ebenfalls viele Besucher erleben wir an unserem nächsten Zwischenstopp. Hier aber werden wir von Möchte-gern-Guides und Werbern für Restaurants und Touren belästigt, während jeder Parkplatz am Strassenrand im Umfeld der Sehenswürdigkeit unverschämte 20.- UAH (statt wie sonst üblich 5.-) kosten soll. Erstmals stossen wir neben einheimischen und russischen auf zahlreiche europäische Touristen, die der bekannte Khan Palast von Bachcysaraj mit seinen schattigen Grünanlagen, Springbrunnen und an Ornamenten und Schnitzerei reichen Gebäude angezogen hat.
Es lohnt sich auch der Weg an den südöstlichen Ortsrand zum in den Standsteinfels gehauenen Maria-Himmelfahrt-Höhlenkirche, deren Innenraum von den vielen gespendeten Kerzen erhellt wird. Draussen am Treppenaufgang füllen die Leute ihre mitgebrachten Bidons und nehmen Heilwasser aus der hiesigen Quelle nach Hause. Von den Aufgängen sieht man über das Klostergelände hinweg auf die in den bizarren Felsformationen geschaffenen Höhlen der mittelalterlichen Festungsstadt Cufut-Kale. Gewohnt wurde bei ihrer Gründung im 5. Jht. ursprünglich auf dem 500m hohen Kalkstein-Plateau, die Höhlen dienten nur als Vorratsräume.
Danach halten wir auf südwarts zu mit einem kleinen Umweg über einen in Reiseberichten im Internet gefundenen Campingplatz. Dieser entpuppt sich als Feriensiedlung nördlich von Pivnichna Storona mit unzähligen kleinen Hüttchen, Bungalow wäre schon übertrieben, die trostlos dicht nebeneinander auf einem geteerten, eingezäunten Areal stehen ohne direkten Strandzugang. Wir entschliessen uns, auf gut Glück noch in die Stadt zu fahren. Mit der Radiogorka Fähre setzen wir über die Meeresbucht und landen direkt im Zentrum von Sevastopol. Ein Parkplatz umgeben von Restaurants direkt beim Promenaden-Bereich der Stadt ist öffentlich genug, als dass wir da am Rande uns gerade zum Uebernachten einparkieren können.
Gegen Abend öffnen sich all die Buden, Strassenmusiker, ja zwei ganze Bands, machen sich bereit, die Spazierenden zu erfreuen und als Belohnung Münzen in ihre aufgestellten Hüte zu erhalten. Eine Reisegruppe hat sich unterhalb des Nachimova Pl. niedergelassen und die älteren Frauen singen mit Handharmonika-Begleitung wehmütige Lieder. An der gegenüberliegenden Pividenna buchta werden um die Wette Würmer gebadet, die immer wieder von den Haken verschwinden, ohne dass je ein Fisch aus dem Wasser gezogen würde. Immer wieder tauchen junge Burschen auf, die Tauben, kleine Affen, Ratten, manchmal Schlangen zum Berühren und auf den Arm zum fotographieren setzen wollen. Als wir eine Bemerkung über diese gängige Attraktion in den Städten überall in der Ukraine machen, versteht eine der mittelalterlichen Matronen, die überall herumstehen und versuchen, sich selbst als Stadtführerin oder irgendeine Tour zu vermitteln, "Ukraine" aus unserer Unterhaltung heraus und macht uns empört klar, dies hier sei sowieso russisches Territorium. In der Tat ist ja Russland hier auf der Krim, ein bevorzugtes russisches Ferienziel, überaus präsent. Diese Stadt und ihre Gewässer sind zudem Quartier und Standort der russischen Schwarzmeer-Flotte. Zudem trage dazu bei, dass auch der frühere UdSSR Staatschef Nikita Chrustchef zwar ein hiesiger Ukrainer, aber dadurch damals auch gleichzeitig Russe gewesen sei, erklärt uns der Wirt der O Sole mio-Pizzeria, wo wir uns zum Znacht niederlassen.

