14. September-7. Oktober 2008 / auf der "Republica Argentina" von Buenos Aires (ARG)-Paranaguá-Rio de Janeiro-Santos (BR)-Dakar (SEN)-Bremerhaven-Hamburg (D)

(8.-11.10.2008 - Hamburg (DE) - Affoltern am Albis (CH)

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Am spaeten Abend des Sonntags, 14. Septemer, sitzen wir mit Sack und Pack wie bestellt und nicht abgeholt auf dem Pier des Cargo-Hafens Rio de la Plata von Buenos Aires, bis wir auf Nachfrage die Erlaubnis erhalten, an Bord der "Republica Argentina" zu gehen. Der Filippino, der uns den Weg auf das 8. Deck zeigt und pflichtbewusst eines unserer Gepaeckstuecke tragen will, bereut seine Hilfsbereitschaft umgehend, denn die mit Buechern fuer die lange Ueberfahrt gefuellte Reisetasche zieht ihn fast zu Boden. Noch vor dem Nachtessen wird Fredy dann gerufen, um den Camper auf das 6. Deck zu fahren, wo er neben Lastwagen, Hubschrauber und anderen Gefaehrten am Boden festgezurrt wird.
Wir machen uns an Bord mit den Gegebenheiten an Bord vertraut, verfolgen aus sicherer Distanz den Ent- und Auflade-Vorgang ueber die Rampe und tun unser Bestes, den geschaeftig hin und her eilenden Seeleuten nicht im Weg zu stehen bis wir schliesslich - geschafft von nichts weiter als der gespannten Erwartung - in die Betten sinken und wie Steine schlafen.
Morgens um 9.15h beginnt unsere grosse Seereise. Wir stehen auf dem obersten Deck und verabschieden uns von der argentinischen Hauptstadt und halten ihre Skyline auf letzten Fotos fest. Langsam schiebt sich die "Republica Argentina" durch den Kanal zur Hafenausfahrt, einen einheimischen Lotsen gemaess Sicherheitsvorschriften an Bord. Durch eine Fahrrinne zwischen roten und gruenen Bojen gelangen wir auf das offene Meer in sonnigeres Wetter hinaus, waehrend Buenos Aires in drohend grauen Regenwolken verschwindet.

Unsere Kabine Nr. 828 mit uebereinanderliegenden Betten ist groesser als erwartet. Wir richten uns darin provisorisch ein, bringen auch Campingtisch, Stuehle und Liegebett auf Empfehlung frueherer Reisender aus dem Camper rauf und sind somit fuer Arbeit am Laptop wie fuer zu erwartendes schoenes Wetter geruestet. Das Schiff rollt nur leicht hin und her, und wir fangen an, uns daran gewoehnen. Wir lernen den Kabinensteward Robert, ein Filippino, kennen und gleichzeitig die eisernen Regeln an Bord: Fruehstueck von 7.00-9.00h, Mittagessen punkt 12.00h und Nachtessen um 18.00h. Dieses Roro-Schiff laeuft zur Zeit unter einem italienischen Kapitaen mit italienischen Offizieren und einer ueberwiegend philippinischen Mannschaft. Der Koch zum Glueck stammt ebenfalls aus unserem Nachbarland und bringt reichliche, gut schmeckende 4-gaengige Hauptmahlzeiten auf den Tisch.Wir haben nur eine einzige Mit-Passagierin, die Belgierin Anita, die schon zum 4. Male mit Grimaldi auf dieser Linie faehrt.
Erster voller Tag auf See. Regnerisches Wetter und windig draussen, aber nicht allzu kuehl - im Gegensatz zum kalten steten Luftstrom in der Kabine. Wir finden bald heraus, dass - welch Knoepfe auch immer man am Kontrollpanel dreht - die Heizung (oder spaeter noetige Air Condition) sich nicht mehr regulieren lassen. Also hat man einfachste Abhilfe geschaffen und einfach jeden Schlafraum mit einem Heizluefter ausgeruestet. Trotzdem brauche ich eine zweite Wolldecke zum Schlafen.
Die Kabine wurde vor und waehrend unseres Bezugs im Schnellzug-Tempo aber nur oeberflaechlich gereinigt. Fredy hat deshalb zum Putzlappen und Reinigungsmittel aus dem Camper gegriffen und WC/Dusche gleich zu Reisebeginn auf unsern Sauberkeits-Standard gebracht.

