7.-19. März 2008 / Chile - durch die Gegend um Villarrica und via Santiago-Valparaiso-Los Andes zum Cristo Redentor

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Nach dem Grenzuebertritt am Paso Mamuil Malai (der erstmals fuer Fredy in einem Stempel im Pass resultiert, dass er mit einem auslaendischen Vehikel ins Land reist) gelangen wir direkt in den chilenischen Parque Nacional Villarrica im "Schatten" des 3'717m hohen Vulkans Lanin und durchfahren weitere Bestaende der seltenen Araucaria Araucanas (Monkey Puzzle Tree).
Einige Kilometer nach Cuarrareheus verlassen wir die direkte Verbindung Nr. 199. Wir glauben, zwei Fliegen auf einen Schlag zu treffen: naemlich den direkten Zugang zu den im Reisefuehrer hoch gelobten Termes Geométricos sowie eine kuerzere Route danach fuer einen Besuch von Matzmobil's Universo. Tollste Naturstrasse, viel zu gut gegenueber der in der Karte verzeichneten Qualitaet, ueberrascht uns erst.

Bei der Rangerstation des Quetrupillán Sektors des Villarica Parque Nacional wird dann die Katze aus dem Sack gelassen. Entgegen der bisherigen optimistischen Beschilderung folgt die Ankuendigung, dass die Piste viel zu schlecht und deshalb nicht nach Coñaripe durchgehend sei, was absolut nicht in unsere Planung passt. Also wird trotzdem weitergefahren, Nach einer ersten "schitteren" Bruecke bringen wir erfolgreich ein kritisches erdiges Stueck mit 4x4 in Untersetzung, um schonender ueber Schroppen und zerklueftete Fahrspur zu kommen, hinter uns. Stetig fahren wir aufwaerts. Mein Durchsuchen der Karte im GPS wird schliesslich doch noch von Erfolg gekroent. In der Einstellung mit dem fast kleinsten Bereich taucht ploetzlich anstelle des vorherigen und zwischenzeitlich verschwundenen Weges wieder eine Piste, allerdings mit dem Vermerk "nur 4x4" auf. Davon wie auch von den nach wie vor zu erkennenden Reifenspuren (oder laesst sich ihre Menge dadurch erklaeren, dass die Vehikel wieder aufderselben Strecke umkehren mussten?) ueberwinden wir befluegelt die hoechste Kuppe.
Wir glauben uns schon auf dem Weg der Besserung, als eintrifft, was wir schon lange auf unserer Fahrt durch den sturmzerzausten Wald gefuerchtet hatten: Bisher waren all die umgefallenen Holzriesen am Wegrand sichtbar sauber durchgesaegt gewesen, um die Passage zu ermoeglichen. Das Hindernis, dass uns nun die Durchfahrt verwehrt, haengt nur fuer normale Offroader, nicht aber fuer uns hoch genug ueber der Fahrspur und wir gehen in Gedanken die mitgefuehrte Ausruestung zwecks Abhilfe durch.
Einen gesunden Baumstamm umwickelt Fredy mit dem grossen Spannset und befestigt daran die Umlenkrolle. Das Abschleppseil wird doppelt gelegt darueber gefuehrt und am Chassis am Auto unten befestigt. Mittels Zurueckfahren des Iveco gelingt es Fredy, den ungluecklich gelegenen Baumstamm in die Hoehe zu heben. Bis er dann einen kraeftigen Stamm als Stuetze darunter bugsiert hat, kostet es viel Kraft und einige Tropfen Schweiss. Aber zu unserer Freude bleibt sie an Ort und Stelle, und mit Einbezug des linken Randstreifens bringen wir den Camper ungeschoren unter diesem Hemmnis hindurch.