Dienstag, 7. Mai: Wir starten spät, da ich mich wider Willen noch ernsthaft mit dem Herunterladen der MP3-Dateien befassen muss, die Michi uns gemailt hat, damit Fredy's neuer MP3-Player endlich was zum Abspielen erhält. Für die unstabilen Verbindungsverhältnisse hier aber sind die Dateien zu gross. Nach stundenlangem Downloaden haben wir zu guter Letzt nur eine beschädigte Datei, aus der wir einige Titel retten können. Also müssen wir Michi um kleinere Portionen bitten, die dann hoffentlich von den häufigen Unterbrüchen verschont bleiben werden.
Wir beginnen die heutige Fahrt mit einem Blick auf die Ruinen des taurischen Chersonesos, gegründet im 5. Jht. v.Chr. und über Jahrhunderte wichtiges politisches und Handels-Zentrum an der nördlichen Schwarzmeer-Küste. Einst umfasste die Stadt über 50 Kirchen, heute wird das Gelände nur noch von einer, der schön renovierten St. Vladimir Cathedrale, präsidiert.

E105/M18 bringt uns zur südlichen Küste der Krim. Ab Foros soll die Strasse durch landschaftlich reizvolle Gegend führen. Leider ist der Ausblick aufs Meer wegen der vielen Büsche und Zypressen schwierig und wenn, sieht man auf mit vielen grossen, aber selten schönen Villen verbaute steile Abhänge hinunter. Oft verfügen sie über private Helikopter-Landeplätze während die Zufahrtsstrassen als privat gekennzeichnet und mit Verbotstafeln bestückt sind, so dass uns ein Zugang zum Meer verunmöglicht wird. Obwohl eine von reichen Russen bevorzugte Gegend, können wir uns für dieses Gebiet auch um Alupka gar nicht begeistern. Mit etwas Mühe finden wir in Mischor die Talstation der Seilbahn, die uns über Kieferwälder und Weingärten hinweg auf das Kalkstein-Plateau Aj-Petri bringt. Bei ihrer zweiten Etappe handelt es sich um die längste stützenfreie Seilbahnstrecke Europa's über eine Distanz von 1'860m hinauf auf 1'153 m üM. Die restlichen Meter auf effektiv 1'234m Meereshöhe legt man von der Bergstation zu Fuss über Stock und vor allem viel Stein zurück und bezahlt dafür (zumindest als Ausländer) erst noch 20.- UAH pro Person zusätzlich zu den UAH 130.- für Berg- und Talfahrt. Dafür ist der Ausblick über die ganze Südküste der Krim westlich bis nach Foros und östlich bis Sudak überwältigend.
Wir passieren anschliessend Haspra mit seinem fotogenen "Schwalbennest", ein Schlösschen im mittelalterlichen Stil auf einer Felskuppe errichtet 1913 von einem Erdöl-Industriellen für seine Geliebte. Auf Yalta nehmen wir nur von der Umfahrungsstrasse aus wahr. Die Zeit verfliegt nur so und unsere Gedanken befassen sich dringlicherweise mit der Suche nach dem heutigen Uebernachtungs-Platz, was entlang der E105/M18 keine einfache Sache ist. Wir verschwenden viel Zeit, zwei erfolgversprechende Stichstrassen abzufahren, um an Ende wohl näher am Wasser, dafür aber vor einem Hotel oder bei einem der hier häufigen Sanatorien zu landen. Der Parkplatz des botanischen Gartens von Nikita ist ebenfalls ein Reinfall, da praktisch nicht existent und nur als markierte Felder entlang der Zufahrtsstrasse vorhanden. Oberhalb Partenit finden wir an einer Nebenstrasse endlich am Rand eines Weinbergs einen ebenen Platz.
Nach Alusta fängt die Region uns zu gefallen an und erinnert uns an Korsika. Meerwärts mit Büschen und Bäumen bestandene Hänge, gegen das Landesinnere grosse Weinanbau-Gebiete. Die kurvenreiche Strasse ist von bessere Qualität als gefürchtet und führt ständig auf und ab. Wir blicken Sonjacnohirs'ke mit seinem schmalen dunklen Kieselstrand hinunter, fahren vorbei an einer wunderschöne Kirche kurz vor Ribacce.