Nach Mittag des 17. Septembers erreichen wir mit Paranagúa den ersten brasilianischen Hafen. Zwei Schlepper oder in unserem Falle Push-Boote schieben die "Republica Argentina" in gemeinschaftlichem Unternehmen von lokalem "Pilote", Kapitaen und 1. Offizier an den gebuchten Anlegeplatz im Puerto Rio de Plata.
Um 14.30h sind die Formalitaeten des Schffs mit dem hiesigen Zoll beendet. Hier werden in der Folge Citroens aus- und dafuer VWs zu-geladen. Wir Passagiere haben Landurlaub bis 21.00h. Anita ist der Marsch durch den Hafen zu lang und kehrt wieder um. Wir erfahren bei der Ausgangskontrolle, dass ein kostenloser Pendelbus-Betrieb existiert und schaukeln in einem klapprigen Exemplar davon ins Stadt-Zentrum.
Bei der dritten Anlaufstelle gelingt es uns schliesslich, dem ATM der HSBC-Bank Reais zu entlocken. Gestaerkt mit Café y Leite spazieren wir durch die kleine Hafenstadt und entdecken nach einem Bummel und kauflosen Streifzug durch verschiedene Geschaefte an der Baia de Paranagúa unten den alten Hafen mit historischen aber meist ungepflegten Gebaeuden. Schoen gestaltet hat man dagegen die anschliessende Strandpromade im Umkreis des Mercados, wo wir schliesslich in einem der offenen Restaurants an der grossen Plaza landen und uns Lula con Alho (Calamari an Knoblauch) munden lassen.
Mit dem Taxi zusammen mit zwei der philippinischen Offiziere, die ebenfalls am gleichen Ort gespeist haben, kehren wir zum Hafen zurueck. Unsere Passkopien werden mit den vom Schiff mit Namen aller Seeleute und Passagieren enthaltenen Listen verglichen und uns Zutritt gewaehrt. Fredy ueberzeugt sich zur Sicherheit, dass der Camper weiterhin unbehelligt im 3. Deck steht. Irgendwann mitten in der Nacht nimmt die "Republica Argentina" ihre Weiterreise auf, ohne dass wir es merken.

Wir lassen uns durch regnerisches Wetter zum naechsten Hafen zu tragen. Entgegen unserer Vorstellung peilen wir erst das weiter oestlich gelegene Rio de Janeiro an. Wir sehen die Kuestenlinie mit dem markanten Păo Azucar am spaeten Nachmittag, laufen aber erst Donnerstag-Nacht im Dunkeln ein. Die klare naechtliche Skyline ist herrlich, aber selbst bei der nur langsamen Bewegung des Schiffes fotographisch leider nicht festzuhalten. Im Mulitrio Terminal No. 1 warten wieder Unmengen von Fahrzeugen auf ihre Verladung.
Wir machen uns nach dem Fruehstueck auf die Socken. Inzwischen haben wir gelernt, dass in den weitlaeufigen Haefengelaende sich niemand zu Fuss bewegen muss resp. sogar darf, sondern dass immer ein Pendelbus-Service existiert. Wir schliessen uns einigen Matrosen von unserem Schiff an und gelangen so muehelos zu Salida No. 13/14. Zusammen mit der Meute erklimmen wir denselben Bus Richtung Copacabańa in die Stadt. Der Buschauffeur ist veraergert und ungeduldig, weil die Mehrheit seiner neuen Fahrgaeste mangels einheimischer Reais mit Euros bezahlen will, weshalb wir die Passage fuer alle insgesamt zehn Personen, R. 21.-, uebernehmen. An der Av. Pres. Vargas erkenne ich die Umgebung wieder und erinnere mich von unserem frueheren Aufenthalt her, dass hier die Tourist-Info liegt. Wir besorgen uns bei einer freundlichen Dame im 9. Stock einen Stadtplan und lassen sie fuer uns telefonisch nach einer nachmittaeglichen Favela-Tour erkundigen. Diese dauert jedoch fuer uns zu lange, denn wir muessen bereits um 17.00h wieder draussen im Hafen an Bord sein und wagen es nicht, uns zu verspaeten, obwohl die eigentlichen Abfahrtszeiten nie definitivsind und auch in der Folge kaum je eingehalten werden.