An einem naechsten querliegenden Baum, wo uns ein Vorgaenger dieselbe Arbeit abgenommen hat, geht es um Millimeter.Wir schaukeln gluecklich weiter, fangen dann doch noch einen Schaden ein, der uns darum sehr aergert, weil er nicht haette sein muessen. Vor lauter Freude ueber die gelungene Ueberwindung der kritischen Passagen passen wir zuwenig auf die rechte Wegseite auf und uebersehen einen dicken, abgeschnittenen Aststumpf kaschiert vom gruenen Laub. Es rumpelt an unserer Kiste und schon ist es passiert: die Eingangslampe ueber der Tuer zum Wohnteil und der Tuerrueckhalter sind verschwunden. Dafuer prangt an der hinteren Haelfte unterhalb der Sonnenstore ein unschoener tiefer Kratzer im Kunststoff.
Schliesslich gelangen wir zum Ausgangspunkt fuer den Trek zum Quetropillán Vulkan, der ganz offensichtlich von der Suedseite her angefahren wird. Also haben wir es geschafft. Der letzte Teil ist wie ein Spaziergang.

Aber wir kommen nicht erst, wie ich die Karte interpretiert habe, zu den Geometricas sondern zu den Rincon Termas. Wir fackeln nicht lange. Zu verlockend ist die Aussicht, sich in warmes Quellenwasser legen zu koennen nach dem "Krampf", der hinter uns liegt. Rincon heisst (Tal)Ecke, und da plaetschert eine Kaskade runter in ein Becken, in dem einem das kalte Wasser Gaensehaut verursacht. Dafuer kann man in drei anderen angenehm warmen Pools von deren erdigem Boden sich mit gesundem Schlamm einstreichen und/oder sich in herrlich zwischen Farnen und ausgewaschenen Baumwurzeln gelegenen klaren Becken mit kiesigem Untergrund sich rein spuelen. Wer es nicht so mit der Natur hat, dem bieten sich auf der obersten Rampe drei tuerkisfarbene Kunststoff-Pools oder zwei grosse Holz-Bottiche zur Auswahl an, in denen das absolut klare und noch waermere Wasser bis zum Kinn reicht.
Komplett entspannt fahren wir die restlichen 18 km runter bis nach Coñaripe am Lago Calafquén. Wir finden einen einsamen Platz gerade ausserhalb des Ortes an einem verlassenen, schwarzen Sandstrand.
Am Samstag fahren wir auf Teerstrasse dem See entlang und passieren viele, jetzt komplett leerstehende Campingplaetze. Gemessen an ihrer Anzahl muss ja in der Ferienzeit in dieser Region ein rechter Trubel herrschen! In Licán Ray biegen wir auf Naturstrasse ein und naehern uns kontinuierlich dem unter dem Namen "Universo" in unserem GPS erstellten Wegpunkt. Nach einer kurzen Irrung finden wir schliesslich zum Paradies von Ruth und Fredel vom Matzmobil - eine grosse Landparzelle typischen Weidegelaendes mit lockerem Baum- und Gebuesch-Bestand, komplett in der Wildnis, von deren hoechsten Punkt man zum See hinunter respektive oestlich zu den Vulkanen Lanin und Villarica. Ich kann ihre Begeisterung dafuer speziell am heutigen regnerischen Tag nicht unbedingt teilen und moechte nicht an so einem abgelegenen Ort wohnen oder gar meinen Lebensabend verbringen. Wir bereichern uns vor der Weiterfahrt noch unrechtmaessig und pfluecken zwei Schalen voll Brombeeren von den vielen Straeuchern, die hier wie Unkraut wuchern.