Wir wären gewillt, ein oder zwei Tage Zwischenhalt einzulegen, sollte sich die Gelegenheit ergeben. Aber erst kurz vor Morske ergibt es sich, dass wir direkt an den Strand hinunterfahren und unser Lager aufschlagen können. Wir sind nicht alleine, kleine Gruppen mit Zelten oder Wohnwagen verteilen sich an dieser Bucht und sogar ein frisch pensionierter Schweizer in einem Wohnmobil hat sich hier niedergelassen und geniesst die Gesellschaft zweier ukrainischer Damen.
Fredy bricht am folgenden Morgen früh zu einer Bike-Tour auf während ich es vorziehe, mich nochmals im Bett umzudrehen. Später arbeite ich meine Notizen auf und lade zu Fredy's grosser Freude einige weitere von Michi's Musikdateien herunter. Es windet nur mit kleinen Unterbrüchen den ganzen Tag über. Im Schatten ist es fast zu kühl, die direkte Sonne aber wiederum sorgt in kürzester Zeit für eine ungesunde Röte.
Je weiter östlich wir kommen, desto trockener und dadurch kahler werden die Hügel. Ein starker Wind fegt auch durch die zwar am Meer liegende aber wegen der allgemeinen Trockenheit staubigen Stadt Sudak mit ihren gut 15'000 Einwohner. In einen kleinen Supermarket erstehen wir Brot und Milch, ansonsten sind wir noch gut versorgt. Diesel zu erhalten ist bei immerhin zwei Tankstellen auch kein Problem, aber einen Wasserhahn zu finden übersteigt unsere Fähigkeiten. Ein mit "???a" beschrifteter Tankwagen kreuzt unsern Weg, und wir entschliessen uns, ihm zu folgen. Er fährt in ein Aussenquartier, dessen Häuser anscheinend nicht der Wasserversorgung angeschlossen sind und macht sich bereit, seinen Inhalt in einen unterirdischen Tank eines kleinen Wohnhauses zu entleeren. Wir erklären dem Chauffeur und dem Empfänger des köstlichen Nass unsern Notstand und erhalten freundlicherweise auch unsern Wassertank gefüllt. Ein Trinkgeld dafür wird stolz abgelehnt.
Auf dem Weg zur einzigen Sehenswürdigkeit dieses Ortes treffen wir erstmals auf andere Reisende gar mit einem ZH-Schild am Landrover: Sven+Katja machen 10 Wochen Urlaub und wollen ebenfalls nach Volgograd, jedoch via Kerc. Mit ihnen zusammen besuchen wir die von weither sichtbare Festung auf einem am Meer gelegenen 150m hohen Felsrücken, erstellt von den Genuesen, die im 14./15. Jht. die vor einer Invasion zu schützenden umliegenden Ländereien von den Tataren gepachtet hatten. In einer kleinen Bucht östlich von Sudak halten wir Mittagsrast, geniessen ein Bad im erfrischend kühlen Meer und setzen danach unsern Weg auf der E97/M17 fort. Wir lassen die felsigen Formationen der Südküste hinter uns zurück. Bald finden wir uns erneut, diesmal am südlichen Ende, am Pivicno Kryms'ky Kanal wieder, der auch hier die Bewässerung der weiten Felder sichert. An seinem Ufer wenige Kilometer vor Dzankoj erleben wir einen tollen Sonnenuntergang und übernachten in Gesellschaft aggressiver Mücken, die uns im Auto halten.