Stattdessen bummeln wir im Zentrum herum und lassen Rio de Janeiro mit seinen gegensaetzlichen Bauten, alt und neu, historisch und modern, zwischen hektisch verkehrsreichen Strassen und verwinkelten Gassen gelegen, nochmals auf uns einwirken. Das Internet Café an der Plaza Carioca ist supermodern, aber ungewohnt sackteuer. In der Rua Urugayana finden wir eine belebte Fussgaenger-Zone, die uns beim letzten Besuch dieser Stadt entgangen ist. Da werden wir einige Reais fuer letzte Garderobe-Einkaeufe los. Nach dem einfachen Mittagessen in einem der kleinen schlauchartigen Restaurants, wo sich die Berufstaetigen wie auch wir zu bescheidenen Preisen aber freundlicher Bedienung fuer gerade mal R. 11.80 verkoestigen, schlaegt dann unser abschliessender Besuch in der beruehmten Confiteria Colombo mit R. 27.00 fuer nur gerade zwei Kaffees und Gebaecken weitaus kraeftiger zu Buche.
Auf mehr oder weniger selben Wegen mit Bus Nr. 127 lassen wir uns zur Baia de Guanabara zurueckbringen und boarden im Schatten der Ponte Rio-Niteroi den internen klapprigen Hafenbus zum Terminal 1.
Die "Grande Hamburgo" liegt mit bei Kollision beschaedigtem Ruder schon seit Mitte August ohne Ladung am Pier vertaeut und wartet darauf, dass sie zur Reparatur des Schadens voraussichtlich nach Europa geschleppt wird. Die "Republica Argentina" hingegen wurde inzwischen geradezu fieberhaft geladen, da moeglichst bald ausgelaufen und noch vor dem Wochenende der naechste und letzte Hafen in Brasilien erreicht werden will.
Am spaeten Abend dann kommt der Lotse an Bord. Die Schleppboote machen sich bereit, um der "Republica Argentina" behilflich zu sein, ein Stueck weit rueckwaerts durch das Hafenbecken bis zur Wendestelle zu gelangen, bevor sie dann ruhig aus eigener Kraft durch die naechtlichen Wasser an der Landepiste unter den den Aeroporto Santos Dummont anfliegenden Flugzeugen hindurch gleitet. Wir machen die Lichter der Praia Vermehlha aus, wo wir bei unserem letzten Aufenthalt "gewohnt" haben, und koennen die hellerleuchtete Meeresfront der Praia de Copocabana nicht uebersehen. Bis nach 22.00h bleiben wir auf dem Oberdeck und verabschieden uns vom hell erleuchteten Cristo auf dem Corcovado ueber dieser schoenen Stadt.
Nach wiederum ruhiger Fahrt liegen wir bereits am 20.9. nach 9.30h vor Santos und muessen auf den Lotsen warten. Es wird 13.00h, bis sich die "Republica Argentina" langsam durch die lange Einfahrt an Stadtstrand mit den daran gelegenen schiefen Hochhaeusern und Zentrum vorbei in den grossen Hafen schiebt. Wir legen schliesslich auf der der Stadt gegenueber liegenden Seite bei truebem Wetter an, wo diesmal auf dem Pier Mercedes, weitere Volvo Lastwagen und Caterpillar Baumaschinen und Raupenbagger auf die Verladung warten. Ausgeladen wird nichts mehr, sondern in relativer Eile der restliche Stauraum gefuellt und hoechstens noch einige wenige Container rasch abgeladen und durch andere ersetzt.
Es lohnt sich nicht mehr, die Taxifahrt mit dem Boot zu machen, da es frueh zu dunkeln beginnt. Wir bleiben an Bord und "ueberwachen" die Ladetaetigkeiten.