Der Regen nimmt kein Ende. Deshalb geht auch vom kleinen, am gleichnamigen See gelegenen Ort Villarica keine grosse Anziehung aus. Aufgrund der Empfehlungen und Warnungen vor scheusslicher Schotterstrasse waehlen wir Ruta 199 nach Freire, wo wir an der Copec Tankstelle zwischenhalten, Wifi-Anschluss haben und Juergen+Doris (D) in ihrem umgebauten Mercedes Feuerwehrauto kennenlernen. Nach einem Stueck auf der maut-pflichtigen R5 nordwaerts biegen wir bei Temuco, immer noch auf Teer, wieder ostwaerts nach Cunco ab. Wir durchfahren eine fuers Auge erholsame Gegend. Fuer einmal wieder Farmland, abgeerntete Kornfelder, Kartoffelaecker und weitgehend gerodete Weiden mit Schafen, Kuehen und Pferden. Auf dem letzten Stueck auf Ruta 61 verspricht das Wetter Aufhellung, doch dem ist nicht so. Regen stroemt geradezu als wir unsern Uebernachtungsplatz im Ort Melipeuco neben dem Fussballplatz beziehen. Von da aus sollte man an Abenden, wenn Petrus besserer Laune ist, den zur Zeit aktiven Vulkan Llaima mit Feuer am Schlot und gluehenden Lavastroemen auf der Suedflanke sehen koennen. Uns hngegen bleiben lediglich Farben vom Monitor unseres Laptop und als Zeitvertreib ein unerwarteter Internet-Anschluss dank dem hier freien Entelwifi-Netz.

Eitel Sonnenschein und der Blick auf den 3'125m hohen Krater des Llaima Vulkan von Sueden her ueberraschen uns am naechsten Morgen. Im Laufe des Tages werden die Temperaturen bis 26o C erreichen. Um 11.ooh machen wir uns frohen Mutes auf den Weg und freuen uns auf die Fahrt durch den Parque Nacional Conguillo. Schon bis zum Eingang fahren wir durch beeindruckende Lavafelder, die von den vielen Ausbruechen stammen. Der Rio Truful musste sich immer wieder einen neuen Weg bahnen und bildete bei den gestauten Stellen die Lagunen Conguillo, Verde und Arco Iris. Wir sollen sie allerdings nicht zu Gesichte bekommen, denn der Park ist wegen andauernder Vulkantaetigkeit geschlossen. Wir muessen knurrend auf die Teerstrasse von Melipeuco zurueckkehren. Westlich des Parks fahren wir ueber eine Ersatzstrecke ausserhalb des Parkgebiets bis nach Cherquenco und bekommen den Vulkan noch naeher und einige Male sogar ohne seine haeufige weisse Wolkenkappe zu sehen. Ueber Vilcún gelangen wir zurueck auf Ruta 5, wo es wieder flotter vorangeht. Vorbei an Victoria, Ercilla, Mulchén schaffen wir es bis zum Abend bis kurz nach Los Angeles. An der grossen Copec-Tankstelle herrscht uns zu viel Betrieb, deshalb weichen wir aus auf eine parallele Erdstrasse, an der wir einige Kilometer weiter auf einem verlassenen einstigen Betriebsgelaende uebernachten. Erstmals seit Langem muessen wir wieder alles dicht machen wegen Muecken.
Zurueck auf der Autobahn R5 in noerdlicher Fahrtrichtung koennen wir mal wieder einiges an Kilometern gutmachen. Erst durchfahren wir eine weitere Kornkammer Chile's mit riesigen frisch geschnittene Feldern. Wie wir der Beschriftung der grossen Silos entlang der Strasse entnehmen, wird ebenfalls Reis angebaut. Aber schliesslich rollen wir fast ausschliesslich an Maisfeldern vorbei, zu denen grosse Maehdrescher unterwegs sind. Zwischen Chillán, San Carlos und Linares ist Holz ein wichtiges Rohmaterial. Betraechtliche Lager von LKW-breiten geschaelten, im Durchschnitt aber nur 20-30cm dicken Staemmen warten entweder auf Weiter-Verarbeitung oder -Transport. Einige Firmen haben sich spezialisiert auf Impraegnierung von Holz und lagern und benetzen staendig mit Wasser durch entsprechende Behandlung dunkel gewordenes Holz. Andere wiederum haben riesige Behaelter installiert, welche mit Schnitzeln ab den laufenden Zerkleinerungsmaschinen gefuellt werden.