In  Dzankoj biegen wir auf die M18 ein, die mitten durch die Nehrungen und Untiefen von Zataoka und Syvas führt, welche einen durchlässigen Abschluss des Schwarzen Meeres bilden. Oestlich davon liegt das Azovskoe Meer, ein max. 14 m tiefes Gewässer mit sehr niedrigerem Salzgehalt. Am Strassenrand verkaufen die Einheimischen getrocknete und geräucherte Fische und Gläser voll mit erbsengrossen orangen und dunklen Fischeiern, Kaviar vom Volga-Delta-Stör.
In Melitopol versuchen wir erfolglos, eine Wifi-Zone zu finden. Dafür passieren wir kurz vor Berdjans'k eine Autowasch-Anlage, wo Fredy in Anbetracht des baldigen Grenzübertritts den verdreckten Camper waschen lassen kann. Und kaum zu glauben, das angeschlossene Café bietet neben Getränke kostenlos Wifi an, was ich zum Runterladen einiger weiterer Musikdateien benutze. Ich bin gerade am Einpacken, als die Betreiberin uns rausholt. Wie wir bereits per SMS vorgewarnt, haben Sven und Katja sich ja entschlossen, sich doch uns auf der nördlichen Passage nach Russland anzuschliessen und haben uns eingeholt. Zusammen fahren wir durch den überraschend propere und wohlhabend scheinenden Ort auf den Nehrung von Berdians'k  raus. Seine östliche Seite hat Sandstrand und an ihr liegen die schöneren Hotels und Feriensiedlungen. Am anderen Ufer liegen die jetzt ausser Saison kaum belegten einfachen Pensionen und die leeren Abstellplätze. Wir parken direkt am Ufer im Sand und wagen ein Bad. Dieses Meer ist um 3-4oC wärmer als dasjenige des schwarzen Meers und das Eintauchen in den bewegten Wellengang eine willkommene Erfrischung. Wir grillen und übernachten hier ungestört.
Obwohl Sonntag starten wir auch heute pünktlich um 9.00h. Der Dai-Kontrollposten an der E58/M14 in Mankush sieht es nicht ganz so locker wie Fredy. Wie gewohnt fahren wir an den Beamten mit Winken vorbei, doch diesmal haben wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Ein Polizeiauto mit Sirene verfolgt uns und dirigiert uns unter Beschlagnahmung des Fahrausweises an den Kontrollposten zurück. Das Vergehen besteht im Befahren der falschen d.h. Abzweig-Spur, da die andere von einem Lastwagen blockiert gewesen war. Bis die Diskussion vor den kleinen Monitor fortgesetzt wird, ist zu viel Zeit verflossen und zu zahlreiche Fahrzeuge haben die Stelle passiert, so dass der digitale Beweis bereits überdeckt worden ist. Fredy und auch Sven kommen mit einer Verwarnung davon.

Auch in Mariupol sind Einkaufszentren und Supermarkets aus dem Boden geschossen, die Tankstellen meist modern und überall ist Einkaufen mit unseren Maestro-Cards problemlos möglich. Die 1-Mio.-Stadt Donets'k muss für unsere Ergänzung der Lebensmittel herhalten.
An einem kleinen See neben der Hauptstrasse südl. von Jenakijeve beziehen wir zwischen Kühen und deren Verdauungsprodukten unser heutiges Nachtcamp. Zum Bade lädt der See mit seiner braunen Brühe absolut nicht, dafür beherbergt er Hunderte von Fröschen, die uns in den Schlaf quaken.
Heute am 13. Mai 2013 ist der grosse Tag. Nichts hält uns mehr in diesem Land. Ein einziger Stopp noch in Luhans'k um nachzutanken – danach geht's ohne Stopp nach Krasnodon. Aus diesem Ort heraus führt eine so mickrige Strasse, dass wir fast zweifeln, richtig unterwegs zu sein. Dafür sind aber auch keine Lastwagen unterwegs, die den Grenzübertritt in der Regel verlangsamen. Schliesslich taucht eine bescheidene ukrainische Grenzstation auf, wo man es äusserst gemütlich nimmt. Obwohl nur gerade die Pässe abgestempelt und das Fahrzeug ausgetragen werden müssen, brauchen wir eine ¾ Std. fürs Prozedere.
3'215 problemlose Kilometer haben wir in der Ukraine zurückgelegt. Verständigt haben wir uns eher mit Hand und Fuss verbunden mit Mimik denn mit der Landessprache oder Russisch. Inzwischen haben wir gelernt, mit dem kyrillischen Alphabet umgehen um Anzeigetafeln und Wegweiser interpetieren zu können.
 
Weitere Fotos in Galerie:
Ukraine / IMG0474-1761

 

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