Beim Erwachen am Sonntag-Morgen merken wir aufgrund des Gewieges, dass wir uns bereits wieder unterwegs befinden. Das Schiff hat von uns unbemerkt am frueh um 5.00h von Santos abgelegt.
Es folgt ein verregneter, grauer Tag an Bord. Erstmals stellen wir unsere Uhren um eine Stunde vor. Am Abend gibt's eine Einladung vom Kapitaen, der Fleisch grillieren laesst, das er aus Argentinien besorgt hat sowie feine Rahmtorte, dies eine aus Montevideo stammende Spezialitaet, auftischen laesst.


Wir muessen uns sputen, um am naechsten Morgen noch bevor um 9.00h das Fruehstueck abgeraeumt wird, etwas Brot in den Bauch zu kriegen. Punkt 10.30h findet der Welcome Apéro mit dem Commandante und den Offizieren statt, und es empfiehlt sich nicht, zum offerierten Caipirińa mit hohlem Magen anzutreten. Die Unterhaltung ist lebhaft vor allem innerhalb des Schiffteams. Ich kann der in napolitanischem Dialekt gefuehrten Unterhaltung nur mit Muehe folgen und muss mir mehr zusammenreimen als ich wirklich von der Diskussion verstehe. Sie dreht sich um als ungerecht empfundene einheitliche Euro-Entloehnung der Mannschaft, die kaum die Lebenskosten in Italien decken soll, waehrend die Filippinos und Rumaenen auf Grund des viel tieferen Preisniveaus in ihren Heimatlaendern damit spielend ueber die Runden kommen.
Das morgendliche Grau macht nach dem Mittagessen dank des starken Windes einer leichteren Bewoelkung Platz, zum Glueck ohne in mehr Wellen zu resultieren. Fredy liest sich durch ein weiteres Buch, waehrend ich am PC arbeite. Erreignislos geht auch der anschliessende, leicht bewoelkte sonnige Tag mit ruhiger Fahrt bei einer Durchschnitts-Geschwindigkeit von 34 km/h vorueber.
Der Deckkadett holt uns am Mittwoch-Morgen um 10.ooh ab und zeigt uns den Motorenraum. Der Laerm des urspruenglich mit Druckluft gestarteteten aber anschliessend mit Schweroel betrieben 8-Zylinder-Motor laesst unsere Ohren fast taub werden. Es herrscht eine betraechtliche Hitze in dieser Unterwelt, die in afrikanischen heissen Regionen auf 40oC steigen wird, und kaum vom zur Kuehlung verwendeten Meerwassers, dieses selbst hier schon ueberraschend 27,9 oC warm, reduziert werden kann.
Jedes Aggregat kann zwar auch von Hand zu- und abgeschalten werden, wird aber in der Hauptsache vom modernen, computerisierten Kontrollraum aus bedient und ueberwacht. Mit wenigen Tastendrucken erscheinen auf den vielen Monitoren verschiedenste Schemen mit fortlaufend aktualisierten Daten und informieren fuer mich verwirrend detailliert ueber Geschwindigkeit, Umdrehungszahlen und Leistungen, Betriebstemperaturen, Bestand der Treibstoff-Vorraete in den einzelnen Tanks und Inhalte der dazu ausgleichend mit Wasser zu fuellenden Ballasttanks.
Heute bewegen wir uns von der brasilianischen Kueste weg und nehmen Kurs auf Afrika. Erstmals werden in der kommenden Nacht die Uhren um eine Stunde vorgestellt.