Sattes Gruen herrscht um Talca. Es stammt von den nermesslichen Weinanbau-Gebieten. Im Gegensatz zum Schweizer Anbau liegen die Weinstoecke in der Ebene, werden erst auf ca. 1,5 m Hoehe und dann waagrecht über gespannte Draehte gezogen, so dass sie ein undurchdringliches gruenes Dach bilden. Ebenfaslls vertreten sind ausgedehnte Plantagen von Zitrus-, Avocado-, Apfel- und anderen Fruchtbaeumen sowie Gemuesefelder.
Wir befinden uns bereits noerdlich von Curicó vor Rancagua, als mein Natel klingelt. Peter, mit dem wir einst vor ueber 30 Jahren durch Afghanistan gereist sind, ist geschaeftlich in dieser Region zu einem Termin unterwegs und hat uns zusammen mit seiner Tochter eben mit ihrem Mietwagen gekreuzt. Von Michi zuhause haben sie, nachdem sie sich von der Ueberraschung erholt hatten, unsere Handy-Nummer in Erfahrung gebracht und fragen an, ob wir uns vor Ihrem Rueckflug in die Schweiz ab Santiago eventuell treffen koennten, was dann zu guter Letzt doch nicht klappt.
Wir ziehen auf der Durchgangsstrasse an Santiago vorbei, und nach einem kurzen Einkauf im Lider von Los Andes, einem wahren Lebensmittel-Schlaraffenland wie schon lange nicht mehr gesehen, verlassen wir den 60'000-Einwohner-Ort Richtung San Estéban. Wir haben beschlossen, den Besuch bei PeGe und Friedel vorzuverschieben, aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Nachdem wir aufgrund meiner Fehlinterpretation der GPS-Koordinaten an der eigentlichen Porteria vorbeigefahren sind und den Zugang von der falschen Talseite her versuchen, muessen wr im letzten Tageslicht von den trockenen, kaktuss-bestandenen Haengen herunter einige Kilometer zurueckfahren. An der Einfahrt zum Fundo San Francisco muessen wir dann dem vorsichtigen Portier unser Anliegen des Langen und Breiten erklaeren, koennen aber ungluecklicherweise keine Grundstueck-Nummer nennen, die das Verfahren abgekuerzt haette. Schliesslich faehrt uns ein Wachmann von der Administracion voraus durch die am Hang liegenden Parzellen bis wir schliesslich bei Nr. 34 ankommen, wo zu unserer Enttaeuschung alles im Finsteren liegt. Weder der Ford noch der Wohnaufsatz sind zu entdecken - unsere Reisebekannten sind ausgeflogen. Zurueck am Eingangstor bestaetigt man uns nun nach der vergeblichen Fahrt, dass niemand im Haus den Funk beantwortet habe und sowieso ihr Vehikel schon gestern den Compound verlassen habe und seither nicht mehr zurueckgekehrt sei. Resigniert uebernachten wir deshalb in der Naehe neben einer kleinen halbfertigem Brueckenelement und revidieren bei einem spaeten kalten Znacht unser Reiseprogramm.

Durch laendliche Gegend wenden wir uns am naechsten Morgen westwaerts Richtung Kueste. Via Santa Maria und San Felipe fahren wir wieder ein Teilstueck auf Ruta Nr. 5 bis vor La Calera und ueber Ueberlandstrasse Nr. 60 nach Concón am Pazifik. Direkt am Meer entlang arbeiten wir uns mit schoenem Ausblick auf die felstige Kueste mit einzelnen Sandbuchten, diese jedoch meist mit der Hinweistafel "no apta por banarse" auf unser neues Etappenziel zu. Linkerhand werden wir mit der Entwicklung der Region konfrontiert. Aeltere alleinstehende Einfamilienhaeuser weichen nach und nach riesigen Appartements-Gebaeuden, deren oberste Balkone schon im Rohbau mit "vendido" gekennzeichnet sind. Viña del Mar hat sich mit der Gestaltung seiner Strandpromenade sehr Muehe gegeben und das Militaer-Museum als Freilichtanlage miteinbezogen. Nur noch ein einziger altmodischer Hafenkran an einer geschlossenen Mole erinnert daran, dass sich der Hafen einst bis hierhier ausdehnte.