Ruhiges blaues Meer und herrlich warmes Wetzter. Erst  im Nachherein realisiere ich, dass wir am 25.9. morgens um 11.51h den Aequator, diesmal in noerdlicher Richtung, ueberquert haben.
Auf Freitag-Nachmittag 16.00h wird eine Rettungs-Uebung angesetzt, deren Durchfuehrung dann aber stillschweigend vergessen wird. Wir haben ja sowieso schon am 2. Tag unserer Ueberfahrt das entsprechende Formulare fuer die Akten zur Unterzeichnung vorgelegt bekommen, dass uns der zustaendige Sicherheits-Offizier bekannt sei, wir ueber Verwendung von Schwimmwesten instruiert und genaustens ueber moegliche Alarme sowie den Sammelpunkt im Seenotfalle informiert wurden.
In der Nacht auf den Samstag wird uns erneut 1 Std. Schlaf gestohlen. An diesem Tag naehern wir uns der afrikanischen Kueste. Um 22.ooh wird dann in Sichtweite der Lichter von Dakar in Warteposition Anker geworfen. Es ist heiss und schwuel, langsam wegen nicht funktionierender Ventilation auch in den Aufenthaltsraeumen und Kabinen des Schiffes.
Um 7.00h laufen wir in Dakar ein. Es dauert eine ganze afrikanische Weile, bevor wir die Erlaubnis erhalten, das Schiff zu verlassen. Am Ausgang vom Hafen werden wir dann mit der Wirklichkeit konfrontiert. Mangels anderer Opfer stuerzt man sich gerade zu auf uns.

Unter einer ganzen Traube der hier tiefschwarzen und hochgewachsenen Einheimischen bewegen wir uns vorwaerts. Unser Empfangskomitee laesst sich durch nichts dazu zu bewegen, uns alleine zu lassen. Die einzelnen Teilnehmer streiten sich um uns herum, wer uns als Erster entdeckt und "Anspruch" auf uns hat. Jeder bezeichnet den andern als Gauner oder Vertreter der oertlichen Mafia.
Der uns gebotene Wechselkurs USD-CFA ist oberlausig. Der Taxifahrer, mit dem wir dem Kluengel zu entkommen verhoffen, muss verschiedene Provisionen unserer unerwuenschten Begleiter mit einrechnen und verlangt einen so horrenden Preis fuer eine 2-stuendige Rundfahrt, als ob wir seine Kiste kaufen wollten. Wir koennen uns nicht dazu motivieren, uns weiter in der bruetenden Hitze mit den Unannehmlichkeiten herumzuschlagen. Nach einem nur kurzen Rundgang "fluechten" wir uns zurueck auf die Oase Schiff.

Nach 18.ooh wird die Laderampe eingezogen und die "Republica Argentina" lichtet Anker. In schoenster, alles vergoldender Abendstimmung schiebt sie sich langsam aus dem schmutzigen Wasser des Hafenbeckens aufs offene Meer hinaus und rauscht an der kleinen vorgelagerten Insel, auf der frueher der Sklavenhandel abgewickelt wurde, vorbei.
In der kommenden Nacht erfolgt die dritte Zeitverschiebung um eine Stunde.

Den ganzen Montag ueber folgt das Schiff der mauretanischen Kueste. Das Wetter ist veraenderlicher geworden.
Am Dienstag-Abend vor 19.00h naehern wir uns Fuerteventura. Wie der Name der Insel or nahelegt, verzeichnen wir inzwischen staerkeren Wind und rauhere See. Die Matrosen stuermen bei nur noch etwa 10km Distanz zum Land an Deck und die Handy's laufen in der Folge heiss. Es folgt Barbeque und Nachtessen um 19.ooh am Kapitaens-Tisch nach einem schoenen Tag. Nachts fahren wir an Lanzarote vorbei und unfreiwillig ist eine weitere Stunde unseres Lebens futsch.
Vom naechsten Tag an man am Nachmittag nur noch im Windschatten am "Strand" liegen kann wenn sich die Sonne zeigt.
Das Meer ist entlang der portugiesischen Kueste um einiges rauher geworden. Die" Republica Argentina" rollt und "pitched", wie der Kapitaen uns bei einem Besuch auf der Bruecke erklaert. Draussen ist es noch 18oC. Fuer die Mannschaft findet eine Notfall-Uebung unter dem Motto "Brand in der Waescherei" statt. Was wir da an Herumstolpern und Aktion praesentiert erhalten, stimmt uns fuer einen Seenot-Fall nicht gerade optimistisch! Am fruehen Abend erwacht der Bordfernseher aus seinem Dornroeschen-Schlaf und ist nach dem gemeinsamen Nachtessen mit den Offizieren um 20.ooh auf volle Lautstaerke gestell. Zusaetzlicher Nachteil - trotz grossen Rauchverbots verweilen alle Suechtigen jeweils da, um die Nachtischs-Zigarette zu paffen und uns somit den Kartenspielraum zu verstaenkern.
Nachts nimmt das Wiegen des Schiffes so stark zu, dass sogar ich erwache. Zur Vorsicht, falls sich das in diesem Rahmen sich weiter steigern wird, transloziere ich den Laptop vom Campingtisch zwischen die Decke aufs stabilere Bett.
Um Mitternacht lassen wir die iberische Halbinsel, erst Portugal, dann Spanien, hinter uns zurueck.
Wegen der (letzten) naechtlichen Zeitverschiebung um eine weitere Stunde verschlafen wir am Freitag-Morgen das Fruehstueck. Ich beschliesse, mich gleich bis vors Mittagessen im Bett zu suhlen. Wir koennen uns langsam aber sicher an europaeisches Herbstwetter gewoehnen. Inzwischen sitzen wir in den Windjacken und warmen langen Hosen an Deck. Abends spielen wir wie so oft Karten oder Triomino - zum Glueck nur zum Plausch. Ich troeste mich mit dem Sprichwort "Glueck in der Liebe, Pech im Spiel".
Mitten in der Nacht umrunden wir Frankreich's westlichen Aussenpunkt mit Brest und die Einfahrt in den Englischen Kanal folgt.
Erst glauben wir am 4.10. beim Erwachen, das Schiff liege still, so ruhig gleitet es zwischen England und Frankreich durch die stillen Wasser. Wir passieren nicht nur die engste Stelle des Aermelkanals, sondern fahren ebenso ueber den Unterwasser-Verbindungstunnel zwischen Calais und Dover. Immer grauer wird das Wetter, und gegen Abend faengt es an zu regnen. Bei wieder staerkerem Seegang reduziert die "Republica Argentina" ihre Rekordgeschwindigkeit von ueber 40km wieder auf bisher gewohntes Tempo von gegen 35km/h.
Aus dem Schutz von Grossbritannien heraus verspueren wir heftigeren Seitenwind, in dem das Schiff anfaengt, immer staerker seitlich zu rollen. In den Ess- und Aufenthalts-Raeumen tut sich was. Unter entsprechender Geraeuschkulisse faellt alles, was nicht niet- und nagelfest ist, runter - erstaunlich viel Geschirr, das entgegen vorauszusetzender frueherer Erfahrung nur nachlaessig auf der Anrichte gestapelt war.
Sonntags-Morgens kurz nach 10.00h erreichen wir die Position, an welcher der Bremerhaven Lotse per Helikopter "angeliefert" wird. Allerdings sind wir zu spaet fuer das vorgesehene Zeitfenster fuer die Einfahrt in die Weser und die Schleuse vor dem eigentlichen Hafen. Wir verbringen den ganzen Tag wartend in regnerisch kaltem Wetter bei gerade mal 8oC vor der Kueste. Bereits haben wir Handy-Kontakt und werden von einem Willkommenstelefon von Adi und Katja ueberrascht. Erst abends um 21.15h wird der Anker wieder gelichtet und nach langsamer Fahrt durch die Weser und Passage der Ausgleichsschleuse vor Mitternacht im grossen Europort angelegt.
Schoenes Herbstwetter vom 6. Oktober beleuchtet einen riesigen und modernen Hafen. Wir stehen im Container Port, wo mindestens noch fuenf weitere so Riesenkaesten von Roro-Schiffen daran sind, die hergebrachten Autos zu entladen und andere Modelle an deren Stelle zu laden. Ein Grossteil der Neuwagen wird ueber weitgeschwungene Rampen in riesige Parkhaeusern gefahren.