Dann nimmt uns Valparaiso gefangen. Wir rollen parallel zur Metro an der Kuestenstrasse am Hafengelaende - dem allerdings das suedlicher gelegene San Antonio an Bedeutung und Umschlagsmenge den Rang abgelaufen hat - vorbei und halten ueber Mittag auf einem kleinen Parkplatz bereits etwas ausserhalb des Zentrums. Danach stuerzen wir uns ins Sightseeing. Ueber 250'000 Personen wohnen in Quartieren ueber mehrere Huegel verteilt, welche durch Ascensores von der auf Meereshoehe gelegenen Unterstadt her erreicht werden. Wir beginnen mit dem Ascensor Artillería. Von der Bergstation hat man einen tollen Bllick auf das geschaeftige Treiben im Frachthafen.
Die umliegende Wohngegend da oben ist allerdings ein erheblicher Kontrast dazu. Wir sind kaum auf unsern Rundgang gestartet, um auf der Anhoehe zum naechsten Ascensor fuer die Talfahrt zu pilgern, beginnen wir uns unwohl und an gewisse Quartiere in San Salvador/Brasilien erinnert zu fuehlen. Kaum jemand mehr ist zu Fuss unterwegs. Alle scheinen sie sich mittels der vielen vorbeifahrenden Taxis durch die vielen aermlichen Blechhaeuser zu bewegen. Wir fragen einen Jungen nach dem Weg zum Ascensor Cordillera mit dem Resultat, dass seine Mutter aus dem Haus schiesst und uns warnt, als unuebersehbare Touristen und somit potentielle Opfer von Diebstaehlen oder Ueberfaellen, die wir dadurch seien, dieses Quartier zu durchmarschieren. Also trollen wir uns ueber zig Treppenstufen neben dem Ascensor Artillería, der uns hochgebracht hat, zurueck in die Unterstadt, wo wir uns allerdings, wenn man den Reisefuehrern Glauben schenken kann, immer noch in nicht empfehlenswerten Gefilden westlich der Plaza Sotomayor befinden.


Mit dem unscheinbaren Ascensor Peral verlassen wir die von oeffentlichen Bussen durchraste Avenidas Blanco und Prat und vertreiben uns die Zeit auf dem Cerro Concepción. Ueberall werden Anstrengungen unternommen, den Anforderungen des seit 2003 gewonnen Status als Unesco Weltkultur-Erbe zu genuegen. Viele alte Palacios und stattliche Stadthaeuser werden saniert. Der Zauber von Valpo sind jedoch die vielen privaten, an den Haengen klebenden kleinen, einfachsten Wohnhaeuser mit ihren farbig gestrichenen Wellblech- Waenden und -Daechern. Mit dem Ascensor Concepción kehren wir in den Verkehrslaerm zurueck und folgen der Av. Condell bis zur Plaza Victoria, wo sich jetzt am spaeten Nachmittag die Buerger im Schatten der Baeume auf einen Plausch auf den vielen Parkbaenken niederlassen, waehrend wir einen letzten Abstecher rauf und runter mit dem Ascensor Espiritú Santo (oder wegen der schoenen Aussicht auch Bellavista genannt) machen.
Wir verlassen schliesslich auf derselben Strasse, diesmal in noerdlicher Richtung, die Stadt. Was uns am Morgen noch als vielversprechende eventuelle Uebernachtungsplaetze erschienen war, leidet jetzt am Abend unter dem enorm zugenommen Verkehrslaerm und den vielen flanierenden Leuten in den Promenaden. Deshalb landen wir zum Uebernachten erst bei der Copec-Tankstelle vor Peñuelas an Ruta 68, was den Vorteil hat, dass wir in Genuss von Wifi-Anschluss fuers LapTop und erst noch zu feinem fertig servierten "Pollo con Papas fritas" kommen.
Am heutigen Mittwoch steht uns der Sinn nach der chilenischen Hauptstadt, welche aus einem Verbund von 32 Comunas besteht. Insgesamt leben an die 6 Mio. im Grossraum der Metropole Santiago de Chile mit Vororten und Trabantenstaedten, was 40% aller Chilenen entspricht. Auf dem oestlichen Teil der Ost-West-Achse, der Av. O'Higgins (oder besser bekannt als Alameda), rollen wir bei noch morgendlich maessigem Verkehr ins Zentrum und suchen uns dank Navigationssystem und digitalem Stadtplan muehelos den Weg ins Nuñoa -Viertel. Allerdings hat da die Schweizer Schule nach den langen Sommerferien wieder ihren Betrieb aufgenommen, weshalb man uns beim danebenliegenden Club Suizo an der Almeyda Duble nicht aufnehmen kann, weil alle Parkplaetze von den Fahrzeugen der Lehrkraefte und Kinder an- und abliefernden Eltern besetzt sind. Der Praesident René Kaegi bemueht sich freundlicherweise um uns und findet uns nur wenige Hundert Meter entfernt bei Señora Ana eine Ersatz-Parkmoeglichkeit.
Noch nicht mit den hiesigen Verhaeltnissen vertraut, glauben wir amNachmittag den modernsten Stadtteil, Las Condes, der praktisch nur aus Geschaefts-Hochhauesern und umliegenden bessern Wohnzonen mit riesigen Wohnungskomplexen besteht, mit dem Wagen anpeilen zu koennen. Aber hier setzt man komplett auf oeffentlichen Verkehr umfassend unterirdisch die Linea 1 der Métro und oberirdisch eine Unmenge von Bussen auf der Av. Providencia/Apoquindo. Wir bekunden grosse Muehe, eine Zone ohne allgemeines Parkverbot im Umfeld des Shoppingcenters Parque Arauco zu finden, bis wir endlich durch das von glaesernen Bauten gepraegte Quartier schlendern koennen.

Mit direktem Bus von der Av. Irarrázaval fahren wir am 13. ins historische Zentrum von Santiago, das je etwa 4-5 Blocks in allen Himmelsrichtungen um die Plaza de Armas herum umfasst. Im kolonialen Santiago standen hier mit Kathedrale, Intendencia, Municipalidad und Haeuser der einflussreichsten Familien die wichtigsten Gebaeude der Stadt. Das groesste Objekt ist wie so oft die Catedral Metropolitana aus dem erst spaeten 18. Jht., da die erste Kirche durch die Indianer, die drei nachfolgenden durch Erdbeben zerstoert wurden. Der danebenliegende erzbischoefliche Palast ist heute kaum mehr wahrzunehmen, so stark wird er von Tischen, Stuehlen und farbigen Sonnenschirme der Restaurants getarnt. Das rosa Correo Central stammt aus Ende des 19. Jht. und wurde modernisiert, dem heutigen Gebrauch angepasst, und der Innenhof mit Glasdach ueberdeckt. Im weiteren Umfeld davon liegen noch einige weitere schoene Bauten wie die Basilica de Merced oder die Iglesia de San Francisco mit Konvent und Museum. Die eigentlich am Ende des 17. Jht. als behaebiger Palacio de la Moneda erbaute Muenzpraegerei wurde 1846 in die Residenz des Praesidenten umgewandelt. Heute allerdings befinden sich darin nur noch die praesidialen Amtsraeume.