Wir haben Landgang in Bremerhaven bis 13.ooh. Die kurze Distanz von kaum 500m vom Schiff bis zum Kontrolltor duerfen wir nicht zu Fuss zuruecklegen, sondern muessen auf den kleinen Shuttle-Bus warten. Dessen Chauffeur kann per Fernsteuerung dann auch die gesicherte Gittertuere oeffen und uns aus dem Hafenraum lassen. Die Buslinie zum 6,7km entfernten Stadtzentrum wurde leider wieder eingestellt. Aber auch nicht ein einziges Taxi verkommt uns, waehrend wir vom Container-Hafen aus zu Fuss starten. Nach einer guten halben Stunde Marsch dann finden wir bei der Abzweigung in den Kreuzfahrten-Hafen endich ein angeschriebenes Gefaehrt, das uns die restliche Strecke erleichtert und uns gerade vor einem Internet-Café absetzt. Die naechsten 2 ˝ Std. bin ich am Aufladen der auf der Ueberfahrt verfassten fuenf letzten Reiseberichte unserer letzten Wochen in Suedamerika. Zum Uebertragen aller Fotos in die Galerie reicht dann allerdings die Zeit nicht mehr, obwohl ich pausenlos vor dem Bildschirm sitze. Nicht mal in eines der einladenden Restaurants in der nahen Fussgaenger-Zone haben wir es geschafft. Einzig aus der benachbarten Baeckerei tragen wir feine krustige Broetchen zum Schiff zurueck, da wir das Mittagessen an Bord verpasst haben.
Frisch gestaerkt verfolgen wir nachher ein letztes Mal die puenktlich um 15.ooh beginnenden Auslauf-Vorbereitungen. Mit Schleppbooten und zwei Lotsen an Bord verschiebt sich die "Republica Argentina" in die grosse Schleuse und faehrt wenige spaeter an den grossen Windmuehlen an den Ufern vorbei Richtung Nordsee.
Wir packen noch vor dem Nachtessen den Grossteil unserer Baggage und verstauen sie wieder am altgewohnten Platz im Camper. Auch der Koch scheint das Ende der Reise herbeizusehnen. Praktisch alles, was auf den Tisch kommt ist heute angebrannt und/oder versalzen.

Ohne unser Zutun hat die "Republica Argentina" morgens um 03.ooh des Dienstags, 7.10.08 ihren Liegeplatz im Hamburger Hafen gefunden. Um 7.ooh fruehstuecken wir ein letztes Mal an Bord. Von unserer Mitpassagierin haben wir uns bereits gestern Abend verabschiedet. Unserem Steward Robert sagen wir heute Morgen Adieu und ueberraschend ihn mit einem unerwarteten Trinkgeld. Ein "Salve" vom Kapitaen und die Aushaendigung der bei ihm deponierten Paesse folgt.
Danach klappt alles wie am Schnuerchen. Da all die vor unserem Camper parkierten Volvo-Lastwagen bereits herausgefahren worden waren steht der Iveco schon um 9.ooh auf dem Quai auf europaeischem Boden. Eine Jagd nach den hierher gesandten Schweizer Nummernschilder und Ausweisen eruebrigt sich, denn Grimaldi-Deutschland laesst sie per Hafenangestellten gleich zu uns an Bord bringen. Keinerlei Formalitaeten seien notwendig, um den Hafen zu verlassen, teilt man uns faelschlicherweise mit, aber auf dem Weg zur Ausfahrt holt uns dann doch ein Fahrzeug mit den extra fuer die Zoll-Abfertigung bestellten Beamten ein. Unkompliziert gleich da an Ort und Stelle besichtigen sie unser Auto und geleiten uns dann freundlicherweise ohne weitere Halte durch die letzten beiden Kontrollstellen.

 
Nur noch gute 2'000km trennen uns von unserer Heimat. Ueber die A1 an Bremen, Osnabrueck und Greven vorbei peilen wir Muenster an, wo uns die Reisebekannten Gisela und Jörg willkommen heissen. Auch in Deutschland ist Womo-Reisen nicht zu verachten, und zwar wegen der vielen Staus. Dreimal werden wir wegen Baustellen damit beglueckt, der letzte mit ueber 12km Laenge. Wir geniessen die herbstliche Gegend mit weiten Feldern, uns nun auffallend sauberen, geordneten Ortschaften, aufgrund des lokalen Baugesetzes ohne Ausnahme mit Klinker-Fassaden und bemerken die vielen Windpropeller zur Stromerzeugung.
In gut 35km Distanz haben wir ein weiteres Rendez-Vous. Und damit wir dieses erreichen, muessen unsere bisherigen Gastgeber uns helfen, den Camper anzustossen, um dessen Batterie es nicht mehr zum Besten zu stehen scheint. Maite und Werner verwoehnen uns mit einheimischer Kost und zeigen uns nebenbei ihre Heimatstadt Havisbeck, eine ruhige Kleinstadt mit 15'000 Einwohnern. Obwohl der Camper ueber Nacht am Strom gehangen hat, koennen wir ihn zur Schluss-Etappe wieder nicht starten. Wir atmen aber auf, dass sich das Problem relativ rasch beheben laesst mit Reinigen des von Korrosion bedeckten Pols, von dem ein deutliches Raeuchlein aufsteigt..
Wir fahren erneut bei herrlichem Sonnenschein, diesmal nicht auf Autobahn, durch die Lande. Die Gegend ist nicht mehr so topfeben, die Huegel oefters von Burgruinen gekroent. Route 54 saeumen herbstlich bunte Baeume und Straeucher in allen Farbtoenen von gruen ueber gelb, rot bis braun. In Rennerode stoppen wir fuer Kaffee und naehern uns dann ueber Limburg auf den fruehen Abend Wiesbaden. Auf der A5 rollen wir ohne nennenswerte Stockungen an Darmstadt, Heidelberg, Karlsruhe und Offenburg vorbei. Wir verlassen die Autobahn auf Hoehe von Freiburg i.B. Immer mal wieder ueberrascht uns das Navigationsgeraet bei der Fülle der Verbindungs-Möglichkeiten hier in Europa mit seiner Wahl der kuerzesten Strecke. Auch heute lernen wir deswegen Hinterzarten kennen und erblicken von Route 317+500 aus erst den ruhigen, von herbstlich gefaerbten Baeumen umrahmten Titisee und anschliessend den Schluchsee. Stetig naehern wir uns der Schweiz. Um 15.30h erreichen wir schliesslich Waldshut/Tiengen und blinzeln schon mal ein bisschen in die Schweiz hinueber, hoeren nach langer Zeit wieder mal Radio DRS 1, halten uns fuer den letzten Abend unserer Reise aber noch im "Ausland", auf der deutschen Seite des Rheins auf.
Am Samstag, den 11. Oktober 2008, faehrt unser - je nach persönlicher Ansicht - mehr oder weniger ramponierte Camper nach ueber 4 1/2 Jahren wieder durch Affoltern am Albis. Unsere gut 4 1/2-jaehrige Reise findet um 14.ooh an diesem sonnigen Herbsttag ein durchaus nicht selbstverstaendliches gutes Ende. Was so lange Erlebnis und Abenteuer ist somit endgueltig zur Erinnerung geworden.
 
Weitere Fotos in Galerie
Schiffsreise Buenos Aires-Hamburg/A0007-A0429

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