Kurz vor 10.ooh klettern wir in einen gleichnummerierten gruenen Bus wie wir ihn am Vortage benutzt haben, diesmal bequemerweise direkt bei unserem Standort. Erst nach einiger Zeit realisieren wir, dass seine fahrplanmaessige Route erst weit draussen im Quartier La Reina, wo er mit uns an Bord durchaus aermliche Wohngegenden durchfaehrt, im grossen Bus-Depot endet. Also steigen wir da notgedrungen um und kommen mit Verspaetung ins Ausgeh-Viertel Bellavista, das noerdlich des Rio Mapocho und zu Fuessen des 869 m hohen Cerro San Cristóbal liegt. Hier wechseln sich Restaurants, Agenten fuer Stadtrundfahrten, Souvenirlaeden und Verkaufsstaende von Handgefertigtem am Laufmeter ab. Der Jahreszeit gemaess ist auch heute das Wetter zwar sonnig und warm. Aber ueber der Stadt liegt Smog, weshalb der Ausblick nach der Bergfahrt mit dem Funicular (Standseilbahn) auch vom Fuss der auf 890m liegenden, 14 m hohen und 36t schweren Statue der Virgen de la Immaculada Concepción nicht klar ist. Ueber einen kurzen Fussweg gelangen wir zur Bergstation Cumbre und beenden den Ausflug mit dem Teleférico hoch ueber den bei der Zwischenstation Tupahue liegenden Freibad und Parkanlagen schwebend. Der nicht weit entfernte Mercado Central ist ebenfalls groesstenteils auf Touristen ausgerichtet und bietet in seiner Fischabteilung mehr in unzaehligen kleinen Restaurants zubereitete gekochte Meeres-Spezialitaeten als Frischwaren an.

Im Laufe des Nachmittags verabschieden wir uns von Señora Ana und streben auf der oestlichen Umgehungsstrasse Av. Américo Vespucio nordwaerts. Wir kennen den Weg vorbei an Colina und dem Monumento a la Victoria zur Erinnerung an den Unabhaengigkeitskampf der Chilenen gegen die Spanier durchs fruchtbare Tal ja bereits. Nach dem stinkenden Tunnel von Chacabuco, Trennung der Region Hauptstadt- von der V.=Valparaíso, zweigt Ruta 57 nach rechts nach Los Andes ab, einem 1791 gegruendeten, inmitten des grossen Weinanbaugebietes gelegenen, ruhigen Staedtchen ab. An der Porteria des Fundo San Francisco kennt man uns schon und winkt uns diesmal durch. Wenig spaeter sitzen wir mit Glaesern voll feinem kuehlen Pisco Sour in den Haenden auf der Veranda von PeGe und Friedel in erweiterter Gesellschaft ihrer Hausgaeste Marti und Barry aus Canada und werden mit feinstem Asado bewirtet.

Aufbruch um 8.ooh. Auf dem kleinen, mehr oder weniger dem Verfall preisgegebenen Flugplatz von San Felipe oeffnet PeGe einen silbernen Wellblech-Hangar und praesentiert uns seinen Stolz. Ein blaues Aero Trike mit Delta-Fluegeln kommt unter einer Schutzhuelle hervor, das aufgetankt und einsatzfaehig gemacht wird. Erst Barry, dann Fredy geniessen einen Flug ueber die Umgebung. Dann ist die Reihe an mir. Beim Starten und anschliessenden steilen Aufstieg muss ich mich richtig beherrschen, Peter nicht sofort wieder zum Landen zu bewegen. Zwar haelt mich der Sitzgurt fest, aber mir fehlen eindeutig Seitenwaende und dadurch vorgegaukelte Sicherheit. Aber schliesslich vergesse ich, ausser in Kurven oder bei kleinen Turbulenzen, das mulmige Gefuehl und kann den weiten Ausblick bei allerdings eher diesigem Wetter geniessen und sogar einige Fotos schiessen. Nach einer Kurve ueber dem "Fabrikli" von Matzmobil kehren wir zum Ausgangsort zurueck, wo der fleissige Pilot gleich noch zweimal, diesmal mit Cat und Ian, einer hier lebenden schottischen Aerztin und ihrem irischen Mann, starten muss.
Mittagessen findet bei der Medialuna von Los Andes statt in Form von feinem "Pastel de Choclo" (suessliche ueberbackene Polenta, die eine Fuellung von Huhn, allerlei Fleisch, Zwiebel und Sultaninen enthaelt). Gestaerkt schlendern wir durch's Festgelaende. Von der Tribuene aus verfolgen wir dann die Reiterspiele. Immer paarweise treten die Teilnehmer auf ihren wendigen Pferden an. In einem kleinen Oval muessen sie ein Kalb erst zweimal rundherum und anschliessend in der groesseren Arena es zweimal der Bande entlang hin und her treiben. Nicht immer hat das gehetzte Rind Verstaendnis fuer ihre Bemuehungen und versucht, auszukneifen oder aber bleibt beim Wendepunkt ganz einfach liegen. In diesem Fall wird es mit relativ unsanften Methoden wieder auf die Beine gebracht und darf, nachdem es gespurt hat, endlich die Arena verlassen

Dieses Rodeo ist ein regionaler Anlass mit sehr viel Lokalkolorit. Stolz praesentieren sich die Teilnehmer auf ihren Pferden und lassen sich gerne fotografieren. Wegen der Hitze halten sie sich aber beim Einreiten lieber im Schatten der Baeume auf und tragen als Sonnenschutz die typischen steifen Strohhuete, welche denn auch ihr Gesicht beschatten, so dass es gar nicht einfach ist, gute Aufnahmen zu realisieren. An Staenden wird hier feilgehalten, was der Rodeoreiter an Ausstaffierung gebrauchen koennte: Saettel und Zaumzeug, Ponchos, Stiefel und Huete. Um die passenden Kopfbedeckung zu verkaufen, misst der Verkaeufer mit einem altmodischen Geraet den Kopfumfang. Ein Strohhut in der ungefaehren Groessenordnung wird mit Wasser und Waerme d.h. einem altmodischen Buegeleisen behandelt um ihn in der erforderliche Groesse zu fixieren, damit er auch wirklich sitzt. Das gute Stueck erhaelt den letzten Schliff und wird sorgfaeltig flach gebuegelt bevor er fuer ganze 15'000.- CLP den Besitzer wechselt.
Nach drei weiteren Ruhetagen "auf der Alm" reissen wir uns den vielen gebotenen Annehmlichkeiten los und verabschieden uns mit herzlichem Dankeschoen von unseren grosszuegigen Gastgebern. Somit sind wir am Mittwoch, 19. Maerz, wieder unterwegs auf Ruta 60. Sie steigt im Tal des Rio Aconcagua oestlich von Los Andes zuerst maessig, dann immer steiler und kurvenreicher an. Die einstige Bahnverbindung von Argentinien nach Chile ist laengst den schwierigen Verhaeltnissen entlang der steilen, immer wieder von Erd- und Steinrutschen gebeutelten Haenge zum Opfer gefallen. Immer wieder erblickt man halb verschuettete Ueberreste der Geleise, verrostete Bruecken, halb zerfallene Galerien, ab und zu ohne Untergrund durchhaengende Schienen. Das an der Laguna del Inca auf 2'855m liegende Skizentrum Portillo soll zu den zehn Besten der Welt gehoeren. Schwierig zu beurteilen, wenn man davon nur kahle steinige Haenge, ein zur Zeit ausser Betrieb stehendes Hotel und leere Parkplaetze vor eher bescheiden anmutenden Sessellifts sieht.
Auf schliesslich 3'815m Hoehe wird uns an einem Kabaeuschen ein Kontrollzettel fuer die bevorstehenden Grenzformalitaeten, die allerdings noch einige Kilometer auf sich warten lassen, in die Hand gedrueckt. Erst einmal durchfahren wir den 4km langen Tunnel, inmitten welchem sich die offizielle Grenze befindet. Danach ueberwinden wir auf einer Strecke von 8km weitere 600 Hoehenmeter auf den Bermejo-Pass, welcher anscheinend nur von der Argentinien-Seite her zugaenglich ist, obwohl von der Passhoehe aus auch eine sich windende Naturstrasse hinunter auf chilenisches Gelaende sich verfolgen laesst. Vom bekannten Cristo Redentor aus geniessen wir einen herrlichen Rundblick ueber die Andengipfel bis zum hoechsten Berg Amerika's, dem 6'959m hohen Aconcagua.
Hinter uns haben wir eine tolle Fahrt durch 6 Provinzen Chile's, vor uns liegen ueber 3'000 km in Argentinien, bevor wir das naechste Mal chilenischen Boden betreten werden.

 
Weitere Fotos: siehe
Galerie / Chile II - Nr. ....-....

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